23 - Lily

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Die ganze Nacht hatte ich wie ein kleines Kind geheult.

Meine Karriere war vorbei. Mein Leben war vorbei und das allerschlimmste an der Sache war, dass ich dem falschen Menschen vertraut hatte.

Deshalb wollte ich mich nie wieder verlieben. Genau aus diesem Grund. Weil jeder Mann am Ende dein Herz bricht.

Der nächste Morgen war genauso schlimm. Wenn nicht sogar noch schlimmer. Wenn ich aus dem Fenster starrte, konnte ich kaum etwas sehen. Alles war voll mit Menschen.

Heute würde auch das Spiel stattfinden. Alles war ausgebucht und niemand wollte es verpassen. Mit einer Ausnahme. Ich. Ich hatte mich darauf gefreut, dieses Fußballspiel zu sehen. Ich wollte sehen, wie Ethan spielte und seiner Leidenschaft nachging. Doch das konnte ich unmöglich.

Ich zog mich um, machte mich fertig und musste zu Fuß ins Krankenhaus laufen. Kein Taxi war frei. Vor dem Büro von Daniel, klopfte ich an.

"Ja?"

"Hi, Dany."

Sein Blick war wütend und er stöberte in seinen Berg von Unterlagen herum.

"Ich habe gerade keine Zeit, Lily."

"Daniel, ich muss dir was sagen."

"Ich weiß Bescheid. Ich bin gerade auf der Suche nach etwas. Lily? Ich werde dich da rausholen, das verspreche ich dir. Gib mir etwas Zeit. Bis dahin..."

"Soll ich nicht mehr arbeiten. Ich verstehe. Aber ich kann doch trotzdem mit ihnen Zeit verbringen, oder?"

"Natürlich, Lily."

...

Als ich den Gemeinschaftsraum ging, war ich über den Anblick schockiert. Jedes der Kinder trug ein blau, rotes Trikot mit ihren Namen hinten darauf.

"Tante Lily, schau mal!", rannte Sam auf mich zu.

Er hatte die Zahl 12 und sein Name Sam war darüber zu lesen.

"Woher habt ihr die?", erkundigte ich mich neugierig.

"Ethan hat uns allen ein Trikot mit unseren Namen besorgt."

"Allen?", fragte ich gerührt.

"Ja, auch eines für dich. Aber es hat wohl keine mehr gegeben. Also hat er wohl eines von seinen genommen."

"Wie meinst du das?"

Er rannte zu einem Schrank und zog ein weiteres Trikot heraus, welches dieselben Farben hatte, wie das der Kinder.

"Siehst du?", fragte er und reichte mir das Shirt.

"Da steht dein Name nicht drauf, aber Parker und auch seine Nummer. Die 10."

Ich schmunzelte. Ich wusste, weshalb mein Name nicht drauf stand.

"Zieh das an, wir müssten bald los. Ich will Ethan noch sehen, bevor das Spiel anfängt."

"Sam, Kleiner. Ich werde nicht zum Spiel gehen."

Seine Augen wurden groß und er blickte mich traurig an.

"Was? Wieso? Ist es weil Ethan kein Trikot mit deinem Namen hat?"

Ich lächelte leicht.

"Nein, aber ich habe etwas wichtiges zu erledigen."

"Ethan wird sehr traurig darüber sein. Er hat so viel für uns gemacht. Er hätte sich sicher über deine Anwesenheit gefreut."

Ich seufzte und das schlechte Gewissen plagte mich. Ethan hatte für die Stadt so viel getan, da hatte Sam Recht. Könnte ich dann wenigstens zu einem Spiel gehen?

Er hatte mich verraten, aber war ich ihm das trotzdem nicht schuldig?

...

"Noch 15 Minuten bis zur Halbzeit und es sieht nicht gut aus. Frankreich führt mit 2 Toren. Unser Star Fußballer Parker scheint nicht in Form zu sein!", dröhnte es aus dem Fernseher.

Das schlechte Gewissen plagte mich. Sie verloren. War das meine Schuld?

"Ich kann nicht fassen, dass du nicht hingegangen bist. Du hattest einen Sonderplatz in der ersten Reihe!", sagte Candice.

Ich saß bei ihr am Empfang. Ich durfte ja nicht arbeiten und sie hatte nichts zu tun, da sich fast alle Kinder das Spiel ansahen.

"Ich...ach Candice. Er hat mit mir gespielt. Ich hätte es wissen müssen!", sagte ich und beobachtete Ethan durch den Bildschirm.

"Warte...empfindest du wirklich etwas für ihn? Du bist nicht hinter seinem Namen her?"

Perplex starrte ich nun Candice an.

"Was? Nein, ich...er ist was besonderes. Ich dachte, dass er mich mag. Allein schon, dass er damals gegangen ist ohne sich zu verabschieden oder bei mir zu melden, hätte mir zeigen müssen, dass ich ihm gar nichts bedeute."

"Oh Lily. Es tut mir leid. Ich wusste das nicht. Ich dachte, du..."

Sie kramte in ihrer Schublade herum und reichte mir einen Zettel. Als ich ihn mir durchlas, wurde ich wütend.

"Du...du wusstest, dass er sich verabschiedet hatte und hast mir nichts erzählt?"

"Er hat auch jeden Tag mindestens 2x im Krankenhaus angerufen."

"Oh mein Gott. Er hat die ganze Zeit die Wahrheit gesagt und ich..."

Ich stand vom Stuhl auf und wurde hysterisch: "Wie konntest du mir das antun? Ich dachte, wir wären Freunde."

"Ich wollte nicht, dass du ihn gern hast. Am Ende wird er weg sein und dann sitzt du mit gebrochenem Herzen da."

"Dafür ist es zu spät."

Ich schnappte meine Tasche und überlegte, wie ich am schnellsten zum Stadion kam. Die erste Halbzeit hatte ich verpasst. Meinetwegen würden sie verlieren.

Verschiedene Welten (Ethan & Lily)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt