Kapitel 14

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Hatte ich schon erwähnt, wie dumm das hier alles war?

Ja?

Nun, dann tat ich das jetzt nochmal: Es war dumm! Und niveaulos!

Alles!

Wer kam denn bitte auf die Idee, mir ein pinkes Kleid zu nähen? Und dann noch eins, dass aussah wie ein verdammtes Nachthemd?

Okay, es war nicht durchsichtig und hatte lange Ärmel. Aber es war ziemlich kurz... und damit meinte ich ziemlich kurz.

"Das sieht trotz der anderen Farbe gut an dir aus.", sagte Elle und gab mir meine weißen Ballerinas, "Immerhin musst du auffallen, oder?"

Musste ich? Wahrscheinlich.

Nur das ich mir sicher war, dass wahrscheinlich jedes Zimmermädchen-Trio auf die Idee mit den bunten Farben gekommen war.

Glücklicherweise waren die anderen - also Laura und die Rothaarige - schon früher gegangen. Wohin wusste ich nicht und es interessierte mich auch herzlich wenig.

Aber es war deshalb einigermaßen ruhig. Ob das ein guter Start in den Tag war? Mal abgesehen von dem grässlichen Kleid, fand ich es eigentlich ganz akzeptabel, im Vergleich zu gestern.

Aber das konnte sich ja ganz schnell ändern.


Beim Frühstückstisch war von dem Prinzen weit und breit keine Sicht. Im ersten Moment hatte ich vermutet, dass er verschlafen hatte, immerhin war es erst kurz nach neun, doch dann bemerkte ich, dass an der Wand eine großer Bildschirm war, auf dem stand, dass der Prinz sich heute ein paar Mädchen zu Dates raussuchen würde.

Die gingen die Sache hier ja wirklich krass schnell an.

Beim Essen war ich die einzige, die das Essen förmlich aufsaugte, als wäre ich wie so ein Staubsauger, was manche (hust, Melody, hust) als abfällig vermerkten.

Aber Li machte das nicht.

Sie behandelte mich, als wären wir aus der selben Kaste, ewig Freunde und hätten ein ähnliches Leben geführt.

Es machte mich traurig zu wissen, dass es nicht so war, aber es machte mich noch trauriger zu wissen, dass Li das auch ganz genau selber wusste.

Nach dem Essen, beschlossen wir Beide uns ein wenig umzusehen. Natürlich in Begleitung von Brown und Kenny, aber wir schafften es, sie so weit auf Abstand zu bekommen, dass sie uns nicht mehr hören konnten. Was nicht allzu schwer war - denn es schien so als wären die beiden gute Freunde.

"Oh Gott, glaubst du er bittet dich heute auf ein Date ein, En?", fragte mich Li aus dem Nichts und ich zuckte die Schultern.

"Wer glaubst ist im Moment mit ihm auf einem Date?" Sie überlegte kurz.

Nochmal zuckte ich mit den Schultern. "Bestimmt Melody. Die beiden konnten sich ja einfach nicht wiederstehen."

Li kicherte. "Bin mir sicher du hast Recht. Trotzdem hoffe ich, dass wir heute auch noch dran sind. Aber wie wollen die uns denn finden? Die haben doch gesagt, der Prinz sucht uns auf, oder?"

"Die haben doch überall Kameras." Ich ging in die Richtung einer großen Tür mit der Aufschrift 'Bibliothek'. "Das ist ein Kinderspiel für sie."

Li nickte. "Bestimmt beobachten die uns sogar wenn wir duschen. Voll hässlich." Und dann folgte sie mir.


Die Bibliothek war unglaublich. Nein, wirklich. Sie war so groß und so beeindruckend...

Li war nicht ganz meiner Meinung, sie setzte sich hinten auf das Sofa und nahm sich ein paar neuere Bücher, schien aber nicht wirklich begeistert zu sein.

Dafür aber ich genug für uns Beide.

Sofort suchte ich die Ecke für Gedichte auf. Ob ich hier was fand? Bestimmt. Hier waren so viele alte Bücher...

Auf gut Glück nahm ich mir ein dickes ohne Aufschrift aus dem Regal und schlug es auf.

'Wandrers Nachtlied' las ich als Überschrift, von Johann Wolfgang von Goethe.

Ich fing an zu lesen.

Über allen Gipfeln

Ist Ruh,

In allen Wipfeln

Spürest du

Kaum einen Hauch;

Die Vögelein schweigen im Walde,

Warte nur, balde ,

Ruhest du auch.

Es klang so schön und die Bedeutung erst... Ob ich wohl wirklich bald da sein würde, wo ich sein wollte?

Oder... würde ich sterben und ruhen?

Wer wusste das schon.

Aber dieser Dichter musste bestimmt berühmt gewesen sein, zu seiner Zeit.

Ich wünschte ich könnte mir jetzt auch einfach ein Blatt nehmen und schreiben. Aber ich konnte es nicht. Weil ich immer beobachtet wurde. Wie sollte ich dann denn bitte irgendetwas auf das Papier bringen?

"Was liest du denn da Schönes?", flüsterte jemand dicht an meinem Ohr, worauf ich das Buch vor Schreck los ließ.

Nein!

Hatte ich es wirklich einfach so fallen lassen!?

....

Wer war das!? Wer hatte dafür gesorgt, dass das wertvolle Buch einfach so Bekannschaft mit dem Boden machte!?

Wütend drehte ich mich um.

Und wer stand da wohl?

Ja wer schon?

Finley natürlich.

Und er lächelte. Machte er sich über mich lustig?

Trotz meiner Wut schaffte ich es zu lächeln, mich leicht zu verbeugen und ein kleines "Eure Hoheit" zu nuscheln, bis ich mich wieder zurückdrehte, das Buch aufhob und es zurückstellte.

"Charly befindet sich da drüber.", warf ich nach kurzer Zeit ein, als er keine Anstalten machte, sich von mir wegzubewegen und deutete auf die Ecke in der das Sofa stand, auch wenn man es von hier nicht wirklich sehen konnte. "Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden..."

Ich wollte gehen, doch er griff nach meinem Handgelenk, weshalb ich wohl oder übel stehen bleiben musste und ihn ansah.

Er sah mich belustigt an. "Wenn ich nach ihr suchen würde, wäre ich ganz sicher nicht zu dir gekommen." Er machte eine kurze Pause und schien zu überlegen und ich hoffte inständig er entschied sich doch noch dazu, zu Li zu gehen.

"Komm, lass uns in den Garten gehen." In den Garten? Er wollte anscheindend wirklich ein 'Date' mit mir. Musste das sein? Und wenn schon, konnte es nicht wenigstens hier zwischen den ganzen schönen Büchern stattfinden?

Aber er ließ mir ja keine Wahl während er mich mitzog.

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Hey. :3

Ich wollte eigentlich nur sagen, dass es im nächsten Kapitel höchstwahrscheinlich ein wenig spannender wird, da etwas Unerwartetes passiert. Also, seit gespannt. ;]

♥ x ♥


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