Defekt (4)

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Befand er sich auf einem Trip? Nein, seine Biowert-Überwachung schlug nicht an.

War es etwas anderes? Nachdem er sein Auge verloren und dafür dieses Wunderwerk der Technik erhalten hatte, brauchte sein Kopf eine Weile, um sich daran zu gewöhnen. Da war es nicht ungewöhnlich, dass sein Verstand ihm Streiche spielte, wenn er versuchte, die Bilder seines Auges und des Optikimplantats zusammenzufügen. Diese Phase war vorbei. Er verwendete zwar immer noch Tricks, um Nebeneffekten wie Kopfschmerzen oder Übelkeit vorzubeugen, aber er wusste genau, was er sah. Das Gesicht war real gewesen, als Beweis gespeichert in der Datenbank des Implantats. Und das Symbol flimmerte ja immer noch dort, direkt vor seiner Nase.

Er war sich sicher, dass er es auch in der Segmentüberwachung gesehen hatte. Beides Orte, an denen Menschen gestorben waren. Beides seine Fälle. Würde sich bei Tamachis Tod ebenfalls herausstellen, dass jemand nachgeholfen hatte? Wurden beide zu Morden, wenn er nun doch nachbohrte? Steckte hinter den sonderbaren Fällen seiner Kollegen womöglich ebenfalls mehr? Keine Verschwörung der Maschinen, sondern ein echter Mensch, mit einem wirklichen Motiv?

"Kommt euch das Symbol bekannt vor?" Mit diesen Worten schickte er das Bild an die beiden. Wenn nichts dran war, musste er sich wenigstens nicht mehr verrückt machen. Eine weitere Kopie ging an die Kommunikationsabteilung. Die sollte ihm alle bekannten Informationen darüber zukommen lassen. Außer, dass es sich um einen griechischen Buchstaben handelte, der ebenfalls für die Maßeinheit Ohm stand. Das war ihm natürlich bekannt.

"Betty, mach eine Spiegelung seiner Medienpanels und hol eine Freigabe für die Daten von Niveum-Kybernetik ein."

Groenwalds Daten würde er nicht anfassen, bevor sie nicht virenfrei waren. Das war ein Job für Ben und seine Jungs. Außerdem hatte der Tote auf der Aufzeichnung für seinen Konzern gearbeitet und die Arbeit konnte der Geheimhaltung unterliegen. Es gab Grenzen, die es sich zu überschreiten lohnte, diese gehörte nicht dazu. Niveum-Kybernetik stand nicht auf der schwarzen Liste.

"Wird gemacht, Sergeant Torochew."

Nun hatte er ein paar Minuten Zeit, bis eine Antwort kommen würde.

Er startete einen Verbindungsaufbau zu Katharina und die Warte-Animation des ComNets erschien auf seinem Optikimplantat. Ein Roboter mit eckigem Kopf, der Kabel in Buchsen steckte. Eine Retrodarstellung der Kommunikationsnetzwerke aus der Zeit vor dem Eis und längst vergangener Vorstellungen davon, wie Roboter aussehen könnten. Nach zwei Sekunden zuckte der Roboter mit den Schultern.

"Es tut mir leid, der gewünschte Gesprächspartner ist momentan nicht im ComNet präsent."

Was?

Wann war sie mal nicht im ComNet angemeldet? Selbst während ihrer Einsätze war ihr privater ComNet-Account immer aktiv – wenn auch nur, um zu anzeigen, dass sie im Dienst war. Selbst, wenn sie sich gestritten hatten, war sie bisher nie untergetaucht.

Wann war ihre Schicht gleich noch zu Ende? Er strengte seine grauen Zellen an, konnte sich aber einfach nicht daran erinnern. "Das ist kein gutes Zeichen, für unsere Beziehung, oder?", murmelte er. Am Rand seines Sichtfeldes flimmerte die idyllische Lichtung. Vielleicht war es mal an der Zeit, dass sie ihre angesammelten Urlaubstage verbrauchten. Ihre Jobs nahmen einfach mehr Raum ein, als sie sollten. Sollte er sie direkt über das ComNet des Sicherheitskorps anrufen? Und sie fragen, ob sie jetzt gleich mit ihm durchbrannte?

Es klingelte. Wieder nicht Katharina. Es war Max.

"Hallo Max. Das ging schneller als erwartet."

"Hallo Elisa. Ich stehe gerade in der Leichenhalle, um den Körper meines Opfers für den Kreislauf freizugeben. Wie es der Zufall so will, schauen seine Füße unter der Abdeckplane hervor. Rate mal, was er für eine Tätowierung auf der linken Fußsohle hat."

Fall Omega [Pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt