Kapitel 16

156 15 0
                                    


"Charlie?", sagt plötzlich eine Stimme neben mir. Ich drehe mich nach links und es trifft mich unerwartet wie einen Schlag in die Magengrube. Schwarz und grün strahlen mir entgegen und ich kann einfach nur fassungslos hinstarren. Ich wusste, dass dieser Moment irgendwann kommen würde, aber so richtig darauf eingestellt hatte ich mich nicht.
Sie hat sich verändert. Ihre grünen Augen funkeln mehr als ich es je erlebt hab und auf ihrem Gesicht zeichnet sich das strahlendste Lächeln ab.
"Hey!", sagt sie und sieht mich einen Moment fassungslos an.


"Scarlett, hi! Lange nicht gesehen!"
"Stimmt! Wie geht's dir?", fragt sie vorsichtig.
"Gut, sehr gut!"
"Das ist schön.", sagt sie lächelnd.
"Was ist mit dir?"
"Ach, mir geht's auch gut. Und Bill übrigens auch. Er vermisst dich, du hast dich so lange nicht gemeldet."
"Wozu ich allen Grund hatte, denke ich." Ihr Lächeln erstirbt auf der Stelle. Jetzt schaut sie eher schuldbewusst zu Boden. Sofort tut es mir leid.
"Entschuldige, ich ... ", fange ich an, aber sie unterbricht mich.
"Schon ok. Ich kann es dir nicht verübeln.", sagt sie zerknirscht.
"Nein, ich ... Es ist ok. Mir geht's gut, wirklich. Und ich bin dir nicht mehr böse, ehrlich." Überrascht schaut sie auf.
"Das ist toll, aber mir tut es immer noch leid."
"Das muss es nicht, es freut mich, wenn du glücklich bist. Mach dir keinen Kopf." Sie lächelt erleichtert.
"Charlie, das mit Fred tut mir leid.", sagt sie nach einer kurzen Zeit.
"Danke, schon ok."
Sie will gerade etwas sagen, als plötzlich Azure neben mir auftaucht und nach meiner Hand greift.
"Da bist du ja, ich hab dich überall gesucht, Charlie!", sagt sie, dann sieht sie Scarlett. "Oh, hallo!", grinst sie.
"Hi, ich bin Scarlett."
"Ich heiße Azure.", sagt sie.
"Ähm ... Ich geh dann besser. Macht's gut!", meint Scarlett und wendet sich zum Gehen.
"Nein, kein Problem!", sagt Az. "Woher kennt ihr euch?", fragt sie dann neugierig und sieht mich an. Die Situation ist mir jetzt schon etwas unangenehm. Ich schaue fragend zu Scarlett und sie nickt vorsichtig.
"Wir ... waren mal zusammen!", erkläre ich ihr. Ich spüre, wie sie sich etwas versteift und ihre Hand zuckt. Vorsichtig nehme ich sie fester in meine und verschränke meine Finger mit ihren, was sie normalerweise immer beruhigt.
"Ich sollte dann wirklich gehen.", sagt Scarlett und dreht sich um. Kaum ist sie außer Hörweite, drehe ich mich zu Az. Sie schaut ziemlich geschockt.
"Az, ist alles ok?"
"Hab ich das gerade richtig verstanden?", fragt sie. Ihre Miene ist jedoch etwas wütend.
"Az, sei bitte nicht sauer. Das mit Scarlett ist ewig her."
Sie starrt mich immer noch mit offenem Mund an.
"Sie ist eine von DENEN!", sagt sie dann leise. "Wegen der warst du ... " Sie unterbricht sich, und jetzt verstehe ich auch, warum sie so wütend war.
" ... ein halbes Jahr wie weggetreten, ich weiß. Aber sie ist so glücklicher und ich erst recht. Ich bin ihr nicht mehr böse. Also tu ich auch nicht so, als würde ich sie hassen.", erkläre ich ihr. Sofort entspannt sich ihre Miene.
"Du bist unglaublich ... ", sagt sie grinsend.
"Warum? Weil ich nicht nachtragend bin?", frage ich und umschlinge ihre Taille, während ihre Hände meinen Hals hinauf wandern und sich in meinem Nacken verschränken.
"Weil du 1. Ein unverbesserlicher Optimist bist, 2. Mir gerade auf wahnsinnig süße Weise durch die Blume gesagt hast, dass du froh bist, Scarlett los zu sein und 3. Weil du nicht nachtragend bist."
"Also Punkt zwei darfst du auch als Liebeserklärung auffassen."
"Du bist so verdammt süß, wie konnte sie nur so dumm sein und dich fallen lassen! Aber ich glaube, ich muss ihr irgendwann mal dafür danken!", grinst sie und sieht mir in die Augen.
"Ich aber auch ... ", sage ich leise und küsse sie, wobei sie sich an die Wand hinter sich lehnt. Ich hätte noch ewig so verharren können, aber Az löst sich von mir und meint grinsend: "Also, wo ist jetzt der Laden von deinem Bruder?"
"Hast du es so eilig? Du zerstörst den Moment..", sage ich gespielt schockiert.
"Ich will aber den Laden sehen, darauf warten ich schon ewig und ... Na ja, ich hab morgen frei, du hast morgen frei und wir haben heute Abend nichts mehr vor, also heb dir deine Energie lieber auf."
"Zum Laden geht's da lang!", sage ich schnell, kann mir aber ein Grinsen nicht verkneifen. Sie grinst zurück, küsst mich noch einmal kurz, schnappt sich meine Hand und zieht mich durch die Menschenmassen in Richtung 'Weasleys Zauberhafte Zauberscherze'.

--Time Skipp (weil ich es kann)--

--- Ihre Sicht ---

"Charlie!", kreische ich panisch und schlage um mich. Doch leider bringt das gar nichts. Mein Angreifer kommt wieder auf mich zu.
"Charliiiiiiieeeeee! Hilf mir, verdammt noch einmal!", schreie ich und suche nach einem Versteck.
"Oh scheiße!", höre ich Charlies Stimme plötzlich aus dem Wohnzimmer. Doch er bewegt sich keinen Millimeter.
"Charlie, tu doch was!", schreie ich wieder, während mein Angreifer erneut zum Sturzflug ansetzt. Dann rast der braune Uhu wieder auf mich zu. Schnell ducke ich mich unter den Tisch.
"Was ist in diese Eule gefahren?", rufe ich. Charlie grinst nur und stößt einen schrillen Pfiff durch die Finger aus.
Sofort legt der Vogel eine Vollbremsung hin und fliegt jetzt auf Charlie zu, dem er auf der Schulter landet. Vorsichtig klettere ich unter dem Tisch hervor.
"Willst du mich verarschen? Wie hast du das gemacht?", frage ich und versuche, meine Haare zu ordnen.
"Man muss nur pfeifen. Daran erkennt er, wo er hinfliegen muss. Alle anderen Menschen greift er an, wenn sie ihm den Brief abnehmen wollen. Sirius hat ihn trainiert. Deshalb haben wir immer benutzt um den Ordensmitgliedern Nachrichten zu schicken. Aber er gehört jetzt meinem Vater.", erklärt er und befreit den Uhu von dem Zettel an seinem Fuß. Fassungslos starre ich ihn an.
"Und du bist nicht auf die Idee gekommen, mich eventuell vorzuwarnen? Ich hab gedacht, der hackt mir die Augen aus!", sage ich beleidigt.
"So schlimm ist Sweetie jetzt auch nicht!", sagt er. Mir fallen die Augen aus dem Kopf.
"Sweetie? Das Vieh heißt Sweetie? Sweetie? Im Ernst?", rufe ich, aber er lacht nur.
"Komm schon, du bist doch gar nicht wirklich sauer. Siehst du, er ist ganz lieb!", sagt er und hält den Arm mit dem Vogel in meine Richtung.
"Bleib weg damit!", sage ich und weiche ein paar Schritte zurück. Er grinst nur, dann setzt er den Uhu auf dem Tisch ab und faltet den Brief auseinander.
"Von deinen Eltern?", frage ich, den Blick immer noch auf den Vogel gerichtet.
"Ja. Sag mal, hast du nächsten Samstag schon was vor?", fragt er ohne von dem Brief aufzusehen.
"Nein, ich denke nicht."
"Gut, dann hast du jetzt was vor.", grinst er und hält mir den Brief hin, den ich kurz überfliege. Er läuft währendessen zu 'Sweetie' - gibt es eigentlich einen noch dämlicheren Namen für einen aggressiven Uhu? - und hält ihm einen Arm hin, sodass der Vogel bis zu seiner Schulter hinaufklettern kann, wo er letztendlich auch sitzen bleibt. Ich schaue nocheinmal auf den Brief von Charlies Eltern, und muss grinsen. Er ist von seiner Mutter geschrieben und ich weiß jetzt schon, dass es in dieser Familie ganz sicher nicht an Liebe mangelt. Vor allem der Satz "Ich backe extra für dich Apfelkuchen." lässt mich nur noch mehr schmunzeln. Seine Mum scheint eine besonders liebenswerte Person zu sein.
"Was ist denn so lustig?", fragt Charlie, der plötzlich neben mir aufgetaucht ist. Ich schaue ihn kurz an, aber bevor ich etwas sagen kann, stoße ich einen schrillen Schrei aus und weiche von ihm zurück.
"Mach den Vogel da weg!", sage ich und zeige auf den Uhu, der unschuldig an Charlies Haaren knabbert.
"Der tut dir doch nichts! Er ist total niedlich.", sagt er verständnislos.
"Das Vieh da hat mehrere Sturzflüge auf mich angesetzt und hat mich attackiert! Und! Dieses! Viech! Ist! Nicht! Niedlich!"
"Ich weiß nicht, wo dein Problem liegt. Das ist doch nur ein Tier."
"Dass das klar ist, ich liebe Tiere über alles, aber wenn sie mich angreifen, dann hört der Spaß auf."
"Na gut, aber er tut dir nichts mehr, jetzt wo er weiß, dass du nicht "der Feind" bist.", sagt er und setzt der Feind mit den Fingern in Anführungszeichen.
"Trotzdem. Außerdem soll er Romeo nicht zu nahe kommen!", warne ich Charlie. Romeo, mein liebstes Tier und mein Ein und Alles. Er ist süß, hat neugierige Knopfaugen, lebt in einem Käfig im Wohnzimmer und lässt sich gerne spazieren tragen. Wer jetzt an ein Meerschweinchen oder einen Hasen denkt, den muss ich leider enttäuschen. Charlie lacht nur.
"Deiner Ratte passiert schon nichts.", sagt er und setzt Sweetie - ich könnte mich immer noch über diesen Namen krumm und dämlich lachen - wieder ab.
"Auf deine Verantwortung. Und bitte sorg dafür, dass du die Eule so schnell wie möglich aus der Wohnung verbannst.", sage ich.
"Ja, Ma'am!", sagt er und salutiert, woraufhin ich lachen muss. Dann mache ich mich auf den Weg zur Küche.

Komplizierte Liebe (Charlie Weasley FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt