Epilog

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Nala stand am Strand und starrte aufs Meer hinaus. Überall um sie herum waren Menschen, die mit ihr aus dem Wasser entstiegen waren. Marlon und Sabine waren ebenfalls unter ihnen, weswegen die junge Frau erleichtert war. Doch Martha war nicht dabei. Sie war, mit dem Daiko und vielen anderen, dem Wasser treu geblieben und Nala spürte die Frau wie ein entferntes Echo in ihrem Verstand. 

Warum hatte sie das getan? Warum war sie lieber Fisch als Mensch geworden? Warum hatte sie sich dem Daiko angeschlossen? Sie war keine Verräterin, dessen war sich die junge Frau sicher und das Unbehagen, dass der Daiko ungeschlagen war, war geblieben. Sicher, diejenigen, die sich für das Meer entschieden hatten, waren zu Fischen geworden, doch Nala war sich sicher, dass der Geist der gleiche geblieben war. Das zeigten die Nachrichten, die von ausbleibenden Fischfängen und versunkenen Frachtschiffen sprachen. Es war noch nicht vorbei, doch die Menschen an Land hatten andere Probleme.

Zusammen mit Nala und ihren Freunden waren viele tausende Menschen an einem Strand in Afrika angespült worden. Einige seit Jahren oder Jahrzehnten vermisst oder bereits für tot befunden. Doch viele mehr gab es in keinem System und das Land verschreckte sie. Nicht wenige hatten sich in die Fluten gestürzt und waren ertrunken, weil sie kein Wasser mehr atmen konnten. Warum sie Menschen wurden? Das wusste Nala nicht. Sie konnte nur vermuten, dass diese Menschen in der Linie zum Herz der Ozeane standen, aber sicher war sie sich nicht.

Das Rote Kreuz und THW hatten kurzerhand an dem Strand ein Zeltlager aufgebaut und die Menschen betreut. Was sich als schwierig gestaltete, da die meisten keine der anwesenden Übersetzer verstanden. Nala war eingesprungen, als es fast zu blutigen Aufständen gekommen war, denn sie verstand die Mutane weiterhin, genauso wie Marlon und Sabine, doch es wäre ihr lieber gewesen, keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. So blieben ihr nur wenige Momente bei Sonnenauf- und untergang, in denen sie aufs Meer blickte und versuchte, die vielen Informationen zu filtern, die das Herz ihr gegeben hatte.

"Nala? Sabine? Seid ihr es wirklich?"

Nala drehte sich zu der Stimme um, die sie vor einem Leben das letzte Mal gehört hatte. Maria und Marc standen in einigem Abstand zu ihnen, doch ein warmes Gefühl breitete sich aus.

"Oh mein Gott, du bist es. Du bist es wirklich."

Die Stimme war nun tränenerstickt und als Maria sich in Bewegung setzte, rannte ihre Nala entgegen. Sie versank in der Umarmung ihrer Zieheltern und für einen Moment glitten alle anderen Sorgen in den Hintergrund. Die Dinge waren so, wie sie waren. Alles andere würde sich mit der Zeit weisen.


ENDE

DrowningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt