Der Abend, der alles veränderte (nur ohne Disney)

112 5 0
                                    

Als ich jung war, dachte ich, dass der einzige Weg, um beliebt zu sein, war, wie die anderen zu sein. Dieselben Sachen zu tragen, dieselben Hobbys zu haben und dieselben Menschen zu mögen. Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem ich anfing einen stillen Jungen zu meiden, nur weil die anderen ihn als "uncool" bezeichnet hatten. Ich streckte ihm sogar teilweise die Zunge raus, wenn er mich ansah. Viele lächelten mich dafür an. Was sie nicht wussten, war, dass ich ihn eigentlich sehr lustig fand. Zu spät fand ich heraus, dass es immer besser war, man selbst zu sein. Denn nur das machte einen interessant.

Ich deckte gerade meine Schwester zu, als jemand klopfte. Ich sah auf. Wer zur Hölle war das denn jetzt? Ich hatte doch gar keinen, der jetzt kommen würde. Mein komisches Gefühl ignorierend trat ich zur Haustür und öffnete sie vorsichtig.

Ich hatte schon früh gelernt, niemandem in dieser Welt zu trauen. Besonders keinen lächelnden Fremden. Auch nicht, wenn sie Freunde waren.

Doch vor der Tür stand keiner. Ausschließlich der leuchtende Mond sah mir entgegen. Eine Windbrise verflog sich in meine Haare und ich versuchte sie mir aus dem Gesicht zu pusten. Was mir (Spoileralarm) nicht gelang. Jedenfalls nicht so, wie ich es wollte, denn jetzt lagen sie direkt vor meiner Sicht. Ich verdrehte meine Augen. Plötzlich kitzelte etwas an meinen Füßen. Es war ein Stück Papier. Ich blickte herunter und bemerkte einen Brief, den der Wind wahrscheinlich hineingeblasen hatte.

Die Tür schließend beugte ich mich hinunter und hob ihn auf. Er war an mich adressiert. Das war komisch. Ein plötzlicher Gedanke ließ mich gefrieren. ,,Was ist, wenn ihn mein Vater geschrieben hatte?" Erstarrt fing ich an zu zittern. Nein, es war alles gut. Ganz sicher. Ich schüttelte mich und öffnete ihn ganz langsam. Ein erleichtertes Seufzen entfuhr mir. Es war nicht seine Schrift. Ich begann zu lesen.

"Liebe Amaya,
wenn Sie diesen Brief lesen, heißt das wahrscheinlich, dass wir nicht mehr da sind. Wir können ihnen nichts sagen, außer, dass es uns leid tut. Bitte verzeih uns.
-The Secret Tour"

Was? Ich hätte gerne mehr dazu gesagt, aber mehr fiel mir nicht ein. Warum entschuldigten sie sich bei mir? Wer waren sie? Und warum zum Teufel habe ich diesen Brief bekommen?

Ich zuckte mit den Schultern und legte ihn auf unsere Kommode, die neben der Tür stand. Ich musste ihn nicht verstecken. Meine Mutter könnte genausowenig damit angefangen wie ich.

Ich ging ins Badezimmer, duschte schnell und machte mich bettfertig. Flink hüpfte ich in mein oversized T-Shirt und legte mich hin.

Wahrscheinlich war der Brief nur ein Fehler gewesen. Ich beschloss nicht länger darüber nachzudenken und schloss meine Augen. Morgen würde die letzte Woche der Ferien beginnen. Danach würde ich auf meine neue Schule gehen. Bei diesem Gedanken spürte ich Aufregung in meinem Bauch. Dieses Mal würde alles besser werden. Ich hatte mir schon einen Plan gemacht, wie ich die Zeit takten konnte -was nicht leicht gewesen war. Ich atmete tief ein und schlief circa eine Stunde später endlich ein.

Erschrocken fuhr ich hoch. Was war das? Ich sah mich um, noch immer erstarrt. Da war etwas. Ich hatte es gehört. Und es klang nicht gerade friedlich.
Mein Zimmer war leer und auch draußen am Fenster war nichts. Ich beruhigte mich langsam. Vielleicht hatte ich mich doch geirrt.

Einmal tief einatmen später, hörte ich es erneut. Diesmal dichter. Lauter. Und gefährlicher. In meinem Zimmer war immer noch nichts.

Plötzlich prallte etwas schweres gegen mein Fenster. ,,Fuck!", dachte ich und sprang auf, um mich hinter meinem Bett zu verstecken, was sich leider als ziemlich schmal herausstellte. ,,Doppel fuck."

Ich lugte über meine Bettkante und erstarrte. Geschockt stand ich dort und bewegte mich keinen Millimeter. Atmete nicht. Blinzelte nicht. Vor meinem Fenster war etwas. Und zwar nicht nur etwas.
Es war ein riesiger schwarzer Drache.

Fly FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt