Plätschernd floss der frisch aufgebrühte Kräutertee von der Porzellankanne in ein kleines Tassenserviet.
Tante Ada Maria hatte für Daphina eines ihrer berühmten Naturheilkunderezepte heraus gekramt.
Während sie wie ein nasser Lappen über dem Esstisch in der Küche hing, ging es Aphrodite blendend auf dem darauffolgenden Sonntag.
Mit Ausnahme das vielleicht die Müdigkeit das Einzige war das an ihr nagte.
Im Hintergrund in der Küche dudelte das kleine Vintageradio einen Song, den man schon zum Einhundertstenmal gehört hat.
Der Duft vom Kräutertee reichte bis hinüber in das anschließende Wohnzimmer.
Der würzige Geruch von Thymian und Lavendel erinnerte sie stark an ihre Kindheit und dem Gefühl von einem Zuhause.
Immer wenn Deljah oder Daphina krank gewesen sind, oder unter Schmerzen geplagt hatten, hatte dieser Tee es alles in Luft aufgelöst.
,,Ich sage es dir jedes Mal, Kind:
Hast du zu tief ins Glas geschaut, ist der nächste Tag versaut.", predigte Tante Ada, Daphina in der Küche vor.
Die Teekanne stellte sie in die Mitte des Tisches auf einen Topflappen.
Daphinas Stirn lag auf dem Untergrund des Esstisches und seid zwanzig Minuten starrte sie Löcher in die Decke um sich nicht übergeben zu müssen.
,,Ich habs nicht übertrieben.",nuschelte sie betreten in das Holz hinein.
,,Vielleicht nur nen' bischen."
Kleine Dampffäden zogen sich aus ihrer Tasse empor und verwoben sich mit der Luft.
Ihre roten zerzausten Locken schienen mit dem Kiefernholz eins zu werden.
,,Ich kann dir das alles noch so oft sagen aber jedes Mal sitzen wir wieder hier."
Tante Ada griff sich von der überliegenden ländlichen Küchenzeile ein Kreuzworträtsel.
Die Schränke der Küche harmonierten in cremefarbenden und abwechselnd schwarz polierten Türen.
Sie war sehr dörflich gehalten, aber dennoch mit ihrem französischen Einrichtungsstil modern.
Einzelne Pfannen und Töpfe hingen an den dunklen Fliesen über dem Gasherd und nur ein einziges Fenster warf in mitten des Raumes etwas Tageslicht hinein.
,,Und jedes Mal bereue ich es..."
Ada Maria setzte sich Daphina gegenüber, goss sich selbst etwas vom Tee ein, ehe sie ihre Nase in das Kreuzworträtsel steckte und ihre Beine gemütlich überschlug.
,,Was würdest du nur ohne mich tuhen mh?"
,,Wahrscheinlich kotzen."
Aprodithe musste grinsen.
Ein paar blonde Strähnen hatten sich aus dem Pferdeschwanz von Maria gelöst und das warme Licht der tief hängende Deckenlampe, markierte ihre hohen Wangenknochen.
Die Menschen würden sagen das sie sich für ihr Alter gut gehalten hat.
Mit satten Vierundvierzig Jahren hatte sie kaum Falten im Gesicht.
Aber Daphina und Aprodithe wussten das sie schon viel älter als Vierundvierzig Jahre ist und die wenigen Falten auf ihren Wangen und unter den Augen erzählten mehr als so manche ahnen konnten.
Während ihre himmelsblauen Augen über die Wörter huschten, wussten sie das sie bereits viel mehr von der Welt gesehen hatte, als zu den Lebzeiten beider Mädchen zusammen.
Sie wussten das sie eigentlich bereits Vierundachtzig Jahre alt ist.
Sobald eine Wassernymphe am Einundzwanzigsten Lebensjahr ausgewachsen ist, verlangsamte sich der Alterungsprozess von Jahr zu Jahr.
Sodass die Ältesten derer Meereswesen sogar Zweihundert Jahre alt werden konnten, wie Tante Ada ihnen einmal erzählt hatte.
Daphina schlürfte vorsichtig am heißen Tee.
Hier auf Fjördan waren Aphrodite und Daphina Schwestern, obwohl sie eigentlich nicht miteinander verwandt waren.
Als Deljah's Mutter; Sedna, die Meerjungfrau Ada-Maria beauftragt hatte das Kind der sieben Meere zum Schutze mit auf das Land zu nehmen, wurden die beiden von Daphina begleitet.
Sie sollte ihr eine gute Freundin sein. Aber größtenteils war Daphina's Bestimmung gewesen, ihre Pflicht als die Wächterin der Tochter einer Göttin nachzukommen.
Eine ziemlich betrunkene und verkaterte Wächterin.
Die Meeresgöttin Sedna ist einer der sieben Töchter des Ozeanvaters Poseidon. Sie war die Erbin des Dreizacks nachdem sich Poseidon tief im Meer für viele viele Jahre schlafen gelegt hat. Weil die Mächte des Dreizacks schon oft im Laufe der Geschichte zu Krieg geführt,- und immer wieder Konflikte darum geweilt hatten, entschied sich Sedna ihn zu zerstören.
Sie verankerte die Mächte und Kräfte des Dreizacks in ihrer eigenen Tochter, damit Sie niemand mehr leichtfertig verwenden könnte.
Und da die Meeresvölker ohnehin bereits zerspalten waren, sandte sie ihre einzige Tochter auf das Land.
Aprodithe beobachtete die beiden vom anliegenden Wohnzimmer aus.
Sie hatte es sich auf dem L-förmigen in beige getauchten Sofa gemütlich gemacht.
Zwischen riesigen Bücherregalen an den Wänden, die bis hoch zur Decke reichten und einem Berg gemütlicher Kissen hatte sie sich eingekuschelt.
Ihre weißen Haare hatte sie zu einem lässigen Knoten gebunden und ihre Beine dicht an den Körper gezogen.
Wenn man sie nach ihrem schneeweißen Haar fragte, dann behauptete sie immer das es gefärbt wäre.
Dabei stimmte das nicht.
Und wenn man sie fragte, ob eines ihrer Elternteile eventuell japanische Wurzeln hatte, dann stimmte das zwar auch nicht, aber Deljah bejahte es.
Wie sonst sollte sie ihre filigran geschnittenen Augen, das elfenhafte geformte Gesicht und die Haut, wie als wäre sie aus Porzellan, erklären.
Auf dem Schoß der jungen Frau lag ihr Notizbuch.
Sie hatte es einmal von Tante Ada zu einem Geburtstag geschenkt bekommen und seitdem hatte sie das in kleine Rosen verzierte Büchlein lieb gewonnen.
Der goldene Füllhalter zwischen ihren Fingern schwebte bereits seid einiger Zeit über den Zeilen.
Maria hatte ihr einmal erzählt, das die Wasserwesen aus ihrer Heimat eine enge Verbundenheit mit der Musik hegten.
Und das jede Nixe und jede Nymphe, mit einer außergewöhnlichen Stimme gesegnet sei.
Darum hatte sie wahrscheinlich das Talent her Gedichte zu schreiben. Oder vielleicht waren es auch Lieder.
Da war sie sich selbst nicht so genau sicher.
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𝑫𝒆𝒍𝒋𝒂𝒉𝒔 𝑶𝒄𝒆𝒂𝒏𝒔 - 𝐷𝑖𝑒 𝐾𝑙𝑎̈𝑛𝑔𝑒 𝑑𝑒𝑟 𝐸𝑟𝑑𝑒
FantasyDeljah ist eine Wassernymphe. Doch ihre Heimat ist ihr seid der Kindheit weit fern. Als Tochter einer Göttin war sie von Anfang an dazu bestimmt gewesen, die Mächte der sieben Weltmeere zu hüten. So will es die Prophezeiung. Das Leben unter den Men...