Stink normal?

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,,Thekla! Träum nicht!", ertönte die Stimme der Lehrerin, ,,Träumen kannst du zu Hause, aber nicht im Unterricht!"
Ein kleines Mädchen mit dunklerem blondem Haar, grünen Augen und blasser Haut blickte zu der Lehrerin. Diese war sofort still. So war es doch immer. Erst groß die Kappe aufeißen und dann reichte schon ein einziger Blick und alle senkten ihre Blicke.

,,Haben Sie etwas gesagt?", fragte Thekla.

,,Nein.", sagte die Lehrerin nun etwas leiser, ohne aufzublicken.

Das kleine Mädchen nickte und blickte wieder aus dem Fenster.

Sie verstand es selber ja nicht. Aus irgendeinem Grund schienen alle ein wenig Angst vor ihr zu haben.
Dabei war sie doch nur ein kleines Mädchen. Selbst die Jungen schienen Angst zu haben.

Angst. Schon ein mächtiges Gefühl.
Mut. Wurde von Angst vertrieben.
Angst war stärker, als Mut.
Angst konnte zerstören. Thekla hatte es selbst miterlebt.
Vor einem Jahr, als sie noch in den Kindergarten ging, wurde ein Mädchen fast verrückt vor Angst, wenn sie Thekla nur ansah. Das Mädchen hatte es nicht ertragen, jeden Tag aufs Neue, wenn es in den Kindergarten kam, Thekla gegenüber zu stehen. Irgendwann, als sie sich im dritten Stock des Kindergartens versteckt hielt und Thekla sie suchen gehen sollte und ihr dann schließlich gegenüber stand, sprang das Mädchen aus dem Fenster.
Angst konnte zerstören, vernichten.
Den Wille zu Leben zerstören.

Mit zunehmendem Alter, wurde auch die Angst vor Thekla größer. Zwar war es nicht mehr passiert, dass sich Menschen aus Fenstern stürzten (das Mädchen aus dem Kindergarten musste sehr schwach und leicht zu verängstigten gewesen sein), aber sie hatten Angst vor ihr.
Thekla verstand es nicht. Sie war gerade mal sechs Jahre alt und ging in die erste Klasse.
Aber bei ihren Eltern war es genauso. Wenn nicht, soger noch schlimmer. Die Leute wechselten sofort mit gesenktem und nervösem Blick die Straßeseite, wenn sie ihre Eltern sahen.

Driiiiing.

,,So. Ihr könnt in die Pause.", sagte die Lehrerin.
Die Kinder sprangen lachend auf, schnappten ihre besten Freunde und stürmten aus dem Raum.
Thekla seufzte. Sie nahm ihr Butterbrot und verließ ebenfalls die Klasse. -allein.

Sie trat hinaus auf den Gang, wo die vielen Schüler an den Wänden und auch mitten im Gang standen. Draußen regnete es. Keiner wollte hinaus in den strömenden Regen.
Überall waren die Stimmen von Kindern zu hören. Wie sie lachten, wie sie ihren Freunden Witze oder Geschichten erzählten.
Thekla setzte sich in Bewegung. Sofort erstarrten die vielen Kinderstimmen, wurden Stumm und alle Blicke waren auf Thekla gerichtet. Die Zeit schien anzuhalten. Thekla fühlte sich unwohl. Wie jedes mal. Wie jeden Tag, an dem sie den Gang mit seinen viele Schülern betrat.

Die Kinder wichen sofort an die Wände, wenn Thekla sich ihnen näherte und sie schritt wortlos und mit gesenktem Blick den Gang entlang. Alle Blicke folgteb ihr, bis sie schließlich durch die Tür in den Regen getreten war.
Sie blickte hinauf zum Himmel, der von dichten, tief hängenden, dunkel grauen Wolken bedeckt war. Der Regen prasselte ihr kalt und nass ins Gesicht, auf ihr Haar und lief in ihren Nacken.
Innerhalb kürzester Zeit war Thekla kletsch nass und sah so aus, als seie sie gerade aus der Dusche gestiegen. Weitere Regentropfen klatschten auf ihr Gesicht und liegen an ihren Wangen wie Tränen hinunter.
Manchmal war ihr Leben echt zum Heulen. Aber Thekla heulte nie. Sie ließ alles über sich ergehen.
,,Es ist wie es ist und es kommt wie es kommt", hatte ihre Mutter einmal gesagt, als sie noch im Kindergarten war. Ihre Mutter hatte das gesagt, als das Mädchen sich aus dem Fenster gestürzt hatte. Thekla hatte damals lange über diese Worte nachgedacht.
Es ist wie es ist. Ja, dass stimmte wohl. Wenn es so war, war es so. Keiner konnte das ändern. Nicht einmal ihre Eltern, die nach Thekla, alles konnten. Das sollte also was heißen.
Und es kommt wie es kommt. Das war wahr. Es kam immer, wie es kam und man konnte es nicht aufhalten. Das war Schicksal. Und das Schicksal konnte niemand ändern.

Thekla blickte hinter sich, zur Tür. Sollte sie vielleicht doch lieber hinein gehen? Nein. Dort würde sie nur angestarrt werden. Sie sah wieder in den störenden Regen, der wie ein Wasserfall hinab auf die Erde strömte. Thekla ging über den Schulhof, zu dem Klettergerüst, über das oben ein Netz gespannt war.
Das Mädchen ergriff eine der Sprossen zum hinauf klettern und zog sich hoch. Sie griff Sprosse nach Sprosse und hiefte sich schließlich in das Netz. Sie konnte den ganzen Schulhof überblicken. Von den blauen Bänken, die immer so ungemütlich waren, bis hin zu der kleinen Baumgruppe, östlich des Schulgebäudes.

So gesehen, war es recht friedlich, wenn man nicht gerade in den überfüllten Gängen des Gebäudes war.
So leer hatte Thekla den Schulhof noch nie erlebt. Aber es gefiel ihr.

Hoffentlich werden die Schüler auf der Highschool nicht so ... sein.
Hoffentlich werde ich Freunde bekommen.
Hoffentlich sind die nicht genau so, wie die Schüler hier... So ... distanziert und schreckhaft.

Thekla konnte über sich nur den Kopf schütteln. Sie war gerade in der ersten Klassenstufe. Sie war sozusagen gerade erst hier angekommen. Bis zur Highschool war es noch etwas hin. Thekla sollte sich lieber nicht jetzt schon um die Highschool sorgen. Sie hatte noch eine Menge Zeit, bis sie dorthin musste.
Normale Kinder in ihrem Alter sorgten sich eher um ihr Spielzeug und darum, was es zu Hause zu Essen gab.

Driiiiing.

Thekla hatte jetzt schon keine Lust. Sie kletterte von dem Klettergerüst und landete mit einem Platsch in einer tiefen Pfütze. Na super. Sie stiefelte hinüber zum Schulgebäude und zog die Tür auf.
Die Schüler waren gerade dabei, in ihre jeweiligen Klassenräumen zu laufen, als die ersten Thekla bemerken. Sie wurden still und wichen an die Wände zurück, wenn Thekla an ihnen vorbei lief.
Nun hatten auch die anderen das Mädchen bemerkt und taten es den andere gleich. Thekla starrte zu Boden und lief schweigend an ihnen vorbei, in ihren Klassenraum. Sie setzte sich an ihrem Platz am Fenster und blickte hinaus.

Wie viele Jahre musste sie das hier alles noch aushalten? Lange. Thekla wollte nach Hause und sich einfach in ihrem Bett verkriechen.

Die Stunde zog sich endlos, wie Kaugummi. Als endlich der erlösende Gong kam, war Thekla die erste, die draußen war.

Die Schultasche über die rechte Schulter geschwunden lief sie den Gehweg entlang. Es regnete immer noch und es schien nicht enden zu wollen.
Sie bog in eine kleine Straße ein und bog in einen kleinen Vorgarten, dessen Weg aus kleinen Kieselsteinen bestand. Der nasse Kies knirschte unter ihren Schuhsohlen. Sie stieg die drei kleinen Treppchen zur Haustür hinauf und klingelte.
Schwungvoll wurde die Tür auggezogen und Thekla blickte in das blasse, freundlich ausschauen Gesicht ihrer Mutter, dass von langen, blonden Haaren, wie Thekla sie hatte, umrahmt wurde. Die brauen Augen ihrer Mutter sahen sie sanft an.

,,Wie war's in der Schule?", wollte die Mutter wissen. Ihre Miene wurde ein klein wenig besorgt.
Natürlich wusste ihre Mutter, wie es ihr in der Schule erging. Ihren Eltern selbst, war es auf der Schule nicht anders gegangen und dort, wo sie jetzt arbeiteten, erging es ihnen nicht besser. Sondern schlechter. Es würde sich also nie ändern.

Thekla trat über die Türschwelle, legte ihre Tasche ab und wollte gerade hinauf auf ihr Zimmer verschwinden, als sie aus der Küchentür für einen kurzen Moment ein Teil eines gewaltigen pechschwarzen Flügels aufblitzen sah.

Hi, also, dass hier ist meine erste Geschichte, die ich auf Wattpad schreibe. Ich hoffe, sie gefällt euch! Wenn ihr Fragen, Vorschläge oder sonstiges habt, schreibt es bitte in die Kommentare! - 00mele00

Demon (Abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt