2...oder als ich das erste Mal nicht allein war

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Es gibt Momente im Leben eines jeden Einzelnen, da weiß man, dass man fehl am Platz ist. Mein Moment ist jetzt gerade eben. Ich stehe vor einem der Tische in der Cafeteria meiner neuen Schule. Und doch, dass er aussieht wie all die anderen Tische in diesem Raum, ist dieser hier anscheinend etwas ganz Besonderes. Warum? Naja wie soll ich es erklären, ich stehe hier und starre auf insgesamt 6 Augenpaare, alle mir völlig fremd, und halte mich an meinem Tablett fest,
Ein Mädchen, ich glaube ich habe sie schon einmal in meinem Lieraturkurs gesehen, erhebt sich und stellt sich direkt vor mich. Sie sieht wütend aus, wütend und eingebildet. Ich hasse solche Menschen.
Warum habe ich auch gefragt, ob ich mich mit an den Tisch setzem könnte. Denn allen Anschein nach, ist das hier der Tisch der Möchtegern-Beliebten. Oder so ähnlich.
Wie schaffe ich es auch immer wieder in solche Situationen zu geraten. Ich habe da anscheinend worklich ein Händchen für. An meiner alten Schule wäre das nicht passiert.

,,Wieso willst ausgerechnet du dich mit an unseren Tisch setzen? fragt die dunkelbraun gefärbte Zicke mit einer sehr hohen Stimme. Sie hat eine Zahnlücke zwischen ihren oberen Schneidezähnen, die beim Reden sehr gut sichtbar wird. Ob sie dadurch wohl pfeifen kann? Ich lache in meinen Gedanken kurz über meine Frage. Ich sollte sie ihr lieber nicht stellen, denn das würde alles nur noch schlimmer machen.

,,Weil ich gerne etwas essen möchte und mich dazu hinsetzen will.'' Ich versuche so cool zu bleiben, wie es nur möglich ist. Aber mein rasender Herzschlag und der Krampf, der sich in meine Finger zieht sagen da etwas anderes.
Sie sieht micht abfällig an, ehe sie tief Luft holt und erneut etwas mit ihrer schrillen Stimme sagenwill. Doch ich komme nicht dazu ihr zuzuhören, da ich plötzlich an meinem Unterarm gepackt werde und von ihr weggezogen werde.
Ich drehe mich vor Schreck um und sehe ein schwarzhaariges Mädchen mit haselnuss-braunen Augen. Sie ist etwas größer als ich und anscheinen auch stärker. So wie sie mich durch den großen Saal zieht.
Ich wehre mich gar nicht erst. Das würde doch eh nichts bringen.

Wir bleiben vor einem fast leeren Tisch stehen und sie setzt sich auf einen der roten Plastikstühle. ,,Mensch, wolltest du dich wirklich mit Rachel anlegen?'' fragt sie und zupft an ihren langen Strähnen. Ich beobachte sie, während ich immer noch starr rumstehe und mein Tablett festhalte. Meine negative Gehirnhälfte, hätte schon gerne. Aber ich weiß, das es richtig war, es nicht zu tun.

,,Setz dich endlich und iss etwas!'' weist sie mich an und blickt mich ungeduldig an. ich lasse mich nach unten auf den Stuhl neben ihr fallen und seifze kurz erleichtert auf. ,,Danke dir für die Rettung.'' ich lächle sie vorsichtig an.
,,Immer wieder gern. Du bist also neu hier.'' ich nicke nur und beiße von meinem Sandwich ab. Kaum gelangt das Essen zwischen meine Zähne, spüre ich eine Explosion meinen Gaumen erfüllen. So ein wundervoll saftiges und gleichzeitig knackiges Sandwich kenne ich nur von meiner Mom.
Ich stöhne beim kauen leise auf und verschlinge gleich noch einen Bissen, kaum dass ich den ersten runtergeschluckt habe.
,,Schmeckt's?'' fragt sie und sieht mich mit ihren rießigen Augen belustigt an. Ich nicke, während ich meinen Mund komplett leere.
,,Auf meiner alten Schule gab es nicht so frisches und leckeres Essen.'' gestehe ich. Sie lächelt mich an, was ich leicht nachahme. Ihre Haut ist fast kreidebleich mit leichten Sommersprossen unter den Augen.
,,Wie unhöflich, ich bn Phoebe.'' stelle ich mich meiner Retterin vor. Sie grinst mich breit an und kaut ebenfalls auf. ,,Lilo, schön dich kennenzulernen, übringens gefallen mir deine Haare, echt schöne Farbe.'', ,,Ich danke dir, nun kenne ich hier schin 2 Menschen.'' nuschle ich in mein Sandwich, ehe ich noch einen großen Bissen vertilge.
Meine Haare sind in einem pastell-rosè gefärbt. Ich liebe diese Farbe an mir und mein helles Blond wurde mir zu langweilig, also habe ich sie gefärbt.
,,Wen kennst du denn noch?'' fragt sie neugierig.
,,Am Montag habe ich auf peinliche Art und Weise Arwed kennengelernt.'' sie erstarrt für einen kurzen Moment, ehe sich ihre Lippen in ein breites Grinsen ziehen. Ihre Augen bekommen ein komisches Funkeln, was mir etwas Angst einjagt.
,,Du hast wirklich mit Arwed gesprochen?'' , ,,Ja warum?'' sie zuckt nur mit den Schultern und grinst noch breiter. ,,Bitte sag mir nicht, dass er der Freund von der Zicke ist und sie mich jetzt wie in diesen Klischee-Romanen, fertig machen will?''
Lilo fängt an laut zu lachen. Einige Mitschüler, die um uns herumsitzen, drehen sich zu uns um.
,,Um Himmelswillen, was list du denn bitte für Bücher?'' fragt sie unter ihrer Tränen hindurch.
Hm, ich lese sehr viel, es ist mein einziges Hobby um ehrlich zu sein. Wenn ich bedenke, dass 2 Wände meines Zimmers aus riesigen Regalen bestehen. Die bis zum Anschlag mit Büchern gefüllt sind. Manche stapeln sich sogar schon davor.
Am liebsten lese ich wirklich Liebes-Romane, doch manchmal kommt auch mal ein Fantasy-Roman dazwischen.
,,Sorry, schau nicht so. Es war nicht böse gemeint.'' entschuldigt sie sich schnell und wischt ihre Träne beiseite.
Ich weiß zwar nicht wie ich geschaut habe, aber anscheinend nicht belustigt.
,,Ich erkläre es dir.'' sagt sie und dreht sich mit ihrem Oberkörper in meine Richtung. Ich lege mein Essen weg und sehe gespannt in ihr Gesicht.
,,Es ist so, dass Arwed mit niemanden wirklich redet, Nur wenn es um Leben oder Tot geht, oder ein Lehrer ihn etwas fragt, beziehungsweise auffordert. Aber sonst, nie!''
Sie kreuzt ihre Arme zu einem ,X' um ihrer Aussage noch etwas Kraft zu verleihen. ,,Warum?'' frage ich vielleicht etwas zu schnell heraus. ,,Das ist schwer zu sagen. Er ist nicht eingebildet oder so. Eigentlich recht höflich und freundlich.'' ich schnaube leise, in Erinnerung an Montag. Da kam er schon sehr von sich eingenommen rüber.
,,Aber hat er dich angesprochen oder du ihn? fragt sie.
Ich schaue auf die große Uhr, die sich über einer der Eingangstüren befinden und sehe, dass wir noch 20 Minuten von unserer Mittagspause haben. Also hole ich tief Luft und erzähle ihr alles was vor 2 Tagen an meinem Spind passierte. Mit gefesseltem Blick und den Kopf auf ihren Handgelenken abgestützt, hängt sie an meinen Lippen.
Immer mal wieder wirft sie einen erstaunten Ausruf hinein, das war es aber auch schon.
Ich fühle mich wie Shakespeare oder wie das Mädchen was in der Grundschule immer aus einem Buch unserer Wahl vorgelesen hatte ehe wir zum Mittagsschlaf mussten.

Ich hatte lange nicht mehr das Gefühl, dass man mir wirklich zuhören will. Es ist schön sich mit jemanden mal wieder richtig zu unterhalten. Ich hoffe nur, dass es nicht von kurzer Dauer ist.
Denn nachdem wir das Thema mit Arwed durch hatten, haben wir über uns gesprochen. Hobbys, Familie und auf was ich an dieser Schule so alles achten muss. Und ihr glaubt nicht wie viel das ist.
Rachel und ihrer Truppe nicht im Weg stehen ist ganz oben auf der Liste. Also doch dieser Klischee-Mist. Ich wusste es, keine Schule ohne Drama-Girls die meinen, sie sind das Zentrum.

Ich sitze gerade an unserer Theke in der Küche und erzähle meiner Mom wie es in der Schule war. Vor allem von Lilo erzähle ich ihr. Sie bekommt sofort einen glücklicheren Ausruck in ihrem Gesicht und freut sich sichtlich das ich nicht mehr alleine bin.
Aber bin ich wirklich nicht mehr alleine? Ist Lilo eine Freundin, mit der ich in vielen Jahren noch in einem Café sitzen werde, um über die neuesten Geschehnisse zu berichten?

Behind my HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt