2 - Gamescom

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Ich schulde euch noch Antworten auf die vielen Kommentare vom letzten Kapitel, aber die reiche ich nach, versprochen! <3

***

"Heeey, na, du", sagte Rezo, als er Mexi kurz in seine Arme zog. Sie waren in der Öffentlichkeit, mitten auf der YouTube-Branchenparty am Rande der Gamescom in Köln.

Mexi wusste, das war weder die Zeit noch der Ort, um groß in Sentimentalitäten auszubrechen. Aber so what, es war Rezo. Er konnte fast nicht anders, als sentimental zu werden. Konnte nicht anders, als auf Rezos Mund, diese vollen Lippen, zu starren. Die Versuchung war noch da, obwohl er schon wusste, wie sich diese Lippen auf seinen anfühlten.

Rezo hatte ihm gefehlt. Auf mehr als nur auf diese Weise. Aber wer sagte überhaupt, dass es einen zweiten Kuss geben würde? Sie hatten auch lange genug über Küsse geredet ohne irgendetwas zu tun.

Und Mexi hatte den ganzen letzten Monat damit verbracht, sich damit anzufreunden, dass ihr erster Kuss – dieser Schmatzer – keinen Funkenregen ausgelöst hatte. Nichts geändert hatte. Hatte akzeptiert, dass da wohl wirklich nicht mehr war. Dass er sich das alles eingebildet hatte.

Hatte akzeptiert, dass er doch enttäuscht gewesen war.

Enttäuscht davon, dass der Kuss bei Rezo nicht dazu geführt hatte, dass er seine und Mexis Freundschaft... Beziehung? — Wie auch immer man das nennen konnte – mit anderen Augen sah. Mexi nicht mehr als einen Freund sehen konnte oder wollte.

Es fühlte sich halt nicht so an, wenn Rezo ihn so begrüßte. So vertraut, so ehrlich begeistert, so zugewandt.

Mit einer Hand hielt Mexi sich an seinem Getränk fest, als er Rezo fest um die Hüfte fasste und sich kurz an ihn lehnte. Casual. "Hey, da bist du ja!"

Er wollte nicht wieder in diese Falle tappen. Sich nicht wieder hypen und hoffen und Erwartungen schüren, die ihn enttäuscht zurück ließen. Wie oft hatten sie jetzt dieses beinahe-Spielchen schon hinter sich? Beinahe-Küsse, beinahe mehr als Freunde, aber dann doch nicht?

Er konnte das nicht mehr.

Er würde das einfach nicht mehr tun. Das war er sich selbst schuldig. Sein armes Herz konnte das alles nicht mehr. Er würde Rezo einfach kein zweites Mal küssen und die Sache würde sich im Sand verlaufen.

Aber Rezo wieder so nahe neben sich zu haben, machte ihn ein bisschen schwach in den Knien. Er lächelte, und Rezo lächelte zurück. Dann leckte sich Rezo kurz über die Lippen und duckte sich weg.

Mexi schluckte. Er sollte das wirklich abhaken. Aber etwas in ihm... konnte nicht.

So ging es den restlichen Abend weiter. Sie schäkerten, sie lachten, sie tranken, und Rezos Blicke... es fühlte sich zu heiß an für diesen feucht-verregneten, lauen Sommerabend.

Irgendwann, nach zwei Getränken, trafen sie sich in einem ruhigen Moment beim Händewaschen im Vorraum der Herrentoilette wieder. Mexi tippte seine Hüfte spielerisch gegen Rezos, als er sich neben ihn stellte.

"Du gehst jetzt dann schon wieder?", fragte Rezo vorsichtig.

"Ja, Hugo und ich wollten noch ins Bootshaus, zu Rob. Willst du nicht mit?"

Rezo lächelte. "Nee, nee. Ich bin noch total kaputt von der Anreise, und Anime ist jetzt wirklich nicht mein Ding, so. Viel Spaß euch. Wir sehen uns eh morgen."

Ihre Augen trafen sich im Spiegel. Rezo sah nicht weg, und Mexi fühlte sich wie festgepinnt.

"Danke", nickte er, atemlos.

Es lag etwas in der Luft, wie eine unausgesprochene Frage, die sie sich nicht aussprechen trauten und doch tief in ihrem Innern fühlten – beide. Dieses Gefühl sollte sich nicht so anfühlen, wie es das tat. Aber es fühlte sich gut an. Es ging Mexi direkt unter die Haut.

Da war wieder das Feuer in Rezos Augen, und Mexi fühlte sich so unweigerlich zu ihm hingezogen wie eine Motte zu einer Straßenlaterne. Er lachte leise, stieß kurz die Luft aus, so sehr traf ihn diese Erkenntnis.

Wie hatte dieser Mann immer noch und immer wieder diese Wirkung auf ihn?

Was auch immer geschah – was der Auslöser war, Mexi wusste es nicht. Irgendetwas zwischen ihnen klickte. Er wusste nur, dass Rezo ihn am Handgelenk nahm, sich umsah, und ihn ein paar Meter den Gang hinunter in ein Treppenhaus zog.

Auf abstrakte Weise wusste Mexi, was passieren würde.

Es war dunkel im Treppenhaus, dunkel genug, dass Rezo nur eine schemenhafte Gestalt vor ihm war, und doch so nach Rezo roch, sich nach ihm anfühlte. Mexi klammerte sich in den dünnen Stoff von Rezos Longsleeve und hielt sich verzweifelt fest.

Heißer Atem auf Mexis Lippen, sein Rücken zur Wand, und ihre Lippen trafen sich wie von selbst.

Mexis Herz blieb stehen.

Ein Kuss wurde zu zwei, und aus zwei wurden drei. Richtige Küsse, mit Gefühl. Sanft, aber bestimmt, als hätte Rezo den ganzen Abend schon darauf gewartet, Mexi zu küssen. Mexi kam es vor wie Minuten, die vergingen, auch wenn es nur Sekunden gewesen sein konnten.

Rezo löste sich von ihm und seufzte. "Fuck, Mexi", flüsterte er mit geschlossenen Augen. "Was tun wir hier?"

Im Halbdunkel konnte Mexi seine Mimik nicht erkennen, aber er wusste genau, wie er diese Frage beantworten konnte. Er legte eine Hand in Rezos Nacken und zog ihn in einen weiteren Kuss.

Rezo ließ ihn.

Ließ Mexi ihn küssen.

Mit einem Mal wusste Mexi, was Rezo gemeint hatte. Seine Fingerspitzen kribbelten, seine Magengrube fühlte sich an, wie mit Lava gefühlt, und sein Herz schlug hart gegen seine Rippen. Es fühlte sich richtig an, aber...

Was machten sie hier?

Sie waren Freunde. Das hier war keine Challenge, kein Video, kein blöder Satz von Rewi von der Seite. Das hier ging rein von ihnen selbst aus.

Das hier könnte so vieles kaputt machen.

"Wir sollten zurück zu den anderen", wisperte Mexi gegen Rezos Lippen, verzog das Gesicht dabei, wissend, dass Rezo es nicht bemerken würde.

Ein letztes Mal. Rezo küsste ihn, nur kurz. Auf süß. Ein 'Schmatzer', wie er das genannt hatte, was auf der Hobbylos-Party passiert war.

"Ja", hauchte er zurück.

Es war sweet, und irgendetwas in Mexi... brach.

Da war sie wieder, die Hoffnung.

Eines Tages würde er an dem hier, was auch immer das war, kaputt gehen.

Aber dieser Tag war noch nicht gekommen. Für diesen Tag ging er beschwingten Schrittes, mit seiner Hand in Rezos, zurück zu seinen Freunden, und schwebte wie auf Wolke Sieben mit Hugo ins Bootshaus.

Das ganze Gefühlschaos, beschloss er, war ein Problem für Zukunfts-Mexi.

***

Etwas mehr als ein Schmatzer, hm? Mal sehen, wie lange sie noch herumeiern ;) Wie hats euch gefallen?

Nächstes Kapitel: "Madeira".

5 Küsse + 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt