Kapitel 2
Rayn
Während wir um den antiken Eichentisch herumsaßen. Lennys Augen, dunkel und tief, trafen meine, als ich ihn fragte: Hat sie sich gewährt? Seine Stimme war ruhig, fast beruhigend, als er antwortete: Ja, alles ist erledigt. Seine Worte hingen in der Luft, eine sanfte Bestätigung unseres gemeinsamen Kampfes, unserer Anstrengungen und unserer Opfer. Aber Jayden, stur und furchtlos wie immer, warf uns eine Herausforderung zu. Wir hätten Aleks nicht so einfach gehen lassen dürfen. Seine Worte waren wie ein Dolch, der in die Stille stach, eine offene Rebellion gegen unser Vorgehen. Die Frage blieb in der Luft hängen: Hatten wir die richtige Entscheidung getroffen, indem wir sie mitgenommen hatten? Ein Verlangen erwachte in mir, ein unstillbarer Wunsch, sie um jeden Preis für uns zu beanspruchen. Ich bemerkte, wie auch Dean sie ansah. Sie ist heiß, bemerkte er mit einem Augenzwinkern. Wir brachen in Gelächter aus, die Spannung löste sich. In diesem Moment musste ich an meinen Vater denken, Luke Delon. Sein Blut fließt in meinen Adern. Er konnte an einem schicksalhaften Tag nicht am Familientreffen teilnehmen. Eine Explosion zerstörte das Familienrestaurant, ein Tag, der unser Leben für immer veränderte. Mein Vater, gezeichnet von der Tragödie, hatte die Kinder seiner Brüder aufgenommen, Lenny, Jayden und Dean. Wir waren nun nicht länger Cousins, sondern Brüder. Es war diese Tragödie, die uns formte, uns zu den Männern machte, die wir heute sind. Unser Vater lehrte uns, Frauen respektlos zu behandeln und uns wenig um die Gefühle anderer zu kümmern. Er betrog meine Mutter immer wieder und brachte ständig neue Frauen mit nach Hause. Meine Mutter musste all das mitansehen. Es war seine Art, uns auf die Härten des Lebens vorzubereiten. Aber wir hatten keine Wahl, ob wir in seinen Fußstapfen treten oder unseren eigenen Weg gehen wollten. Und diese Entscheidung würde uns definieren, weit mehr als unser gemeinsames Blut. Die Dunkelheit unserer Herzen wurde jeden Tag durch den Kampf mit der Erziehung, die uns aufgezwungen wurde, betont. Es war eine dunkle, unterdrückende Kraft, die uns dazu brachte, gegen unsere Natur zu handeln, gegen das, was wir als richtig empfanden. Jeden Tag war ein Kampf, ein Kampf, der uns an unsere Grenzen brachte. Jayden, brach die Stille, die uns umhüllte. Aber sie ist eine Kämpferin. Dass sie mit Wildfremden mit geht, nur, um ihre Familie zu beschützen, Respekt für sie. Seine Stimme war voller Bewunderung und ich konnte ein kaum wahrnehmbares Lächeln auf seinem Gesicht sehen. Ihr Gesicht, so schön, es hatte die Reinheit und Unschuld eines Engels. Eine Erkenntnis durchzog mich wie ein Blitz, sie sollte uns gehören. Doch Lenny, immer der Misstrauische, äußerte seine Bedenken. Sie wird uns in Schwierigkeiten bringen. Ich bin nicht der Einzige, der so denkt, oder? Ich konnte nur mit einem Seufzer antworten, Das werden wir sehen. Plötzlich wurden wir durch lauten Lärm aus dem Keller aus unseren Gedanken gerissen. Dean, schlug vor, Jemand sollte nachsehen. Ohne zu zögern, stürzten wir uns ins Dunkel des Kellers. Dort fand ich sie. Sie saß an der Wand, ihre Hände fest um ihre Ohren geschlossen, ein Bild des Elends. Ihre Augen waren geschlossen. Es wirkte, als wollte sie sich in einer eigenen Welt verstecken. Jayden kniete sich neben sie und flüsterte sanft: Hey, was ist passiert?. Sie reagierte nicht auf Jayden. Er hob ihr Kinn an und blickte in ihr Gesicht. Schau mich an, forderte er sie auf, aber sie blieb regungslos. Mit eindringlicher Stimme befahl er ihr, die Augen zu öffnen. Sie tat es. Ihre Augen waren voller Angst, doch ich sah auch einen Funken Hoffnung darin. Plötzlich sprang sie auf und umarmte Jayden fest, Bitte, lasst mich hier nicht allein, flehte sie ihn an. Jayden sah uns über die Schulter an. Ich nickte ihm zu. Wir brachten sie nach oben und setzten sie behutsam auf das Sofa. Sie saß da, starrte auf den Boden, ihre Augen weit und voller Angst. Dean stellte die Frage, die in der Luft hing, Könntest du uns aufklären, was vorgefallen ist? Sie schüttelte den Kopf. Ein wilder Ausdruck der Panik zeichnete sich in ihren Augen ab. Sie erwiderte mit einer Stimme, die vor Furcht bebte: Nein, ich kann einfach nicht allein dort sein. Ihre Angst war greifbar. Sie war ein offenes Buch, leicht zu lesen für jeden von uns. Dann wirst du uns sagen müssen, was dort unten geschehen ist, erwiderte er. Seine Stimme war weicher als Seide. Doch in seinen Worten lag die klare Bestimmtheit eines Befehls. Sie grübelte, kämpfte innerlich damit, was sie enthüllen sollte. Die Stille, die ihren Kampf umgab, war erdrückend, als warteten wir alle auf das Fallen eines unsichtbaren Hammers. Ich fürchte mich, allein im Keller zu sein. Ich habe einfach Angst, gestand sie schließlich, ihre Stimme getränkt in einer zermürbenden Stille. Sie wirkte verunsichert, entschied jedoch, weiterzureden. Die Furcht vor dem Keller sie verfolgt mich seit mehr als einem Jahrzehnt. Es hängt mit einer Vergewaltigung zusammen, die ich als 13-jähriges Mädchen erlitten habe. Während diese Worte ihre Lippen verließen, strömten Tränen ihre Wangen hinunter. Sie hielt die Augen geschlossen. Es war, als ob sie versuchte, die grausamen Bilder ihrer Vergangenheit zu verbannen. Sie wollte sie in den Abgrund ihres Bewusstseins schicken. Wir alle waren sprachlos. Ich hatte bereits vermutet, dass sie eine dunkle Vergangenheit hatte, aber es war dennoch schockierend, die Wahrheit zu hören. Es war nicht zu begreifen, dass sie als Kind eine solche schreckliche Erfahrung machen musste. Wut kochte in mir auf und ich presste die Zähne zusammen. Diese perversen Monster werden ihre gerechte Strafe bekommen. Bitte schickt mich nicht wieder nach unten, flehte sie uns an. Lenny, sein Gesicht hart und drohend, packte ihren Arm und zog sie hoch. Er führte sie die Treppe hinauf, ich vermutete, dass er plante, sie in seinem Zimmer einzuschließen. Er schien zu glauben, dass sie bei ihm sicherer wäre. Lasst ihn machen, wenn er meint, das ist das Richtige, antwortete ich resigniert. Ich war zu erschöpft, zum Weiterdiskutieren. Sie jedoch, sie wehrte sich mit aller Kraft. Lass mich los, ich möchte nicht mitkommen!, protestierte sie. Ein beinahe höhnisches Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, obwohl die Lage alles andere als zum Lachen war. Ihr naiver Glaube war fast schon komisch. Sie dachte, sie könnte uns entkommen. Sie wusste einfach nicht, worauf sie sich eingelassen hatte. Die Illusion der Flucht wollte ich ihr nehmen. Ich konnte es kaum erwarten. Ich wollte ihr die Wahrheit ins Gesicht sagen. Als ich sie das erste Mal sah, hatte etwas in meinem Innersten gezuckt. Ein vages Gefühl der Vertrautheit, das ich nicht recht einordnen konnte. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich sie schon irgendwo gesehen, aber ich konnte weder Ort noch Zeitpunkt nennen. Es war wie ein Rätsel, das sich weigerte, gelöst zu werden und das mich in seinen Bann zog. Ich beschloss, Michael zu beauftragen. Er ist unser bester Ermittler. Dieser Mann hatte schon so viele Fälle gelöst. Ich hatte den Überblick darüber verloren. Er würde herausfinden, wer sie wirklich war, was sie versteckte. Es war offensichtlich, dass sie ein Geheimnis hatte. Ein Geheimnis, das sie mit aller Macht zu schützen versuchte. Ihr Geheimnis ließ mich nicht los. Im Gegenteil, es zog mich an, machte mich neugierig. Ich war entschlossen, es zu lüften, was auch immer es kosten würde. Denn ich wusste, dass dieses Geheimnis der Schlüssel zu allem war. Der Schlüssel zu ihr und vielleicht sogar zu Noah Moran.