Kapitel 11 Lenny

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Kapitel 11

Lenny

Isabella hat in der letzten Woche fast schon künstlerische Vermeidungsstrategien entwickelt. Sie legte den Einkaufszettel nachts auf den Tisch, als ob sie dem Weihnachtsmann den Wunschzettel zukommen lassen würde. Sie hat alles blitzblank geputzt, bevor auch nur ein Hauch von uns zu erahnen war. Die meiste Zeit verbrachte sie in ihrem Zimmer wie Rapunzel in ihrem Turm. Ich habe sie heimlich beobachtet, fast schon wie ein schlechter Geheimagent. Rayn, bestand darauf, dass wir alle essen gehen, Isabella inklusive. Dean war der Überbringer der frohen Botschaft und Isabellas Gesichtsausdruck sprach Bände. Sie war alles andere als begeistert, aber hatte keine andere Wahl, als mitzukommen. Wir warteten alle auf sie. "Ich werde sie jetzt holen", sagte Dean, als wäre er der Ritter in glänzender Rüstung. "Ich bin schon da", entgegnete sie und erschien wie eine Fee in einem hellgrünen Kleid mit Blumen. Wow, sie sah wirklich umwerfend aus. Die Schuldgefühle wegen dem, was am Pool vorgefallen ist, nagten immer noch an mir. Es war definitiv zu viel des Guten und sie hatte das nicht verdient. Jetzt mussten wir alle mit anpacken, um das wieder geradezubiegen. Isabella hakte sich bei Dean unter und wir stiegen alle in Jaydens Geländewagen. Ich entschied mich, hinten mit ihnen zu sitzen, sehr zur Verwunderung Rayn. Ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihr abwenden. Sie hatte etwas Faszinierendes an sich, fast schon magisch. Isabella bemerkte das und sah in meine Richtung, mit einem traurigen Ausdruck. Wir erreichten das Restaurant und ich streckte ihr meine Hand hin, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Überraschenderweise nahm sie mein Angebot an. Im Restaurant saß ich rechts von ihr, ihre Hand immer noch in meiner. Dean saß links von ihr und Rayn und Jayden gegenüber. "Kann ich mein Telefon wieder haben?", flüsterte sie. "Wofür benötigst du es?", wollte Rayn wissen. "Ich möchte Lisa anrufen, darf ich das?", erklärte sie. Ich bot ihr mein Telefon an und sie nahm es, tippte eine Nummer ein. "Mach auf Lautsprecher", forderte Jayden. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, tat aber, was er verlangt hatte. Der Abend versprach, noch interessant zu werden. Es klingelte. Mit einem gezielten, wenn auch entschlossenen Griff schnappte sich Isabella das Telefon und meldete sich mit einem knappen Hallo. Am anderen Ende der Leitung hörte sie die Stimme Ihrer Schwester Lisa. Wie geht es dir, wie geht es ?", begann Isabella, doch bevor sie ihren Satz beenden konnte, hatte Lisa bereits aufgelegt. Sie lachte leicht und schüttelte den Kopf. Was für ein tolles Gespräch, das war, kommentierte sie ironisch. Die Kellnerin, eine junge Frau mit einem irritierten Ausdruck im Gesicht, trat an unseren Tisch heran und fragte: Was möchten Sie trinken?. Ich hätte gern das Stärkste, was Sie hier haben  und ein Glas dazu, bitte, antwortete Isabella. Der irritierte Ausdruck der Kellnerin verwandelte sich in eine Mischung aus Überraschung und Bewunderung. Bringen Sie ihr das, was sie möchte, und dazu noch dreimal Whiskey und zweimal Wasser, fasste Rayn zusammen. Bist du sicher, dass du das willst?, fragte Dean mit besorgtem Unterton. Doch Isabella warf ihm nur einen schrägen Blick zu und blieb bei ihrer Entscheidung. Als die Kellnerin unsere Getränke brachte, griff Isabella sofort nach ihrem Glas und trank es in einem Zug aus. Wir starrten sie geschockt an. Was?, fragte sie und zuckte mit den Schultern. Die letzten Wochen waren grausam – erst meine Schwester, dann Aleks, dann Nick und ihr. Mal seid ihr nett, mal seid ihr gemein zu mir. Ich verstehe das Ganze nicht, erklärte sie und warf der Kellnerin, die gerade wieder an unseren Tisch kam, einen provokanten Blick zu. Ich nehme noch mal das Gleiche, informierte Isabella sie und die Kellnerin verschwand wieder. Isabella richtete ihren Blick auf einen Mann, der am anderen Ende des Raums stand, und starrte ihn mit Angst in den Augen an. Ihre Hand griff fest in meine und ich spürte, wie ihr Körper sich anspannte. Kennst du ihn?, fragte ich sie leise. Isabella zitterte und schüttelte den Kopf. Als der Mann schließlich verschwand, entspannte sie sich etwas. Ich möchte gehen, bitte. Lassen wir uns das Essen einpacken und essen zu Hause, schlug sie vor. Da kam wieder die Kellnerin mit ihrem Getränk und Isabella trank ihr es erneut in einem Zug aus. NA gut, dann essen wir zu Hause. War Rayn einverstanden.  Im Auto versuchte ich herauszufinden, wer der Mann war, doch Isabella wich meinen Fragen aus. Wie geht es deiner Wunde?, lenkte sie das Gespräch um. Ich lächelte gequält und antwortete: Es tut fast nicht mehr weh. Ich verstand, sie wollte uns vorerst nicht sagen, wer dieser Mann war. Doch ich wusste, dass ich es herausfinden würde, nur halt nicht heute.

The Delon Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt