„Oh, ich verstehe wirklich, warum das hier die schönste Buchhandlung im ganzen Königreich Oykot sein soll! Mei, mei, mei!", lachte der Mann mit seinen kurzen Locken einer Dauerwelle. In diesen steckte ein Haarreif mit Zickzackmuster und Schleifchen zu beiden Enden, der die schräge Frisur in Schuss und nach oben gerichtet hielt.
Der Mann ließ seinen Kopf nach anerkennend links und nach rechts schweifen. Die deckenhohen Regale des Geschäfts waren mit Bücher vollgestopft. Eine Treppe mit wenigen Stufen führte auf ein Podest in einem Hinterraum, wo ebenfalls diverse literarische Werke auf ihre Käufer warteten. Selbst Sitzgelegenheiten und kleine Tische hatte man den Kunden bereitgestellt, damit sie sich in Ruhe für ein Buch entscheiden oder von solch einem inspiriert werden konnten. Hübsche Petroleumlampen, und ein paar Dekoelemente machten den Laden zudem noch gemütlicher.
Noch nie ist ihm solch ein imposantes Geschäft unter die Augen gekommen, und er hatte wirklich eine Menge dieser auf seinen Streifzügen entdecken dürfen! Die meisten jedoch waren seine Aufmerksamkeit nicht wert gewesen: Kleine Kabuffs mit stickiger Luft und schlechter Auswahl... anders eben hier. Schade nur, dass auch dieser Laden ein Manko hatte... „Dennoch tut ihr alles Mögliche, um in unsere Missgunst zu fallen!", sprach der Blonde weiter. Eine ungeahnte Härte legte sich dabei in seiner Stimme und seine Mundwinkel zogen sich gerissen nach oben. „Sagt mir, was ihr damit erreichen wollt?"
Er drehte sich auf dem Absatz seiner flachen kniehohen schwarzen Stiefel um und begutachtete das Ehepaar, die Besitzer dieses Geschäfts, eingehend. Der Mann war mittleren Alters, hatte ein kantiges Gesicht mit hoher Stirn und schmale Augen, welche sich neutral auf seine Gäste gerichtet hielten. Den kurzen dunkelbraunen Haaren schloss sich ein Dreitagebart an. Markant an ihm und seiner gewöhnlichen Kleidung war einzig die Narbe, welche den äußeren Bogen seiner rechten Augenbraue unterbrach. Er hielt sich vor seiner Frau gestellt, die sich ebenfalls im mittleren Alter befand. Ihre langen roten Haare hatte sie sich tief im Nacken zusammengebunden. Die grünen Augen zeigten Entschlossenheit und Widerstand. Sie schien ihre Emotionen weniger überspielen zu können als ihr Mann, obwohl sie ähnlich wie dieser um eine neutrale Körperhaltung bemüht war. Daky und Zerah Vansing. So hießen sie und waren in Evida für ihre Eloquenz, ihr reichhaltiges Wissen über Literatur und ebenso für ihre Empathie und Offenheit gegenüber den Menschen bekannt. Den letzten Punkt konnte man aber gerade vermeintlich suchen, doch hatte der jetzige Kunde auch keine Aufgeschlossenheit erwartet: Er war schließlich nicht hier, um ein Buch zu kaufen.
„Ich würde nicht davon sprechen, dass wir uns bemühen", korrigierte der Voranstehende, Daky. „Wir haben nur unsere eigenen Grundsätze und Werte, nach denen wir leben. Diese stimmen leider nicht mit euren überein."
„Ach, ist dem so?", zog sich das Lächeln seines Gegenübers eine Etage höher und die zuvor vor Freude ausgebreiteten Arme legten sich wieder an dessen Seite. Die Brust hervorstreckend, welche sich unter seiner halboffenen dunkelroten Kampfsportjacke zeigte, legte er das Kinn an. „Wir können also nicht mit euren Werten mithalten?"
„Wir befinden uns in einer Freien Stadt. Dass wir eine solche sind, liegt nicht nur an den politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen, sondern auch an unserem Geist", erklärte Daky weiter und ließ sich keinesfalls von den Worten des anderen provozieren.
„Nun, das ist natürlich schade", zuckte jener mit den Schultern und stemmte die Hände in die Hüften. „Allerdings erschließt sich mir nicht, dass ihr deswegen sogleich eine Rebellion anzettelt."
„Gesellschaftsabende sind mir nicht als Rebellion bekannt."
„Stell dich nicht dumm!!", rief der Blonde nun aufgebracht, so dass seine hervorstehenden Augen nur noch mehr in den Vordergrund rückten. Er hatte in seiner Entrüstung etwas von einem jugendlichen Mädchen, das sich aufgebracht bei seinen Freundinnen beschwerte, was aber vielleicht auch an seinen unnatürlich langen Wimpern und dem Schmuck an seinen Unterarmen, Fingern und dem breiten goldenen Gürtel um seine Hüfte lag – Beweise seines Reichtums. „Eure geheimen Treffen sind leider nicht mehr so geheim, wie ihr sie halten wolltet. Letzten Endes gibt es immer Verräter, die unter bestimmten Voraussetzungen plappern."
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Über die Ozeane (Zorro x OC)
FanfictionEs gibt Begegnungen, die einen großen Einfluss auf dein Leben ausüben. Es gibt Menschen, die dein Herz berühren werden. Und es gibt "Geschichte", die du nicht einfach ausblenden kannst und die dich immer begleiten wird... Eine junge Frau der einst w...