Kapitel 10

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In den nächsten Momenten war es unheimlich still.
Kein einziges Kampfpaar machte auch nur Anstalten, den Kampf zu beginnen. Saskia spürte die Blicke ihrer Mitschüler im Nacken, die sie und ihren Gegner ganz genau beobachteten.

Doch Saskias Fokus war ganz dem Jungen gewidmet, der ihr gegenüberstand. Ezo allerdings machte keinen Mucks und schien durch Saskia hindurchzusehen, als ob sie bloß Luft wäre. Er ignorierte sie komplett.

So ging das eine Weile, und dennoch wagte Saskia es nicht, den ersten Schritt zu machen. Ihr Atem ging flach, ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und ihre Angst war einfach zu groß, während die Warnung ihres Lehrers immer wieder in ihrem Hinterkopf abgespielt wurde wie ein Film, der nie endet.

„Aber sage mir danach nicht, ich hätte dich nicht gewarnt wenn du anschließend nur noch zur Krankenstation kriechen kannst."

Gänsehaut überzog sie am ganzen Körper während ein eiskalter Schauer ihr über den Rücken runterlief. Und nun stand sie da, Ezo gegenüber und war vor Angst wie gelähmt, auch wenn der Kampf noch nicht einmal begonnen hatte.

Es waren sicher schon zehn Minuten vergangen und es war so ruhig, dass man eine fallende Stecknadel hören würde. Langsam beschlich Saskia das Gefühl, das irgendetwas nicht stimmte.
Irgendwas war faul an der ganzen Sache. Was ist hier los?, dachte sie verwirrt und drehte sich zu Mr. Brighteneye um, wollte ihn fragen, was gerade hier passierte.

Ein großer Fehler.

Kaum hatte sie sich umgedreht, erklangen Schreie im ganzen Raum und aus den Augenwinkel sah Saskia wie ihre Mitschüler hektisch mit der blanken Angst in den Augen zurückwichen.

„Pass auf!", schrie Sina sie angsterfüllt an und Saskia fuhr herum.
Im nächsten Augenblick erstarrte sie und ihre Augen weiteten sich vor Schreck.
Dort, wo ihr Klassenkamerade gerade eben noch gestanden hatte, schlängelte sich ein etwa 2,5 Meter langer, mit braun-grünlichen Schuppen überzogener Körper aus einem der Hosenbeine der Jeans, die Ezo getragen hatte, heraus.

Trotz ihrer geringen Schlangenkenntnisse wusste Saskia sofort, was für ein Tier das war.
Ein Inlandtaipan, die gefährlichste Schlange der Welt. Nach einem Biss, der nicht behandelt wird, hatte man nur noch 45 Minuten zu leben.

Immer wieder hatte sie von Fällen gehört, in denen Menschen starben nach einem Biss der Schlange.

Jetzt hieß es Schlange gegen Schlange, Schlange gegen Mensch.

Saskia wusste, dass sie sich verwandeln sollte, schließlich war das hier ein Kampf, doch sie wollte nicht sterben.
Von ihrer Entschlossenheit und ihrem Mut war nichts mehr da, nicht mal mehr ein Funke.

Sie wollte weg, einfach nur vor allem davonlaufen, all ihre Ängste, Zweifel, Sorgen, Gefühle und vorallem Ezo hinter sich lassen.

Doch sie konnte nicht.

Auf einmal war sie wie in Schockstarre und schweißgebadet, ihre Hände zitterten und verkrampften sich und ihr wurde schwindelig. Plötzlich machte sich ein starker Druck in ihrer Brust bemerkbar,  als ob ein zehn-Tonnen-LKW auf ihr lasten würde und sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr in ihre Lungen bekommen zu können.

In diesem Moment nahm sie nichts war, hörte und sah nichts.

Weder die panischen Rufe ihrer Mitschüler, noch den Inlandtaipan der ihr immer näher kam.

Ihr Körper schien ihr nicht mehr zu gehorchen, sie konnte sich nicht mehr bewegen und zitterte bloß am ganzen Leib.

Saskia konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, auch wenn der Tod auf eimal so nah schien.
Eine winzige Ecke ihres Verstands brüllte sie an, zu laufen, doch es ging nicht.
Panische Angst breitete sich in ihr aus, überlief sie eiskalt und krallte sich in ihr fest.

Was war bloß mit ihr los?

Nur vernebelt sah sie Ezo, der ihr nun gefährlich nahe gekommen war. Zu nahe.

Ich will nicht sterben, war Saskias letzter Gedanke.
Dann biss die Schlange zu.

Perfekt- eine Woodwalker FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt