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„Ist er Tod?", frage ich mit einer zittrigen Stimme. Immer noch bin ich total perplex. Ich hatte einen Bruder, ohne dass ich davon jemals etwas wusste. Wieso hat man mir nie etwas von ihm erzählt, wieso hat es keiner für nötig gehalten mir etwas zu erzählen? „Nein... Also Ja..Nuk e di (ich weiß es nicht)...Er ist einfach verschwunden Leonora, er war einfach nicht mehr da." Ich halte den Atem an. Wie bitte ? Er ist verschwunden. Ich schaue Mama verdutzt an. Es vergeht eine Ewigkeit bevor sie dann endlich weiterspricht."Vor etwa 15 Jahren" sie hält kurz inne. "Nach einem heftigen Streit mit deinem Vater ist er einfach weggelaufen. Keiner weiß wo hin oder mit wem. Wir konnten ihn nie wieder finden. Leo, genau heute wär sein 28 Geburtstag gewesen. Genau heute vor 15 Jahren ist er weggelaufen und nie wieder zurückgekommen. Wir haben wirklich alles versucht um ihn zu finden... Alles.." Die Tränen kullern nur so an ihren backen herunter. Ich merke wie unglaublich sehr sie das verletzt und wie tief der Schmerz sitzt, über den Verlust des eigenen Fleisch und Blutes. Der Verlust meines Vaters scheint nur eine der vielen Schwachstellen zu sein.
Eigentlich bin ich wütend und traurig, ich möchte Sie fragen wie es möglich ist, dass ein 13 jährigem ohne eine Spur verschwindet.

Ohne ein Lebenszeichen. Wie schlimm muss dieser Streit bitte gewesen sein, dass ein 13 jähriger verschwindet und nicht mehr zu seinen Eltern zurückkehrt. Es kommt mir vor wie ein schlechter Witz. Ich hätte eigentlich einen 28 jährigem Bruder... Ich hätte einen Bruder. Eine Milliarde Gedanken schießen mir durch den Kopf, mein Mund ist bereit alles das Chaos, das in mir herrscht jetzt wiederzugeben, doch ich sage nichts. Mamas Anblick schmerzt so sehr, dass ich nicht diejenige sein will, die ihr mehr Messerstiche verpasst. Ich möchte sie nicht verurteilen, weil ich keine Ahnung habe was damals passiert ist.

In letzter Zeit sehe ich meine Mutter in einem ganz anderem Licht. Die Löwin in ihr war schon lange nicht mehr da, sie ist gefallen, sehr tief gefallen. Ich möchte Sie auffangen, sie stützen, ihr Mut und Kraft geben aber ich bin selbst zu schwach, sie wieder aufzufangen. Das einzige was ich tun kann, ist sie einfach zu umarmen.

Nachdem wir eine Ewigkeit einfach stumm da sitzen und uns in den Armen liegen, halte ich es plötzlich in dieser Wohnung kaum noch aus. Die Wände scheinen aufeinander zu zu gehen und mich erdrücken zu wollen. Bevor ich jetzt noch Gespenster sehe beschließe ich spazieren zu gehen.

Shpresa vdes e fundit- Die Hoffnung stirbt zuletztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt