7. Brief

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Liebe Cornelia

Es schmerzt. Die Blüten öffnen sich, doch die Klänge meines Cellos fehlen. Es ist, als würde die Natur weniger farbig wachsen und weniger prächtig blühen.

Ich verstehe Dich so gut. Mir geht es dank Dir zwar nicht schlechter denn je, aber ich muss mich immer noch jeden Tag eine Stunde vor den Spiegel setzen, um das Rouge und die ganzen anderen Schminksachen aufzutragen, die neuen teuren Kleider anzuprobieren oder meine Frisur zu perfektionieren, damit ich dann meinem Gatten gefalle und möglichst "weiblich" wirke. Aber Du hast es geschafft, einen Teil der Dunkelheit aus mir herauszunehmen.

Das klingt wundervoll, Cornelia. Ich sehe Dich vor mir, wie Du die Vögel beglückst, ihnen ein Lied spielst, mit ihnen ein Lied spielst. Ich sehe, wie Du Dein Lächeln nie ablegst, nicht einmal im Schlaf.

Umso grausamer ist es, dass es alles verschwunden ist.

Doch die Erinnerungen bleiben. Die kann Dir nicht mal Dein Vater nehmen. Dieser Gedanke klingt in meinem Kopf, wie ein Glühwürmchen in der dunklen Nacht. Die Erinnerungen, und Du natürlich, sind der Grund, weshalb ich irgendwie, trotz allem, noch nicht die Hoffnung verloren habe.

Mit diesen Zeilen, die Du mir da schreibst, treibst Du mir abermals Tränen in die Augen. Das ist wahrscheinlich das allergrösste Kompliment, das ich je bekommen habe...

Oh ja, Wörter sind Zauberdinge! Eine der grössten Zauberdinge auf dieser Welt. Und ich wünschte, wir könnten diesen Zauber, unsere Kraft, besser einsetzen.

Vertrauen wäre der Schlüssel zu allem, nur ist dieser wahrscheinlich irgendwo im Tor zum Mittelalter stecken geblieben...

Aber Dich habe ich zumindest und dafür danke ich Dir! Und ich helfe und unterstütze Dich auch noch so gerne!

Die Sache mit dem Verlobten... So ähnlich lief es bei mir auch.

Ich habe mit meinem wunderschönen Federhut und dem dazu passenden Kleid, auf den reichen, italienischen Erben Leonardo gewartet und war auf das Schlimmste eingestellt. Vielleicht, weil der Gatte meiner älteren Schwester ein Schwein vom grössten ist.

Deshalb war ich positiv überrascht von Leonardo und seiner Villa. Sie ist zwar riesig, hat aber durchaus einige Ecken, in denen ich mich wohlfühle. Vielleicht des Flusses wegen, der 50 Meter entfernt vorbeirauscht und in dem ich so gerne eine nächtliche Schwimmrunde drehe. Vielleicht aber auch der grossen Fenster wegen, durch die ich den perfekten Ausblick auf die grüne Blumenwiese habe und die ich so gerne male. Natürlich mit einer Cellistin mittendrin.

Gestern hab ich Dich gemalt Cornelia. So wie ich mir Dich vorstelle. Glänzende Augen, weiches Haar und ein riesengrosses Herz.

Ich wünschte, ich könnte Dir irgendwann die Zeichnung geben.

Und ich will Dir sagen, perfekt sein, ohne Makel, das willst Du nicht. Wer könnte Dich denn noch lieben? Alle würden Dich anhimmeln, verehren, aber Liebe spüren, das könntest Du nicht mehr.

Und ich denke, wenn er und Du einen guten Umgang miteinander finden, dann verdient ihr euch beide. Du schaffst das schon!

Außerdem kann ich dir eine Entdeckungreise durch die Villa sehr empfehlen. Da findest du versteckte Nischen, in denen Du plötzlich merkst, dass sich Dein Herz trotz allem geborgen fühlt.

Ja, eine andere Welt wäre wunderschön. Doch leider können wir nicht ändern, was ist, und müssen versuchen, daraus das Beste zu machen.

Ich kann selbst kaum glauben, dass sowas ausgerechnet aus meinem Mund kommt. Noch vor einem Monat hätte ich es vorgezogen, mich in den dunklen Wald zum Sterben zurückzuziehen, dort friedlich einzuschlafen. Das hätte natürlich eine riesige Arbeit für meinen Vater gegeben was den Besitz und all das angeht. Ja, die damit verbundene Arbeit wäre wohl sein grösstes Problem gewesen.

Ach, ich sollte aufhören, so zu reden, denn jetzt bin ich an einem anderen Punkt angelangt! Meine Lebensfreude kehrt mit jedem Deiner Briefe mehr zu mir zurück.

Doch trotzdem, die Worte sind nicht genug, Cornelia. Ich würde Dich gerne in den Arm nehmen. Hier und jetzt. Will mit die einen Spaziergang durch den Park neben unserem Haus machen.

Und vielleicht, wird sich dieser Traum, welcher momentan mein grösster Traum ist, sogar verwirklichen! Ich wohne zwar in Wien, aber Leonardo und ich kommen im August nach Berlin für ganze zwei Monate! Es ist sozusagen unsere Hochzeitsreise. Vielleicht könnten wir...? Bei Nacht und Nebel...?

Du kannst es vermutlich nicht genug hören, deshalb nochmals; Danke

Du kannst es vermutlich nicht genug hören, deshalb nochmals; Danke

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1001 Briefe - 150-FollowerspecialWo Geschichten leben. Entdecke jetzt