Wiedersehen

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Hallo Ihr Lieben,

da ich ja an sooooooooooooooo einer bösen Stelle im letzten Kap. den Cut gemacht habe und so viele Leserinnen mich gebeten haben, schnell wieder zu updaten, poste ich Euch heute den Rest des Treffens. Es ist ein eher kurzes Kap. aber ich glaube, es ist das am sehnlichst erwartete. 

Viel Freude damit. Ach ja, ich wurde gebeten, vorab bekannt zu geben, wenn Taschentücher gebraucht werden. Also die Box sollte schon daneben stehen.


***

Als ob Christian spürt, dass ich hier bin, hält er inne und wartet. Dann hebt er langsam den Kopf und die Zeit bleibt in dem Moment stehen, als sich unsere Blicke treffen.

Ich sehe wie Christian stutzt. Seine Unterlagen rutschen aus seinen Händen und fallen vergessen zu Boden. Sekunden vergehen und keiner von uns bewegt sich. Wir sehen uns einfach nur an, wie zwei

Seelenverwandte, die sich fremd geworden sind und dennoch wiedererkannt haben. Ich kann die Verbindung zwischen uns deutlich spüren. Sie ist immer noch da, als wären wir nie getrennt gewesen. Jede Faser meines Körper sehnt sich nach ihm. Es ist fast körperlich schmerzhaft, so sehr verzehre ich mich. Ich will zu ihm, ihn umarmen, mich an seinen herrlichen Leib drücken und seinen männlichen Duft einatmen. Und doch warte ich geduldig ab. Ich muss ihm die Zeit geben, sich der Situation bewusst zu werden.

Auf einmal springt Christian auf und eilt mir entgegen.

„Ana?", fragt er ungläubig. Unzählige Gefühle, wie Überraschung, Unglaube und unbändige Freude huschen gleichzeitig über sein Gesicht, als er dicht vor mir stehen bleibt und auf mich herabblickt. Eine verzweifelte Sehnsucht liegt in seinen Augen, die so tief reicht, dass ich das Gefühl habe, nicht mehr atmen zu können.

Er mustert mich forschend von oben bis unten und ein Leuchten erhellt seine Augen, als er einen Moment länger an meinen Lippen verweilt. Ich sehe ihm an, dass er seinen Augen nicht traut und an seiner Wahrnehmung zweifelt. Und dann auf einmal, als wenn ein Hebel in seinem Kopf umgelegt wird, ist sein Gesichtsausdruck weicher und ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen.

Tränen brennen in meinen Augen, als ein wenig Hoffnung in mir aufkeimt. Ich will etwas sagen, ihm endlich alles erklären, bringe aber keine Silbe hervor. Mein Mund ist wie ausgetrocknet. Also starre ich ihn einfach nur bittend an und sauge das Bild von ihm in mich auf, wie eine Ertrinkende.

Im Augenwinkel nehme ich verschwommen wahr, wie Christian langsam seine Hand hebt. Ich schließe sehnsuchtsvoll meine Augen und erschauere in Erwartung seiner Hand auf meiner Haut. Plötzlich spüre ich, wie Christian zögert und sein Körper erstarrt. Die Berührung bleibt aus. Die Luft ist auf einmal zum Schneiden dick, knistert vor geladener Energie. Und ich weiß ohne es zu sehen, dass sich in diesem Moment etwas geändert hat. Verstört öffne ich die Augen und sehe seine Hand, die dicht vor meinem Gesicht zu verharren scheint. Im nächsten Augenblick spreizt Christian die Finger, als ob es ihn anwidern würde, mich zu berühren und zieht seine Hand hastig zurück. Verstört blicke ich zu ihm auf. Meine Hoffnung schwindet bei seinem Anblick. Jedwede Freude ist aus seinem Blick verschwunden. Er hat sich zurückgezogen ohne sich zu rühren.

„Christian! Bitte lass mich erklären.", hauche ich verzweifelt. Vorsichtig gehe ich auf ihn zu und lege ihm meine Hand auf den Arm. Doch Christian reagiert nicht. Sein Körper ist wie erstarrt, seine Miene versteinert und in seinem starren Blick liegt nur noch tiefsitzender Schmerz.

Erschrocken weiche ich vor seiner Eiseskälte zurück und schlage mir kopfschüttelnd die Hände vor den Mund. Ich weiß nicht, was passiert ist, warum sich Christians so offensichtliche Freude in der nächsten Sekunde in absolute Ablehnung verwandelt hat. Er sieht so aus, als wäre ihm ein Gedanke in den Sinn gekommen, der ihm nicht behagt und der es ihm unmöglich macht, noch Freude über unser Wiedersehen zu empfinden. Aber was ich sicher weiß ist, dass der magische Augenblick, den wir vor Minuten noch geteilt haben, unwiderruflich vorbei ist.

„Bitte Christian, du musst mich anhören! Ich bin hier..."

Christian hebt abwehrend die Hand und bringt mich damit zum Schweigen. Wieder brennen mir Tränen in den Augen, die ich jetzt nicht mehr aufhalten kann, denn ich weiß, egal was ich jetzt von mir gebe, es wird an seiner Ablehnung mir gegenüber nichts mehr ändern.

Christian verzieht schmerzverzerrt das Gesicht, als er eine Träne, die meine Wange heruntergleitet mit den Augen verfolgt. Ich sehe, dass er genauso aufgewühlt ist und um Beherrschung ringt. Wie sehr wünsche ich mir in diesem Moment zu wissen, was in ihm vorgeht. Dieser Zustand ist für uns beide unerträglich. Aber warum lässt er nicht zu, dass ich mich erkläre. Nachdem ich ihm meine Beweggründe dargelegt habe, kann er doch immer noch gehen.

„Ich.. Bitte Christian, du musst mich anhören!", versuche ich es noch einen letztes, verzweifeltes Mal.

„Nein!", faucht er mich plötzlich an und ich fahre zusammen.

„Ich will nichts hören. Dafür ist du zu spät!", zischt Christian durch zusammengebissene Zähne und schluckt merklich. Von seinem Ausbruch selbst geschockt, wirft er seinen Kopf in den Nacken und fährt er sich fahrig durchs Haar. Dann atmet er hörbar tief ein und richtet seinen gequälten Blick wieder auf mich. Seine Augen wandern dabei flehentlich in meinem Gesicht umher, als suche er nach einer Antwort. Aber wie kann ich ihm helfen, wenn ich nicht weiß wonach er sucht? Ihm scheint nicht zu gefallen, was er findet. Nachdenklich blickt er in die Ferne, als ob er etwas abwäge.

„Du bist zu spät, Ana.", flüstert Christian auf einmal. In seiner Stimme liegt Resignation, aber da ist noch mehr, etwas viel Existentielleres, dass auch er in diesem Moment zu begreifen scheint. Erkenntnis blitzt in seinem Augen auf und ein trauriger Zug legt sich über sein Gesicht.

Dann scheint er sich zu beruhigen. Mit zitternden Händen streicht mir Christian eine Strähne hinter das Ohr und lächelt mich mühsam an. Dann beugt er sich vor und küsst mich sanft auf den Mund. Ich erschauere vor Angst und eine einsame Träne bahnt sich ihren Weg und läuft heiß über meine Wange. In diesem Moment weiß ich, dass es ein Abschied ist und spüre, wie schwer Christian dieser Abschied fällt.

„Ich kann nicht Ana. Lebe wohl." Ich sehe ihm nach, sehe, wie der Mann, dem ich das Herz gebrochen habe, mit hängenden Schultern das Restaurant verlässt. Beim Hinausgehen blickt er sich noch einmal zu mir um, nickt zum Abschied und lächelt mir aufmunternd zu.

Ich folge ihm nicht, bleibe allein zurück, denn ich weiß jetzt, was in seiner Stimme so existentiell geklungen hat. Es war Endgültigkeit.

***

Jetzt ist es endlich geschehen. Sie haben sich wiedergesehen. Auch wenn es für Ana nicht so gut ausging. 

Was denkt Ihr, welcher Gedanke Christian auf einmal so abgeschreckt hat? 

LG

Eure Marit

Shades of grey - Bittersüße EinsamkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt