Prolog

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⋇⊶⊰❣⊱⊷⋇ ⋇⊶⊰❣⊱⊷⋇ 

Allmählich färbte sich der Himmel rot. Die dunkle Nacht wich dem schwachen Schein der Morgenröte. Die Röte verdichtete sich, breitete sich aus und begann, sich wabernd voranzuschlängeln. Wie züngelnde Schlangen glitten einzelne rote Schlieren zwischen Bäumen und Häusern hindurch und drangen in alles ein, was sich um diese frühe Stunde draußen bewegte. 

Diese Zeit, zwischen Nacht und Tagesanbruch, war die Zeit der dunklen Mächte. Niemand wagte sich zu der Zeit hinaus. Denn nur Zauberkundige konnten es mit den roten Nebeln aufnehmen. Alle anderen wurden von den giftigen Schwaden umhüllt und das Leben aufgezehrt. Bis man als leblose Hülle zurückblieb und selbst diese verschwand, noch ehe die gelben Sonnenstrahlen den neuen Tag beginnen ließen. 

Es war die Zeit der Angst. 

Es war die Zeit, in der sich nur Unholde, grauenhafte Gestalten herumzutreiben wagten, die noch bösartiger und gefährlicher waren als der rote Nebel. Für sie musste jeden Abend eine Gabe vor die Dörfer gelegt werden. Wer keine Gabe mehr hatte oder sie vergaß, dessen Dorf wurde heimgesucht, und niemand konnte sich mehr an die Unglückseligen erinnern. Nur die Zahl der Schreckgestalten wuchs beharrlich. Und mit ihnen die Macht der Dunkelheit. Denn immer, wenn ein unschuldiges Leben getötet wurde, tropfte die Essenz in das Zepter des grausamsten Zauberers, den die Welt je gesehen hatte, und verstärkte seine zerstörerische Kraft. Das schwarze Zepter mit der roten, wabernden Kugel sog die Reinheit gierig in sich auf. 

Das war die Zeit, als die Welt der roten Dunkelheit erlag. Die Felder verdorrten, die Dörfer erloschen und nur noch der Hass und die Vernichtung herrschten. Das Wehgeschrei perlte voran und trieb den umliegenden Völkern Schauder über den Rücken. 

Doch als der Zauberer anfing, sich ein prachtvolles Schloss zu bauen, um über seine Untertanen wie ein König zu herrschen, da erst erkannte er, dass er sein Land verbrannt hatte. Es gab für ihn, der noch immer ein Mensch mit menschlichen Bedürfnissen war, kein reines Wasser und keine Nahrung mehr. So marschierte er mit seinen Schreckgestalten durch das verwüstete Land zu den gesunden Nachbarländern. 

Aber dort hatte man das Elend gesehen und alle Zauberkundigen zusammengerufen, um dem bösen Herrscher Einhalt zu gebieten. Zwölf traten dem Einen entgegen. Sie lockten ihn in einen Bannkreis, den sie schlossen, kaum dass er hineingetreten war. Zwölf mal zwölf Gehilfen stellten sich hinter die Zwölf und schützten sie vor den Scheusalen, die ihrem Herrn und Meister zu Hilfe kommen wollten. 

Während im äußeren Kreis die Schlacht entbrannte, woben die Zwölf ihren mächtigen Zauber, um den Einen zu besiegen. Gelbe, grüne, blaue Funken stoben hoch in die Luft. Es knisterte und knackte und ein grelles Zischen wie von züngelndem Feuer erfüllte den Himmel. 

Der böse Zauberer, dessen Macht durch die vielen Seelen unvorstellbar groß war, hob sein Zepter hoch in die Luft, ließ rote Schlangenblitze auf die Zwölf niederprasseln. Einer nach dem anderen wurde in die Knie gezwungen. Und je stärker und machtvoller die roten Blitze um sich schossen, desto lauter wurde das Freudengebrüll der schwarzen Gestalten. Wild metzelten sie die Gehilfen nieder. Und jeder, der starb, gab ein Stück von sich, das gierig vom Zepter verschlungen wurde und die Macht verstärkte. Und jeder Tote erhob sich und wurde selbst zu einer Schreckensgestalt. Jede dunkle Kreatur, die scheinbar getötet wurde, stand nach kurzem wieder auf und der Boden um sie herum verdorrte zu schwarzem Ödland. So schien es, dass es keine Hoffnung gab. Dennoch ließen die Verteidiger nicht nach. 

Stunde um Stunde dauerte der Kampf an. 

Als der Erste der Zwölf fiel und sein gelbes Funkeln von einer roten Schlangenzunge aufgesaugt wurde, breitete sich Furcht aus. Nichts und niemand schien dem bösen Zauberkundigen widerstehen zu können. Er hatte die Macht und seine grauenhaften Schreckensgestalten wurden mehr und mehr und immerzu stärker. 

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