Kapitel 16: Die Kunst der Jagd

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Die warme Mittagssonne strahlte auf die Waldlichtung herab, als Yonji und Toshi sich niederließen. Es war still, bis auf das gelegentliche Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Blätter im Wind. Toshi hatte Yonji mehrfach zur Ruhe ermahnt, jedes Mal, wenn dieser ansetzte, eine Frage zu stellen oder einen Kommentar abzugeben.

Etwa eine Stunde verging, und Yonji begann, sich zu fragen, warum sie überhaupt hier waren. Da plötzlich, wie aus dem Nichts, traten eine Gruppe von Rehen und Hirschen auf die Lichtung. Sie schienen völlig unbeeindruckt von den beiden Männern und begannen, friedlich zu grasen.

Toshi beugte sich zu Yonji hinüber und flüsterte ihm ins Ohr: "Wenn ich dir ein Zeichen gebe, wirf ein paar kleine Steine in ihre Richtung." Yonji nickte, obwohl er nicht wirklich verstand, warum. Er bemerkte, dass sie keine Bögen, Pfeile oder sogar Schwerter bei sich hatten, nur die kleinen Jagdmesser, von denen er das kleinere erhalten hatte. Wie sollten sie mit solch bescheidenen Waffen jagen?

Während Yonji noch überlegte, bemerkte er, wie Toshi leise zur anderen Seite der Lichtung schlich und sich hinter einem Busch versteckte. Nach einer Weile gab Toshi das abgesprochene Zeichen.

Ohne zu zögern, warf Yonji schnell drei Steine in Richtung der Tiere. Panisch stoben diese auseinander, und genau wie Toshi es geplant hatte, rannten sie direkt auf sein Versteck zu. Gerade als die Tiere fast am Busch vorbeigelaufen wären, sprang Toshi hervor. Mit blitzschnellen Bewegungen und zwei präzisen Stichen erlegte er einen Hirsch und ein junges Reh. 

Yonji war beeindruckt von Toshis Geschicklichkeit, aber auch schockiert über die plötzliche Wendung der Ereignisse. Als er sich langsam wieder fing, trat er auf Toshi zu, der die Messer säuberte. "Das war... unglaublich", murmelte Yonji, während er versuchte, seine Gefühle in den Griff zu bekommen.

Toshi nickte, blickte auf seine Beute und sagte: "Es ist die Natur des Lebens. Wir jagen, um zu überleben. Es ist wichtig, dies mit Respekt und Dankbarkeit zu tun."

Toshi blickte Yonji mit einem humorvollen Grinsen an. "Ich hoffe, du hast noch genug Kraft für den Heimweg. Der wird anstrengender als der Weg hierher."

Yonji, immer noch sichtlich beeindruckt von Toshis Geschicklichkeit, räusperte sich und versuchte, seine Fassung wiederzuerlangen. "Keine Sorge", erwiderte er schmunzelnd. "Ich bin durch ganz Japan gelaufen und habe den ganzen Tag rumgetobt. Ich bin kräftiger, als ich aussehe." Um seine Worte zu unterstreichen, ballte er die Faust und schüttelte sie energisch.

Toshi lachte leise. "Das freut mich zu hören. Dann lass mich mal die Tiere transportfertig machen."

Während Toshi beschäftigt war, schweifte Yonjis Blick ab. Einige Meter entfernt, glänzte etwas im Sonnenlicht. Bei näherem Hinsehen erkannte er eine etwa ein Meter lange Schlange, die sich langsam durch das Gras schlängelte. Ein Gedanke durchzuckte ihn: Könnte er sein Jagdmesser mit genügend Präzision werfen, um die Schlange zu treffen? Ohne lange nachzudenken, holte er aus und warf das Messer.

Zum Erstaunen beider Jungs, bohrte sich das Messer direkt in den Kopf der Schlange und pinnte sie am Boden fest. Toshi zuckte überrascht zusammen. "Was zum...?!"

Yonji deutete stolz auf die erlegte Schlange. "Da drüben. Hab' mir gedacht, ich versuche mein Glück."

Toshi drehte sich zu Yonji um und zog anerkennend eine Augenbraue hoch. "Nicht schlecht, Junge. Du hast offensichtlich mehr drauf, als nur durch Städte zu rennen."

Blood Tears Vol.1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt