Mein Entführer ist ein eingebildeter Holzklotz

72 3 1
                                    

Träge öffnete ich meine Augen. Wie spät war es? Welcher Tag war es? Ich sah zur Seite und blickte auf meinen Wecker. Scheiße! Ich musste Jana wecken! Es war schon viel zu spät.

Schnell zog ich mich an und rannte zur Tür. Ich riss sie auf und rief laut: ,,Jana! Aufstehen! Es ist schon viel zu spät!"

Plötzlich hörte ich eine tiefe Stimme und ich erstarrte. Etwas war falsch. Ich schüttelte meinen Kopf und sah mich um. Das war nicht mein Zimmer. Das war nicht einmal mein Haus. Ich ging ein paar Schritte zurück. Was machte ich jetzt?Verdammt.

Ein junger Mann erschien plötzlich vor meiner Tür und lehnte sich an den Türrahmen. Er hatte schwarze Haare und -verdammt noch mal- schwarze Augen. Gab es irgendetwas an diesem Typen, dass nicht gerade "Vertrau mir nicht, ich bin toxisch" schrie?

,,Na? Schon wach, wie es scheint."

Anscheinend nicht. ,,Wo-?" ,,Wo du bist? Ganz einfach." Er lehnte sich ein Stück dichter zu mir und ich ging einen weiteren Schritt zurück. ,,Du bist sicher."

,,Ich wollte fragen, wo meine Schwester ist", fauchte ich ihn an. Er blickte mich unverweg an, doch ich hatte die Überraschung, die in seinen Augen aufgeblitzt war, gesehen.

,,Dort, wo sie sein soll." Ich biss meine Zähne aufeinander. ,,Deine Antworten sind ja sehr hilfreich." Er grinste. ,,Immer." Ich verdrehte die Augen.

,,Bist du jetzt fertig, dich wie ein Arschloch zu benehmen und mir helfen hier rauszukommen?", fragte ich. ,,Das würde ich gerne tun, glaub mir, aber leider -für uns beide- soll ich dich unterrichten."

Ich stockte. Was? ,,Unterrichten? Du? In was?" ,,Du stellst eine Menge Fragen." ,,Und du bist ein verdammter eingebildeter Holzklotz." Sein Gesichtszug veränderte sich nicht. Wie erwartet. Der Typ war kalt wie ein Stein. ,,Das ist neu. Gefällt mir", meinte er lächelnd.

,,Eingebildeter Holzklotz? Komisch. Es passt perfekt", erwiderte ich ebenfalls lächelnd.

Hinter ihm konnte ich Licht erkennen. Das war meine Chance. Ich schlug ihm hastig in den Bauch und rannte an ihm vorbei. Nur um nach wenigen Sekunden in der Luft stecken zu bleiben.

,,Was zur- Ugh! Holzklotz! Lass mich runter, verdammt!" ,,Ich halte dich nicht in der Luft." Ich hörte sein grinsen aus seinen Worten und wurde wütend. ,,Lass. Mich. Los." Er ließ mich los und ich drehte mich zu ihm. Ich gab ihm eine Ohrfeige und wandte meinen Kopf ab.

Ein plötzlicher Schmerz ließ mich aufschauen. ,,Man schlägt keine Frauen." Er sah mich an. ,,Gut, dass du keine bist, junge Lady." Junge- Oh nein! So nannte er mich sicher nicht. ,,Bleib weg von mir, Holzklotz." ,,Hör mir zu und ich bin weg", murmelte er genervt. ,,Fass dich kurz", sagte ich.

,,Olivio hat es dir sicher erklärt, oder? Das mit dem, dass du nicht nur so überlebt hast." Ich nickte stumpf. Wege er fing jetzt ebenfalls mit diesem Schwachsinn an. ,,Nun, er hat Recht. Keiner von uns weiß, was dein Zweck ist, aber-"

,,Wer ist wir?", unterbrach ich ihn. Er warf mir einen wütenden Blick zu. ,,Wir sind Secret Tour." Ich versuchte meine Überraschung zu unterdrücken. Wusste er von dem Brief? ,,Welchem Brief?"

,,Was zur- Hast du gerade meine Gedanken gelesen?" Er verdrehte die Augen. ,,Nein, weißt du, ich habe nur so getan. Sag jetzt." ,,Ich sage dir gar nichts", fauchte ich ihn an. ,,Dann sage ich dir nicht, woher ich deine Gedanken kenne", meinte er grinsend.

Ich lächelte. ,,Pech", dachte ich, ,,aber ich kenne deins schon. Nicht wahr, Reiter von Fulian?" Er erstarrte für eine Millisekunde, bevor er sich wieder fing. ,,Ich bin nicht dumm. Ich kenne deinen Namen." ,,Aber nicht meine Geschichte", murmelte er unverständlich. ,,Was war das?", hakte ich nach. ,,Du kennst meinen Namen, aber nicht meine Geschichte. Du weißt nicht wer ich bin und das wirst du auch niemals!" Bei seinen letzten Worten wurde er lauter.

,,Ich habe nie behauptet dich zu kennen. Deine Geschichte fällt nicht auf in den Büchern, Holzklotz. Du bist langweilig", schnaubte ich. Ich log, aber auch nur halb. Seine Geschichte war für alle langweilig, außer mir. Ich hatte sie gelesen und mir jedes Detail gemerkt. Denn er war anders. Genau wie ich. Und dennoch war er anders.

Er war ein eingebildetes Arschloch!

,,Bist du dann mal fertig mich zu verfluchen?", fragte er ungeduldig. ,,Ich habe auch noch andere Dinge zu tun." ,,Wie zum Beispiel deine Mutter suchen?" Autsch. Am liebsten hätte ich es sofort zurückgenommen, da es selbst mir wehtat, doch jetzt war es zu spät.

Sein Blick wurde starr. Leer. Abrupt drehte er sich um und ging weg. ,,Ich kenne deine Geschichte, aber du meine nicht!", dachte ich etwas lauter, wenn das ging, damit er es hörte. Wenn er es gehört hatte, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.

,,Es tut mir leid", flüsterte ich. Sofort verfluchte ich mich. Ich sollte mich nicht entschuldigen. Das war er nicht wert.

Ich sah mich um. Vor meinem Zimmer befand sich eine groß Halle. Ich ging dichter. Überall waren Waffen aufgestellt, die im Sonnenlicht, das durch riesige Fenster reinkam, golden und weiß glitzerten. Ansonsten waren die Wände sehr hell gehalten.

Plötzlich kam mir ein Gedanken und ich griff nach meinem Handy. Da war es! Schnell zog ich es heraus und rief bei mir zuhause an. ,,Bitte, bitte, bitte, Jana..." Verzweifelt wartete ich. Das Piepen verstummte. Ich wollte gerade erleichtert ausatmen, als die Stimme meiner Mutter ertönte.

,,Amaya! Endlich meldest du dich! Wenn du nicht bald deinen faulen Arsch hierher bewegst, weißt du, was das heißt!"

Ich erstarrte. Nein. Nein, bitte nicht. ,,Madam, bitte, es ist gerade echt schlecht-" ,,Wieso?" unterbrach sie mich wütend. ,,Bist du irgendwo betrunken in Hawaii, oder was? Schwing. Deinen. Scheiß. Arsch. Hierher." Ich hatte noch nie getrunken. Anders als meine Mutter. Bereits durchs Handy konnte ich den bitteren Geruch von Alkohol riechen. Ich zog die Nase kraus. ,,Bitte! Ich schwöre, ich bin bald zurück!" ,,Du hast bis Mitternacht. Keine. Sekunde. Später. Hörst du?" Erschrocken hielt ich mein Handy weiter von mir weg. ,,Versanden, Madame." Sie legte auf.

Ich schluckte und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Karma hatte ich jetzt auf jeden Fall bekommen. Ich musste los. Dringend.

Ich rannte in mein Zimmer und nahm wie immer meinen Dolch in die Hand. Ich wusste zwar nicht, warum ich ihn noch hatte, aber ich war dankbar dafür. Ohne eine Waffe ging ich nirgendwo hin. Ich rannte weg und suchte einen Weg aus dem gefühlten endlosen Gebäude.

Es dauerte circa eine halbe Stunde, bis ich endlich den Ausgang gefunden hatte. Draußen stand der schwarze Drache. Na das hatte mir gerade noch gefehlt. Wie hieß er noch einmal? Oh richtig.

,,Hey, Oblivio! Ich müsste mal wohin. Sehr schnell. So schnell wie möglich." Er blickte auf. Er sah aus, als wäre er bereit mich zu töten. Doch ich wusste jetzt, dass er zu Secret Tour gehörte, und die mich brauchten. Er durfte mich nicht umbringen.

,,Steig auf." So einfach? Ich beschloss es nicht zu hinterfragen und kletterte mühselig auf seinen riesigen Rücken.

,,Wann müssen wir da sein?" Ich sah auf die Uhr. Es war zum Glück noch nicht so spät. Noch war es möglich. ,,In spätestens 7 Stunden." Er nickte -glaube ich. Wie nicken Drachen? Und nicken sie überhaupt?

,,Wohin?" Ich schluckte. Es war die einzige Möglichkeit. ,,Zu meiner Schwester." ,,Das geht nicht." Scheiße. ,,Bitte! Ich verspreche auch wieder mit dir hierher zu fliegen! Aber bitte!", bettelte ich. Was ein niedriger Punkt meines Lebens. Zum Glück war das Lebewesen, das ich anflehte, ein majestätischer Drache.

,,Erstens: Ich bin nicht dein Diener", knurrte er, ,,zweitens: Ich vertraue dir nicht." ,,Bitte! Ich muss dorthin!" Die Zeit lief mir davon. Er blieb stumm.

Letzter Plan. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Als ich wieder ausatmetete, öffnete ich sie wieder.

,,Ich muss meine Schwester retten."

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 27, 2023 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Fly FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt