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Immernoch hasserfüllt sieht sie mich an, während ich meinen Blick abwende und schweigend Niall weiterhelfe.

Was hat sie für ein Problem? Sie kennt mich doch gar nicht!

Aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie Louis einen Arm um ihre Schultern legt und sie mit sich zieht. Aus irgendeinem Grund werde ich wütend. Sie scheinen sich sehr nahe zu stehen. Ich sehe noch einmal nach hinten, nur um zu sehen, wie die Rothaarige über ihre Schulter blickt und mich mit ihren Blicken förmlich aufspießt.

"Mit ihr würde ich mich nicht anlegen."

Niall scheint unser Blickduell nicht entgangen zu sein. Er wirft mir einen Blick von der Seite zu, bevor er sich wieder einem Haufen Jeans widmet.

"Wer hat gesagt, dass ich mich mit ihr anlegen will..", grummele ich leise, was er aber gehört hat, da er schmunzelt.

"Niall! Liv!"

Emily und Cole kommen angerannt und bleiben genau vor uns stehen.

"Müsst ihr nicht im Unterricht sein?"

"Der Unterricht ist schon beendet, da Zayn schlafen muss."

Cole kramt in einen der Kisten herum.

"Lass das!"

Während Niall sich aufgeregt, fangen beide an zu kichern, was mich lächeln lässt.

"Ich brauche ein neues Kleid, Niall. Meins ist schon voll mit Löchern und zerrissen!"

Emily sieht Niall mit großen Augen an, der aber bestimmt den Kopf schüttelt.

"Du kannst froh sein, eins zu haben."

Emily zieht eine Schnute und Cole sieht Niall böse an, der nur seine Augen verdreht. Sie tut mir Leid. Ihr Kleid sieht echt mitgenommen aus und ich meine wirklich, jedes Mädchen wünscht sich neue Kleider. Ich greife nach einem rosanen Kleid in der Kiste und werfe es ihr zu. Die Größe müsste passen.

"Ouu, danke Liv!"

Sie umarmt das Kleid und schnappt sich dann Cole's Hand, um wahrscheinlich das Kleid anzuziehen. Erst jetzt bemerke ich Niall's fassungsloses Gesicht neben mir und ich weiß, dass das nichts gutes heißt.

"Was tust du denn?! Es gibt noch andere da drinnen, die die Kleider mehr als Emily benötigen! Sie muss sich zufrieden geben!"

Er zeigt hinter sich, in die Richtung der Zelte, während ich, wie jedesmal, nur meine Augen verdrehe.

"Das ist bestimmt wahr, aber sie ist noch ein Kind und will natürlich etwas verwöhnt werden! Sie soll ihre Kindheit, diesen Umständen entsprechend, genießen. Später ist es zu spät."

"Sie kann keine normale Kindheit leben und hat auch nicht das Geld, sich verwöhnen zu lassen. So wie du", gibt er sarkastisch von sich und für einen Moment bin ich still und schaue auf das blau-weiß gestreifte Kleid vor mir.

Meine eigende Kindheit spielt sich, wie ein Film vor meinen Augen ab. Ich hatte alles, was ich wollte. Jeder Wunsch wurde mir von den Augen abgelesen. Doch ich war nie ganz glücklich. Etwas fehlte.
Meine Mutter.

Diesen Kindern fehlt viel. Nicht nur ihre Mütter. Sie haben hier ihre eigene Familie und sind trotzdem glücklich. Ich beneide sie dafür, dass sie so stark sind.

Niall holt mich aus den Gedanken, indem er mir einen Karton in die Hand drückt. Er hebt selbst einen auf und ich folge ihm wieder zurück, zu einem kleinen Raum, neben dem Gartentor. Man sieht einen verrosteten, alten Herd und Ofen. Auch einen kleinen Kühlschrank kann ich erkennen. Doch es ist für eine Küche sehr dreckig und alt. Kaum zu glauben, dass man die überhaupt nutzen kann.

Awaked || l.t ( ON HOLD )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt