Die Verbindung der Macht

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Der warme Rauch meiner Zigarre umhüllte mich, als ich draußen auf der Terrasse stand und den Blick über den glitzernden See schweifen ließ. Es war ein Moment der Ruhe und Entspannung, den ich nach den anstrengenden Verhandlungen im Inneren des Anwesens dringend brauchte. Die Nacht war still, nur das sanfte Plätschern des Wassers und das Zirpen der Grillen begleiteten meine Gedanken. Plötzlich wurde die Stille durch eine aufgeregte Stimme unterbrochen. Ich drehte mich um und sah einen Mann, der sichtlich angetrunken war und sich lautstark über meine politischen Ansichten ausließ. Seine Worte waren voller Vorwürfe und Provokationen, während er drohend auf mich zukam. "Verdammter Opportunist bist kein Stück besser als Nikolai! Man hätte dich aus dem Fenster werfen sollen. Du bist ein machtbesessener Schweinehund , der nur seine eigenen Interessen im Sinn hat!" Die Anwesenden auf der Terrasse beobachteten die Szene gespannt, einige mit einem amüsierten Lächeln, andere mit leichter Besorgnis. Soweit ich dachte, das Dilemma was ich vorhin hatte, war das schlimmste an diesem Abend, so wurde ich erneut überrascht. Dies war kein kleiner Erdrutsch mehr, das könnte schnell zu einem Einsturz meines politischen Gipfel führen. Um mich auf den verbalen Kampf zu wappnen, zog ich meine Krawatte nochmal enger um meinen Hals. Das Gefühl des Drucks an meinen Hals erinnerte mich immer daran, dass ich hier in einer Schlinge sitze und dieser betrunkene sorgt gerade dafür, dass meine schlinge zu einem Galgen wird. 

In diesem Moment trat eine Frau neben mich, mit einer Ausstrahlung, die mich sofort in ihren Bann zog. Ihre Augen funkelten voller Entschlossenheit, während sie ruhig auf den Betrunkenen zutrat. Sie warf mir einen flüchtigen Blick zu, der Verständnis und Unterstützung verriet, bevor sie ihre Aufmerksamkeit dem aufgebrachten Mann zuwandte. Mit einer gelassenen Stimme sprach sie den Betrunkenen an, versuchte die Situation zu entschärfen und ihm klarzumachen, dass sein Verhalten unangemessen war. Zumindest gehe ich davon aus. Denn ihre Worte waren so leise gesprochen, dass man sie nur wie ein leises Rauschen des Baches wahrnahmen konnte.  Sie zeigte eine bemerkenswerte Gelassenheit und Souveränität, die mich beeindruckte. Die Frau gelang es tatsächlich, den Betrunkenen zu beruhigen und ihn dazu zu bringen, sich zurückzuziehen. Sie reichte ihm sogar ihren Arm und führte ihn behutsam zurück in Richtung des Hauses, wo er hoffentlich zur Vernunft kommen würde. Die umstehenden Gäste auf der Terrasse lösten sich langsam auf und kehrten zu ihren Gesprächen zurück, während ich noch immer fasziniert von der Situation war. Die Faszination, die die Frau in mir auslöste, wandelte sich schnell in Misstrauen um. Als Person der Öffentlichkeit konnte ich nicht einfach jedem blind vertrauen. Während sie den Weg zurückging, direkt auf mich zu, nutzte ich die Gelegenheit, sie genauer zu betrachten. Ihre Ausstrahlung war ruhig und gelassen, und ihr Gesicht zeichnete sich durch feine Züge aus, die von natürlicher Schönheit und Anmut geprägt waren. Ihre Augen waren von einem tiefen Blau, das an den Ozean erinnerte, und ihre dunklen Locken umrahmten sanft ihr Gesicht. Ein leichtes Lächeln spielte um ihre Lippen, während sie auf mich zukam. Diese Frau hatte eine schlanke Statur, doch ihre Präsenz und Ausstrahlung machten sie zu einer imposanten Erscheinung. Ihre Kleidung war elegant und stilvoll, passend zu dem Anlass. In ihrer Haltung vereinte sie Anmut und Stärke, was mich faszinierte. Besonders beeindruckend war, wie schnell sie die Rolle gewechselt hatte – von der mitfühlenden Retterin des Betrunkenen zur selbstbewussten Persönlichkeit, die jetzt neben mir am Geländer der Terrasse lehnte und mich scheinbar studierte.

"Ich sollte mich wohl bei Ihnen bedanken", sagte ich mit einer trockenen Stimme und betrachtete sie. Unsere Blicke trafen sich, und ich konnte mich kaum von ihren blauen Augen lösen. "Tja, das wäre wohl angebracht", erwiderte sie mit einem leichten Lächeln. "Augustus Crowe, sehr erfreut, Sie kennenzulernen!" Ich streckte meine Hand aus, und sie ergriff sie leicht. "Valeria Martinez. Die Freude ist ganz meinerseits, Crowe." Während wir uns die Hände schüttelten, spürte ich eine gewisse Energie zwischen uns, eine Verbindung, die über das Oberflächliche hinausging. Valeria schien eine bemerkenswerte Frau zu sein, mit einer Tiefe und Intelligenz, die mich neugierig machte. "Sie haben sich mutig für mich eingesetzt", bemerkte ich und betrachtete sie genauer. "Nicht viele Menschen würden sich in eine solche Situation wagen. Was hat Sie dazu bewegt?" Valeria lächelte leicht und nahm einen Moment inne, bevor sie antwortete. "Ich habe gelernt, dass manchmal das Richtige zu tun nicht immer einfach ist.  Ich konnte nicht einfach tatenlos zusehen, wie Sie ungerechtfertigten Angriffen ausgesetzt waren."

Ihre Worte berührten mich auf eine Weise, die ich kaum in Worte fassen konnte. Es war selten, jemanden zu treffen, der so standhaft und loyal war. Ich konnte nicht anders, als eine gewisse Bewunderung für Valeria zu empfinden. Es war lange her, dass ich jemand gefunden hatte, der noch so sehr an Moral glaubte. Es war irgendwie befreiend so etwas nach so langer Zeit in der Politik und dessen eigenen Regeln zu sehen, dass nicht alle so denken.
"Wenn wir unsere Überzeugungen verraten, was würde übrig bleiben?" Meine Frage war schneller aus meinem Mund, als das ich darüber nachgedacht habe. Vielleicht ist doch noch nicht alles verdorben. Sie musste kurz auflachen. „Wo sie recht haben, haben Sie recht."

Die Stunden vergingen wie im Flug, während Valeria und ich uns in angeregten Gesprächen verloren. Wir wechselten zwischen ernsten Themen und humorvollen Anekdoten, und ich konnte ihre kluge und scharfe Denkweise bewundern. Wir lachten viel und schienen eine natürliche Verbindung zueinander zu haben, als ob wir uns schon seit Jahren kennen würden. Die Drinks flossen reichlich, und wir genossen jeden Moment unseres Zusammenseins.

Als Winston uns schließlich zurück ins Innere des Anwesens bat, um die anstehende Rede des Hausherrn zu hören, verabschiedete ich mich mit einem Nicken von Valeria. Ich fühlte mich erfrischt und inspiriert durch unsere Unterhaltung, bereit, der Welt meinen Stempel aufzudrücken. Die Aufregung pulsierte in mir, als ich mich wieder in meinem Platz niederließ und ein frisches Glas gereicht bekam.

Die Stimmung im Raum war gespannt, als das Licht auf die Eingangstür gerichtet wurde und sie sich langsam öffnete. Ein Raunen ging durch die Menge, als der Parteichef höchstpersönlich den Raum betrat. Seine beeindruckende Erscheinung und seine Machtstellung als Mitglied des Rates waren unübersehbar. Meine Körperhaltung richtete sich automatisch auf, und mein Herz schlug schneller.

Der Parteichef schritt mit einer selbstsicheren Haltung zum Rednerpult, während alle Augen auf ihn gerichtet waren. Er begann seine Rede mit den üblichen Höflichkeiten und Dankesworten, doch dann kam er zum eigentlichen Thema, das uns hierhergeführt hatte. Die Spannung im Raum war greifbar, als er die Bombe platzen ließ.

Die Tür öffnete sich erneut, und ein Mann wurde von bewaffneten Soldaten hereinbegleitet. Sein Aussehen und sein zerschlissenes Kleidungsstück wirkten fremd in diesem prunkvollen Ambiente. Auch die uniformen Personen lösten in mir ein Unwohlsein hervor. Einer von ihnen begleitete den Mann nach vorne. Mit zitternden Händen holte er ein Blatt Papier aus seiner Tasche und begann, mit zittriger Stimme zu sprechen. Die nächsten Minuten waren wie ein Albtraum, der sich vor meinen Augen entfaltete.

Der Mann erzählte von einer geplanten Revolution im Norden, mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen. Dann begann er, Namen zu nennen, von Menschen, die ihm geholfen hatten. Ich konnte den Schock und die Verzweiflung in den Gesichtern der Genannten erkennen, während sie vehement ihre Unschuld beteuerten. Die Soldaten führten sie aus dem Raum heraus. Doch in diesem Moment wurde mir klar, dass keiner von uns wirklich unschuldig war. Wir waren alle Teil dieses Systems, geprägt von Korruption und Intrigen. Es machte keinen Unterschied, ob wir jetzt oder später zur Rechenschaft gezogen würden. Wir waren alle schuldig.
Ein Gefühl der Beklemmung legte sich über den Raum, während die Worte des Mannes noch nachhallten. Ich spürte, wie die Last der Verantwortung auf meinen Schultern ruhte. Der Mann und die Schuldigen wurden rausgeführt und der Parteichef äußerte noch ein paar letzte Sätze. Dann verließ er ebenfalls den Raum. Es war totenstill im Raum. In diesem Moment spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und sah Valeria neben mir stehen. Ihre Augen strahlten Entschlossenheit aus. Sie reichte mir einen Zettel und verschwand wieder in der sich bildenden Menge.

Ich wusste, dass es die Zeit kommen wird, die Konsequenzen meines Handelns zu tragen. Ich hatte eine Wahl getroffen, die mich auf einen dunklen Pfad geführt hatte, und nun würde ich mit den Konsequenzen leben müssen. In ständiger Angst. Es gab nur einen Ausweg und dieser hieß weiter aufsteigen bis zur Spitze. Der Punkt

Wenn die Fassade bröckelt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt