2 - Mira

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„Gütiger Gott!", lautete die Begrüßung, als man ihm die Tür öffnete. Die füllige Frau, welche die Betreiberin des Gasthauses war, in dem er von gestern zu heute genächtigt hatte, blinzelte ungläubig. Er schon wieder! Sie blinzelte ein drittes Mal, als sie zudem das Mädchen auf seinem Rücken erblickte, welches bewusstlos schien. „Seid ihr den Piraten in die Arme gelaufen?", zischte sie, schob sich an ihm vorbei und linste auf der Straße schnell in alle Richtungen, ob er nicht etwa verfolgt worden ist.

„Eher die mir", erklärte Zorro und wurde da auch schon am Arm ins Gebäudeinnere gezogen. Genauso schnell hatte die Wirtin die Tür hinter ihm geschlossen und wieder den Riegel vorgeschoben. Vorkehrung gegen ungebetenen Besuch! Der Eingangsbereich des Gasthauses, welcher normalerweise zu Tageslicht mit ein paar einfachen Holztischen und Sitzmöglichkeiten zum Speisen einlud, lag ebenfalls komplett im Dunklen. Sie hatte weder Lampe noch Kerze gezündet.

„Du hast Nerven, hier aufzuschlagen!", ermahnte sie Zorro und stemmte beide Hände in die Hüften.

Mit den Augen rollend, weil er sich das ja auch nicht ausgesucht hatte, ging er aber direkt zum eigentlichen Thema über: „Kannst du ihr helfen?" Er nickte leicht zu Akiko, deren Kopf auf seiner Schulter ruhte. „Sie wurde verletzt und hier scheint ihr's mit eurer Sperrstunde ziemlich ernst zu meinen!" Er war auf seinem Weg – im Grunde natürlich nur Zufall, dass er erneut bei dem Gasthaus gelandet ist – an zwei, drei Arztpraxen vorbeigekommen, aber keine einzige hatte noch offen gehabt. Auf sein Rufen und Klopfen hatte man ihm erst recht nicht geantwortet.

„Ich habe dir doch gesagt, dass ab Sonnenuntergang alle Schotten dicht gemacht werden! Ohne Ausnahme!", murrte die Wirtin und trat dann im Dunkeln um die beiden herum, damit sie eine Kerze vom Tresen nehmen konnte und diese mit einem Streichholz anzuzünden wusste. Die Vorhänge der Fenster waren zugeschoben, damit niemand hineinspähen konnte. Sie waren dick genug, sodass der schwache Lichtkegel nicht nach außen dringen würde. Als sie somit endlich etwas Erhellung fanden, schrak die Frau jedoch ein zweites Mal fast zurück, kaum entdeckte sie die klaffende Wunde auf dem Rücken des Mädchens: „Ach du Schreck! Wie ist das bitte passiert?"

„Zwei komische Typen hatten's auf sie abgesehen."

Die Wirtin kommentierte das nicht weiter, sondern forderte Zorro nur auf, die Verletzte nach oben zu bringen. „Ich hole ein paar Sachen und komme nach."

„Wohin genau?"

„Nimm einfach das Zimmer, in dem du geschlafen hast."

Und damit trug er Akiko vorsichtig die Treppenstufen hinauf. Zorro war gestern schon der einzige Gast hier gewesen, aber nun verstand er auch den Grund dahinter: Dank der Piraten, die in der Stadt wüteten, würde sich kein Reisender nach Evida verirren. Vielleicht kam man auch gar nicht über die offizielle Grenze in die Stadt? Der Schwertkämpfer hatte sich nämlich über Seitenstraßen nach Evida treiben lassen. Vermutlich würde die Wirtin ihre Übernachtungsstätte gänzlich aufgeben müssen, wenn hier kein Wunder geschähe...

Oben angekommen, bog er den Gang nach links ab, da sich rechts nur eine Art Erker befand. Dann stieß er mit dem Fuß die zweite Tür von rechts auf, welche angelehnt stand. Zeichen, dass das Zimmer eigentlich frei verfügbar wäre. Der Schwertkämpfer trat ein. Von draußen drang durch das kleine Fenster das verbliebene Licht der Dämmerung und erhellte den Raum zumindest ein wenig. „Hey, hörst du mich?", drehte Zorro seinen Kopf über die Schulter in Akikos Richtung, aber sie antwortete nicht. Immer noch bewusstlos. Zähneknirschend lief er die drei Meter zum Bett, drehte sich seitlich zu diesem und ging vorsichtig in die Hocke, um die junge Frau von seinem Rücken rutschen zu lassen. Er hatte sich den Weg mit ihr zunächst beschwerlicher vorgestellt, aber ihr Gewicht hatte ihm kaum etwas ausgemacht, obwohl sie wie ein nasser Sack auf ihm gelegen hatte.

Über die Ozeane (Zorro x OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt