Sie lebt

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Nala taumelte an die Wand hinter sich. Ihre Stimme war viel zu hoch und sie umarmte sich selbst, als würde ihr etwas wehtun.

"Du hast sie gesehen? Meine Mutter?"

Sabrina erhob ihre Hände, doch machte sie keine Anstalten, näher zu kommen.

"Es tut mir leid, dass du es so erfahren musst. Ich hätte es dir gerne schonender beigebracht, aber wir haben nicht viel Zeit. Ich habe mich umgesehen und die Bibliothek besucht, da stand ich ihr plötzlich gegenüber. Sie hätte mich vielleicht übersehen, doch mir ist dein Name rausgerutscht, weil ich im ersten Moment dachte, du wärst es. Erst dann sah ich die herrschaftlichen Gewänder. Sie hat mich sofort gepackt und in ein Zimmer geschleift."

"Meine Mutter ist hier ... sie lebt ... das ist ... ich muss zu ihr." Nala stieß sich von der Wand ab und wollte aus der Höhle laufen, doch Sabrina hielt sie auf. 

"Bitte Nala, warte hier. Sie kommt hierher, sobald sie es einrichten kann. Von ihr hab ich den Weg zu dieser Höhle. Der Daiko darf dich nicht finden."

"Wie kann ich hier rumstehen und warten? Sabrina! Meine Mutter, sie lebt! "

"Schttt, leise. Ich weiß, dass es dir schwerfallen muss, aber sie hat ausdrücklich gesagt, dass wir hier warten sollen. Bitte, Nala."

Die junge Frau war hin und her gerissen. Sie wollte so gerne ihre Mutter wiedersehen. Wie sehr hatte sie sich das als Kind gewünscht. Das alles nur ein schlechter Traum gewesen war und ihre Mutter einfach durch die Tür kam, um sie wieder abzuholen. Als Teenager war diese Hoffnung leiser geworden, doch der Wunsch kam nun mit aller Macht zurück. 

"Ich will das alles hier nicht, Sabrina. Ich will einfach meine Mutter zurück."

Die Tränen kamen und Nala konnte sie nicht aufhalten. All die ungeweinten Tränen brachen sich bahn und schüttelten die junge Frau heftig. Ihre Beine begannen zu zittern, dass sie sich einfach auf den Boden setzte und ihre Arme um die angezogenen Beine schlang. Sie spürte, wie eine große Hand ihr den Rücken streichtelte und hörte Marlons tiefe Stimme, die tröstende Worte zu ihr sprachen, doch unter dem Schluchzen vernahm sie nur den Klang. 

Nach einer gefühlten Ewigkeit versiegten die Tränen langsam und Nalas Gedanken klärten sich. Ihre Mutter war hier, das war mehr, als sie all die Jahre zu glauben gehofft hatte. Gerade als sie sich die nassen Wangen abtrocknete und erhob, erklangen Schritte.

DrowningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt