4 - Unstimmigkeiten

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Wie angedacht, machten sie sich nach einer kurzen Ruhepause noch einmal in das leere Dorf auf, um sich genauer umzusehen. In zwei Geschäften fanden sie brauchbare weitere Konserven und Hülsenfrüchte, die noch genießbar waren. Eine Abwechslung zu der Masse an Linsen und eingelegten Gurken, die Heinrich in seinem Haus deponiert hatte. Ebenfalls fanden sie Teeblätter, die sie mit heißem Wasser aufgießen könnten, um – wie Akiko abermals und ganz absichtlich betonte – den Alkoholkonsum zu reduzieren und etwas Geschmack ins abgekochte Wasser zu bringen. Selbstredend, dass der Schwertkämpfer auf ihre Erklärung zu grummeln begann. Was daran falsch, sich Wein, Schnaps oder Bier zu sich zu nehmen? War ja nicht so, dass er davon handlungsunfähig würde?

Aber da war Akiko längst drüber und sie schnappte sich leise summend in einem anderen Geschäft Kerzen und Ölnachschub für die Petroleumlampen. Bisher eine gute Ausbeute, wie sie fand, aber was die Bootsüberholung betraf, sah es schlechter aus. Eigentlich auch kein Wunder. Wenn hier irgendwelche Schergen gewütet hatten, dann waren Rohstoffe und solche wertvollen Materialien natürlich das Erste, was man sich unter dem Nagel riss.

„Wo führt der andere Weg eigentlich hin? Gibt es eine zweite Anlegestellen?", fragte Zorro vollgepackt auf dem Rückweg zu Heinrichs haus, was Akiko jedoch unwissend die Schultern zucken ließ. „Ich war nie woanders als auf der Ladenstraße oder bei ihm. Keine Ahnung, wo der Weg hinführt." Jener, von dem sie gestern abgebogen sind, damit sie Akikos alten Bekannten aufsuchen konnten. „Dann lass uns das morgen herausfinden", bestimmte der Schwertkämpfer und der Rotschopf zeigte sich einverstanden. Morgen klang ausgesprochen gut, denn je näher das Tagesende rückte, desto erschöpfter zeigten sich ihre Muskeln.

Sie war froh, als sie nach dem Essen warmes Wasser über ihre Haut rinnen lassen konnte. Ihre schlappen Beine dankten es ihr und ließen sie bei all dem Druck, der Körper und Seele von ihr fest gepackt hatte, etwas entspannen.
Anschließend mit einem Handtuch auf dem Kopf wieder ins Wohnzimmer zurückkommend, sah sie Zorro mit vorübergebeugten Körper auf der Couch sitzen.

„Was siehst du dir an?", trat Akiko mit hochgezogenen Brauen neugierig näher, löste das Handtuch und rubbelte sich den Hinterkopf trocken. „Die Karte?", wunderte sie sich, kaum konnte sie über seine Schulter linsen. „Hast du irgendeine Idee?"

„Hab mich nur gefragt, welche Optionen wir haben."

Der Rotschopf ging um das Sofa herum, auf dem sie die Nacht geschlafen hatte und setzte sich prompt neben den Schwertkämpfer. Sie war zwar kein Mensch, der die Nähe zu anderen fürchtete, aber zu Fremden behielt sich normalerweise eine höfliche Distanz bei. Unter den jetzigen Umständen hingegen hatte sie diese Attitüde bei Zorro abgelegt. Zum einen war er kein bloßer Fremder mehr, und zum anderen war er ihre einzige Bezugsperson in dieser Lage. Ganz gleich wie unabhängig sie sein wollte: nur mit sich allein zu sein, hätte sie verrückt gemacht. Mit der Gesellschaft durch den Schwertkämpfer war sie wenigstens abgelenkt. Die Gedanken waren dann nicht mehr so laut oder vertagten sich zumindest bis zur Nacht...

Im Stillen ebenso für einen längeren Moment einen Blick auf das Stück Papier werfend, welches die Gewässer und Länder rund um Ankan und Evidas Ufer aufzeigte, hob Akiko schlussendlich nachdenklich den Kopf und blickte in Richtung der Bücherregale, die sich an der anderen Wandseite im Dunkeln hervorhoben. Sie erhob sich, nahm die Petroleumlampe zur Hand, welche auf dem Tisch gestanden und ihnen Licht gespendet hatte und ging auf die Regale zu. Zorros Augen verfolgten sie, wie ihr Zeigefinger die einzelnen Buchreihen entlangfuhr und stoppte bei einem ledernen Buchrücken. Diesen hervorziehend, hoben sich ihre Mundwinkel mit einem Mal. „Na also!", murmelte sie zufrieden und kam wieder zu Zorro getreten, der in der Zwischenzeit einen Schluck Wein aus seinem Glas getrunken hatte, das ebenfalls auf der Tischoberfläche stand. Er bemerkte, dass Akiko mit einem Mal von einer Eifrigkeit befallen zu sein schien, die sie sogar fast auf Zorros Schoß plumpsen ließ, weil sie den Abstand nicht richtig abschätzte, sondern sich einfach aufs Sofa zurückfallen ließ. Selbst sein „Hey!" ignorierte sie, da ihre Aufmerksamkeit ganz dem Einband galt, den sie in den Händen hielt. Genauso, als er sich deswegen zur Seite lehnte und lautstarker grummelte, nahm sie es gar nicht wahr und öffnete gezielt eine Seite, wo am unteren Rand ein schmales Lesebändchen aus Stoff hervorschmulte. Das Buch entpuppte sich als Atlas, in dem in einer weitaus vergrößerten Version als ihre kleine Seekarte Ankan und die nähere Umgebung im Meer gezeigt wurde. „Damit können wir vermutlich eher was anfangen!", meinte sie und tippte mit dem Finger auf den Fleck der Insel, an der sie sich gerade befanden. Auch jene war mit unterschiedlichen umrissähnlichen Linien durchzogen und es gab ein paar Beschriftungen. Handschriftlich, getrocknete blaue Tinte, die sich abhob. „Es gibt anscheinend im Norden noch eine Bucht", zog Akikos Fingerkuppe zu der benannten Stelle. „Die lässt sich über den Weg erreichen, der von hier abzweigt."

Über die Ozeane (Zorro x OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt