Killing Crystals
Pov Minho
Schon seit Jahren beobachtete ich ihn aus der Ferne. Han Jisung. Der Junge, der immer am beliebtesten war. Der Junge, den alle aufgrund seiner Schönheit und Intelligenz verehrten. Der Junge, der ein Geheimnis behütete, das ich durch Zufall herausfand. Und der Junge in den ich verliebt war. Jisung war absolut perfekt, weshalb die meisten ihn mochten, doch für mich ließ ihn gerade sein Geheimnis, durch das diese perfekte Fassade bröckelte, noch liebenswerter erscheinen. Leise seufzend drehte ich mich von Jisung weg, der von seinen Freunden umringt wurde und betrachtete stattdessen die glitzernden Eiskristalle an den Fenstern meiner Schule.
Nächstes Jahr würde ich diesen Ort hinter mir lassen, wodurch ich Jisung höchstwahrscheinlich kaum mehr sehen könnte. Sollte ich ihn darauf ansprechen? Seit ich sein Geheimnis kannte, tauchte dieser Gedanke immer wieder in meinem Kopf auf und ließ sich nicht mehr vertreiben. Es wurde still in der Klasse, die Lehrerin musste also da sein. Ich beachtete ihre Ankunft allerdings nicht und zeichnete stattdessen gedankenverloren die klaren, symmetrischen Muster der Eiskristalle ab. Sie erinnerten mich an Jisung. Perfekt, aber ihr makelloses Erscheinen ließ einen vergessen wie tödlich sie waren.
Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen und der feine Bleistift flog nahezu über das Blatt, als ich den Anblick der Eiskristalle in mir aufsog. Nur am Rande nahm ich wahr, dass die Lehrerin mich ansprach, doch wie immer blieb ich stumm. Ich wusste, dass die anderen Schüler mich für emotionslos und kalt hielten, aber mich kümmerte ihre Meinung nicht. Das einzige was mich interessierte war Jisung. Am Ende der Stunde setzte ich den Bleistift ab und schaute auf das Blatt. Abertausende von Eiskristallen fügten sich zu einem Bild zusammen. Zufrieden mit meinem Werk rollte ich das Stück Papier vorsichtig ein und verstaute es in meiner Tasche.
Ich lief durch die Schülermassen hinaus und blieb für wenige Sekunden in der Eingangstür stehen. Es hatte angefangen zu schneien und kleine Schneeflocken tanzten leicht im Wind hin und her. Langsam machte ich mich auf meinen Weg zum äußeren Teil der kleinen Stadt, wo ich lebte. Die Kälte machte mir nichts aus und ich genoss den Weg durch die tief verschneiten Gassen. Die gesamte Stadt lag unter einer dicken Schicht Schnee und während sich die Bewohner über diesen Umstand beklagten, liebte ich es. Der Winter belebte mich, erfüllte mich mit seiner Schönheit und Grausamkeit und machte mich glücklich.
Kurz bevor ich durch das Eingangstor meines Heimes gehen wollte, sah ich Jisung auf der anderen Straßenseite. Sofort lief ich ihm hinterher, entschlossen ihn heute auf sein Geheimnis anzusprechen. Eine knappe Stunde lang folgte ich ihm aus der Stadt hinaus und quer durch den tiefen Wald, bis wir an einer winzigen Hütte ankamen. Ich durchlebte erneut das Mitleid, was ich empfand, als ich herausfand, dass Jisung mit seinen Eltern in einer winzigen Hütte außerhalb der Stadtgrenze leben musste. Mittlerweile wusste ich, dass sie zu arm waren um sich ein Haus in der Stadt zu leisten und am liebsten hätte ich Jisung da herausgeholt.
Ich zögerte zu lange, wodurch er im Inneren der Hütte verschwand und mich draußen zurückließ. Nach einer Weile legte ich mich in den weichen Schnee und beobachtete den sanften Schneefall. Vor dem dunkelblauen mit Sternen übersähten Himmel hoben sich die hellen Flocken besonders gut ab. Ihr Anblick machte mich schläfrig und ich nickte für einige Stunden ein. Ein leises Krächzen weckte mich und sofort schlug ich die Augen auf. Erleichtert, dass ich mich noch immer vor Jisungs Zuhause befand, streckte ich mich ausgiebig und erhob mich schließlich aus dem Schnee. Das Quietschen der ungeölten Tür ließ mich zusammenschrecken und schnell versteckte ich mich hinter einer dichten Tanne.
Jisung trat aus der Hütte und lief in meine Richtung, vermutlich um Holz zu holen. Vorsichtig trat ich aus dem Schatten der Tanne heraus und legte ihm meine Hand auf die Schulter. Er zuckte zusammen und fuhr erschrocken zu mir herum. „Was machst du hier?", fuhr er mich an. „Ganz ruhig, ich tue dir nichts", antwortete ich gelassen und hob meine Hände, als Zeichen, dass ich keine Absicht hatte ihm zu schaden. Jisung wich trotzdem einen kleinen Schritt zurück und schaute mich misstrauisch an. „Sorry, dass ich dich so überfalle", sagte ich und wendete verlegen meinen Blick von ihm ab.
„Schon gut, aber komm bitte zum Punkt. Was möchtest du?", entgegnete er sanfter und ich lächelte zufrieden. „Kannst du kurz zu mir mitkommen?", fragte ich bittend und setzte meinen überzeugendsten Blick auf. Er zögerte sichtlich und schaute kurz zu der Hütte, bevor er nickte und mir zum Stadtrand folgte. So schnell es ging führte ich Jisung in mein kleines Zimmer. Er schloss die Tür hinter sich und ich bot ihm einen Platz auf dem schmalen Bett an, doch er setzte sich auf den Holzstuhl. Seufzend nahm ich auf dem Bett Platz und schaute verträumt zu Jisung, der sich nervös umschaute. „Ich liebe dich, Jisung", sagte ich ernst und er drehte sich zu mir um.
Sein Gesichtsausdruck war nicht erschrocken oder überrascht, sondern eher genervt. „Minho", sagte er ermahnend und ich starrte ihn an, verwirrt über den plötzlichen Wandel seines Auftretens. Vor einer Minute war er noch nervös gewesen und jetzt fühlte es sich an als wäre ich ihm untergeordnet. Langsam stand ich auf und ging auf ihn zu. „Ich liebe dich!", wiederholte ich nachdrücklicher und sah ihm dabei fest in die Augen. Jisung begegnete meinem Blick mit einem fast schon gelangweilten Ausdruck. Es fühlte sich an als würde mir die Kontrolle über die Situation entgleiten, weshalb ich ihn an den Armen packte und leicht schüttelte.
„ICH LIEBE DICH! Hast du das verstanden?", schrie ich ihn an und spürte Panik in mir aufsteigen. „Ja, Minho. Ich habe dich gut verstanden", erwiderte Jisung und ich sah ihn entgeistert an. „Sag was... irgendetwas. SAG VERDAMMT NOCHMAL WAS! ICH LIEBE DICH!", rief ich ängstlich, doch er sah mich nur verständnisvoll an. Das war falsch! Er sollte mich anschreien und mich beschimpfen, denn nur damit hatte ich gerechnet. Mein Kopf drehte durch und ich flüchtete zum Fenster. Mit zitternden Händen nahm ich mir ein Blatt und malte. Ich malte die Eiskristalle ab, die sich wegen der Kälte auf dem Fensterglas gebildet hatten. Ich malte und verlor mich darin. Langsam beruhigten sich meine Gefühle und ich bekam wieder die Kontrolle zurück.
Doch als ich mein Werk im Ganzen betrachtete, sah mir Jisungs Kopf entgegen. Ich drehte mich um und plötzlich bildeten alle gemalten Eiskristallbilder Jisungs Gesicht ab. Jisung wie er lächelte. Jisung wie er mir zuzwinkerte. Jisung wie er nachdenklich zur Seite sah. Schmerz explodierte in meinem Kopf und das letzte was ich sah, waren die in der Sonne glitzernden Eiskristalle am Fenster.
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Wer ist jetzt verwirrt? xDMinho ist psychisch erkrankt und befindet sich in einer geschlossenen Psychatrie. Er leidet an Panikattacken und sein Gehirn reflektiert die Krankheit in Form von der Imagination der kalten Umgebung. Jisung, der im wirklichen Leben sein Therapeut ist, ist die einzige Person, die ihm hilft, deswegen konzentriert er sich komplett auf ihn und ist nahezu von ihm besessen. Dieses Gefühl missinterpretiert sein Gehirn als aufrichtige Liebe. Wegen seiner Panikattacken und der Angst vorm Kontrollverlust, hat Jisung ihm beigebracht seine Gefühle mithilfe des Zeichnens zu kontrollieren. Diese Situation die Minhos Gehirn fantasiert, stellt die Realität dar, nur eben in einer anderen Umgebung und in anderen Rollen. Die Schneeflocken/Eiskristalle symbolisieren dabei Minhos psychische Erkrankung, da sie erst einmal schön anzusehen sind, aber auch tödlich sein können.
Wenn ihr noch Fragen habt, fragt gerne ->
Wie fandet ihr diesen etwas anderen OS?

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Stray Kids OS
FanfictionStray Kids Oneshots mit verschiedenen Shippings ☞︎boyxboy ☞︎Drama ☞︎Fluff ☞︎Smut Wünsche bezüglich Shippings werden gerne angenommen! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ⚠︎︎Alles ist reine Vorstellung und hat nichts mit den wahren Personen zu tun⚠︎︎