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Es ist nun drei qualvolle Tage vergangen, auf die Minute genau. Ich bin mit meiner Mama so schnell es nur ging nach Kosove gereist, um Papa zu beerdigen. Unsere Familie dort hatte alles in die Wege geleitet. Und heute ist es soweit, der Tag ist gekommen. Ich lebe nicht. Nein. Ich fühl mich wie eingeschläfert. Die Stunden und Tage gehen nur langsam vornüber, aber ich habe immer noch nicht realisiert, dass Papa tot ist, dass er nie wieder kommen wird, dass ich nie wieder seine Stimme hören werde. Aber heute, ja heute ist die Beerdigung. Langsam schaltet mein Gehirn. Ich muss mich endgültig von ihm verabschieden, von meinem Vater, meinem Licht in den dunkelsten Stunden, meiner Hoffnung, meinem Herzen, meinem König.

Der Bruder meines Vaters, also mein Onkel Muhamet ist Hoxha. Zu sehen dass ich bitterlich weine, bricht ihm das Herz, das verraten seine mit Tränen gefüllten Augen, aber er bleibt stark und weint nicht, er weint nicht gerne vor anderen Menschen, aber der wahre Grund ist, dass er stark sein will für mich, er bleibt stark, damit ich einwenig Mut und Hoffnung bekomme.

Die ganze Zeit über hat er ein Auge auf mich. Onkel Muhamet bittet mich dann nach vorne. Bevor der Sarg in die Erde gelassen wird, soll ich diesen berühren. Ein letzter Abschied sozusagen. Und kaum berühre ich dieses kalte Holz, durchführt mich eine Art Blitzschlag durch den Körper. Ich weine ununterbrochen, nichts und niemand kann mich beruhigen, ich würde am liebsten diesen Sarg öffnen und schreien dass er aufstehen soll, Papa bitte steh auf, du musst mich doch noch an meinem Abiball begleiten, du musst mich doch trösten, wenn mich der erste Liebeskummer packt. Papa nein bitte, komm zurück! Du musst doch meine Kinder in deinen Armen halten, du musst doch noch so viel erleben, ich brauche dich doch Papa, ich brauche dich so sehr. Plötzlich sehe ich Tausende Bilder vor mir, wie ich mit Papa spiele, wie ich mit Papa singe, wie Papa mir beigebracht hat, zu schwimmen. Ich sehe all diese Erinnerungen, und es tut einfach so schrecklich weh. Ich höre mein eigenes Herz brechen und es ist so schrecklich laut, wie ein Glas das auf den Boden fällt und in tausend Scherben zerspringt. Meine Tränen haben keinen halt, ich höre jetzt wie die anderen auch in ein lautes Geschluchze verfallen. Ich knie mich vor den Sarg, mein Kopf liegt auf dem kalten Holz und ich weine mir die Seele aus dem Leib. Ich spüre nicht einmal wie mich mein älterer Cousin 3 Grades wegträgt. Dieser Tag ist nichts weiter als ein trauriges Elend.

Ein Vater wird nicht nur der erste Mann sein, der dich so lieben wird wie du bist. Nein, ein Vater wird dich als einziger Mann mehr lieben als sich selbst. Kein Mann auf der Welt wird dir so viel Liebe und Geborgenheit schenken können wie der eigene Vater. Keinem Menschen, ist dein wohl so wichtig wie deinem Vater.

Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, sehe ich in den Himmel und plötzlich strahlt mir die Sonne direkt ins Gesicht, als ob würde mein Vater mir einen Hoffnungsschimmer vom Himmel schicken. Papa, ich vermisse dich, du fehlst mir so sehr, aber ich lasse dich gehen, sei mein Engel, pass auf Mama und mich auf und vergiss niemals, dass ich dich liebe. Inshallah bist du ins Paradies eingetreten und inshallah werden wir uns dort auch wiedersehen.

Shpresa vdes e fundit- Die Hoffnung stirbt zuletztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt