14:23 Uhr
Ich hatte einen weiteren Albtraum.
Ich habe geträumt, ich wäre in der Schule, im Kursraum, wo der Deutschunterricht immer stattgefunden hat. Frau Festerling hat mich vor dem ganzen Kurs ausgeschimpft, weil ich mal wieder meine Federmappe und mein Buch zu Hause vergessen hatte. Alle haben fürchterlich gelacht, ganz besonders laut und gehässig. Ich rannte weinend aus dem Raum, Frau Festerling wurde böse und schrie mir hinterher, ich soll augenblicklich zurückkommen.
Ich rannte den dunklen Korridor entlang. Die Umgebung wirkte verschwommen und undeutlich.
Ich bemerkte nur schemenhaft die Gestalt im Schatten, die sich an die Wand gelehnt hatte und mir hinterher blickte, als ich vorbei rannte.
Die Jungsgruppe, die sich früher in den großen Pausen immer über mich lustig gemacht hatte, kam mir entgegen. Der Anführer stellte sich mir in den Weg und schleuderte mich grob gegen die Wand. Ich prallte schmerzvoll ab und sank halb bewusstlos auf den Boden.
Der Anführer blitzte mich wütend an. Dann fing er an, mich an zu treten. Heftig boxte er mir in den Bauch. Ich war kurz davor, mich zu übergeben. Der Anführer lachte gehässig auf mich herab. Ich spuckte vor Schmerzen.
"Du bist ganz allein. Niemand wird dich jetzt retten. Niemand mag dich. Niemand will dich." Er boxte mich ein weiteres Mal.
Niedergeschlagen schaute ich nach unten. Ich schwieg. Tränen liefen mir übers Gesicht. Ein weiterer Schlag. Ein Tritt. Immer und immer wieder.
Plötzlich verwandelte er sich in Antonio, der noch hämischer lachte. Sein Kichern erinnerte mich an das einer Hyäne. Nun fingen auch die anderen an zu lachen. Immer lauter und fieser wurde ihr Lachen und plötzlich verwandelten sich ihre Gesichter in grässliche abscheuliche Fratzen. Auch die Schüler aus dem Kurs hatten diese unheimlichen Fratzen. Als dunkle Schattenmonster wankten sie langsam auf mich zu.
"Manu wird dich niemals lieben!"
"Er hasst dich."
"Feigling!"
"Wieso hast du sie nicht gerettet? Wieso hast du sie im Stich gelassen?"
"Du hast versagt!"
"Sie ist tot. Sie ist tot. Sie ist fort. Für immer."
"Manu wird deine Gefühle nicht erwidern."
"Du bist ein Nichts. Ein Nichts. Ein Nichts."
Ihr Flüstern hallte in meinen Ohren wider. Es war unerträglich laut.
"Niemand mag dich. Niemand will dich."
"Du bist ein Monster."
"Wie konntest du nur?"
"Für immer."
"Du wirst niemals geliebt werden."
"Du hast es nicht verdient, geliebt zu werden."
"Du bist ein Niemand."
"Du bist eine Versagerin."
"Es ist deine Schuld."
"Es ist alles deine Schuld."
"Du bist allein."
"Du bist ganz allein."
"Allein."
Ich schlug die Hände über meinen Kopf zusammen und krümmte mich am Boden. "Lasst mich in Ruhe!", schrie ich. Ich kniff die Augen zusammen.
"Wir werden dich niemals in Ruhe lassen. Wir werden immer mit dir sein." Die Schattenkreaturen kamen näher.
"Wir sind deine Gedanken. Deine Angst. Dein Schmerz. Niemals werden wir gehen, wir werden immer ein Teil von dir sein."
Die langen, spitzen Klauen streiften meine Haut.
Ich boxte und schlug aus, immer und immer wieder. "VERSCHWINDET!!", schrie ich.
"Niemand mag dich."
"Niemand will dich."
"Du bist allein."
"Ganz allein."
"Für immer."
"Allein!"
Ich schrie aus Leibeskräften. Meine Stimme hörte sich leise an und je lauter ich schrie, desto leiser wurde sie. Und irgendwann verstummte sie.Mir wurde kalt, ganz bitterlich kalt. Ich konnte nicht länger. Ich wollte nicht länger.
Und ich gab auf.
Ich rührte mich nicht mehr und ließ die Schmerzen in mir geschehen.
Sie töteten meine Seele.Und ich zerbrach.
"VERSCHWINDET!!", rief da plötzlich eine klare, kraftvolle Stimme aus der Ferne. Ein gleißendes Licht näherte sich. Es war ein Funke und er glühte unglaublich hell. Sein warmes Licht erfüllte die Dunkelheit und ließ die Schattenkreaturen verschreckt zurückweichen. Ich bekam nur undeutlich mit, wie das Licht zu mir flog und sich zwischen mir und den Monstern stellte.
Ein heller Blitz flammte auf.
Smaragdgrüne Augen funkelten im Licht. Dunkelbraune, schulterlange Haare kamen zum Vorschein.
Eine weiße Maske, so hell und rein wie das Licht, was sie umgab, bedeckte sein Gesicht.
"Manu.." Ich sah zitternd zu ihm hoch. Schwach. Kraftlos. Dann sank ich wieder langsam auf den Boden zurück.
"Ihr seid nichts als Illusionen. Lügen." Manu kniff seine Augen zusammen, das Smaragdgrün blitzte finster. Ein weiterer Lichtblitz flammte auf. "Hinfort mich euch, dorthin, wo ihr hergekommen seid!" Die Schattenkreaturen zerfielen kurzerhand zu Staub und Asche.
Der Spuk war vorbei. Manu kniete sich vor mir nieder.
"Hab keine Angst. Du bist in Sicherheit. Niemand wird dich je wieder verletzen." Seine schöne, klare Stimme beruhigte und heilte ganz langsam meine Seele und ich merkte, wie ich wieder zu mir kam.
Manu hielt mir seine Hand hin und lächelte sanft. "Alles wird gut."
Langsam richtete ich mich auf. Ich kroch vorsichtig auf ihn zu und nahm seine Hand.
Dann schmiegte ich mich an ihn und schloss die friedvoll die Augen."Alles wird gut."
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Vom Finden, Lieben und Verlieren 🥀 (Teil 2)
Aventura✧TEIL 2✧ "Manchmal weiß das Herz etwas, was der Verstand nicht begreifen kann." Dieses Buch enthält eine Sammlung alter Tagebucheinträge von mir bis hin zum aktuellsten. Tagebücher sind privat, insbesondere dieses hier, aber wer es findet, der hat...