PART 8

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Ich hatte gestern Abend mit Liam telefoniert. War aber nichts besonderes gewesen. Nur ein "wg" - "wmds"- Gespräch. Boooring.
Eigentlich wäre heute Schule gewesen, aber ich hatte keinen Bock. Wo meine Mom war wusste ich nicht, aber konnte es mir gut vorstellen. Zu Hause war sie jedenfalls nicht. Immerhin konnte ich so besser die Schule schwänzen. Ich hatte keinen Bock auf das Gelaber der Lehrer. Auf meinen Einzelplatz den gesamten Schultag über. Die Gang. Einfach alles was mit Schule zu tun hatte. Ih. Ich saß lieber in meinem Bett und überlegte was ich tun sollte. Jetzt wusste ich es. Ich lief zum Schlafzimmer meiner Mutter und betrat es. Ich sah mich um, ging zu ihrer kleinen Kommode neben ihrem Bett und öffnete die obere Schublade. Umschläge kamen zum Vorschein, 5 Umschläge mit Namen: von Jonas, von Bradley, von Jack, von Ole, von Diego. Achso ok, ein Deutscher, zwei Amis und zwei Spanier. Ich öffnete den Umschlag von ''Jonas'', der wahrscheinlich ein deutscher Mann war und fand darin einen 100€ Schein. In Bradleys Umschlag lagen sogar 150€. Joa, gut bezahlt wurde sie anscheinend. Ich konnte es nicht fassen.
Eine Schublade tiefer entdeckte ich nicht etwa normale Unterwäsche, wie ich sie hatte, sondern nur Dessous. Mir reichte es jetzt. Gerade wollte ich die Schublade wieder schließen und die Umschläge weglegen,da öffnete meine Mom die Tür. Ihr Gesichtsausdruck war erschrocken und wütend. Shit. Ich hatte sie nicht kommen hören.
'' Cara, was machst du hier? '' fragte sie und man merkte, wie sie versuchte ruhig zu bleiben, nicht auszurasten.
'' Ich habe das Recht dazu. '' antworte ich taff. '' Oh nein, das hast du nicht. Ich dachte ich hätte dich gut erzogen, dann müsstest du wissen, dass man nicht in den Sachen anderer herumstöbert. Du hast mein Vertrauen missbraucht. ''
Tzz, das war mir gerade so egal.  ''Fang du nicht an von guter Erziehung zu reden!'' sagte ich laut und jetzt böse.

Ich ließ alles stehen und liegen und rannte in mein Zimmer. Alles gut, komm runter, reg dich nicht auf. Such die Tabletten. Schrei nicht los. Brich nicht zusammen. Meine Hände zitterten, ich suchte vergeblich nach den Pillen, die die angenehme beruhigende Wirkung hatten. Ich atmete schnell und durch den Mund. Mein Herz schlug gefühlte 300 Mal pro Minute mit einer enormen Kraft. Mein Kopf schmerzte stark und fühlte sich an als hätte sein Gewicht sich verdreifacht. Eigentlich mein gesamter Körper fühlte sich so an. Ich atmete auf. Endlich hatte ich sie gefunden. Ich nahm gleich zwei der Pillen schnell ein und legte mich dann ins Bett. Schweißperlen liefen meine Stirn herunter.

Nach einer halben Stunde wurde ich ruhiger und ziemlich müde. Endlich. Sie wirkten. Auch wenn ich aufhören wollte mit den Drogen, in solchen Momenten konnte ich das einfach nicht. Und hierbleiben konnte ich auch nicht. Ich wollte wieder zu Liam gehen. Aber ich würde noch ein paar Tage warten, bis ich meiner Mutter so egal war wie sie mir. Ja, sie war mir mittlerweile wirklich egal und alles was sie tat auch. Sie gab mir keine Liebe, die eine Mutter ihrer Tochter oder ihrem Sohn eigentlich geben musste, genauso wie ein Gefühl von Sicherheit, Schutz und Geborgenheit. Sie bumste sich nurnoch durch die ganze Stadt, anstatt sich einen ordentlichen Job zu suchen, mit dem sie genug Geld verdiente. Aber naja, mir war es wie gesagt jetzt egal. Mein Rucksack war noch gepackt. Ich konnte jederzeit abhauen.

Es war jetzt 12:00. Ich lag noch immer in meinem Bett. Aber mir ging es wieder gut, einigermaßen. Ich dachte nach die ganze Zeit und mir wurden einige Dinge klar. Mein Leben war im Arsch. Ich würde wieder abhauen. Würde ich Liam als Freund verlieren, wäre es entgültig vorbei. Dann würde ich es tun. Ja, ich war kurz davor, Suizid zu begehen. Ich wurde ja auch von jedem gehasst, sogar von meiner eigenen Mutter. Nur von Liam nicht, deshalb musste ich so schnell es ging irgendwie wieder zu ihm. Aber diesmal würde ich mich der Polizei nicht zeigen, sondern versteckt bei ihm wohnen. Ich wollte auf keinen Fall wieder zurück.

Manchmal denke ich über ein perfektes Leben nach. Mama, Papa, einen Bruder oder eine Schwester, die immer für mich da sind, die mich lieben und mir ein Gefühl von Geborgenheit geben. Die immer hinter mir stehen, sich Sorgen um mich machen, weil ich einmal den Bus nach der Schule verpasst habe und noch nicht zu Hause angekommen bin.
Einen Freund, der mich über alles liebt und mit dem ich mir eine gemeinsame Zukunft vorstellen kann.
Freunde, in der Schule und auch außerhalb, die für mich da sind, mit denen ich viele Dinge erleben kann, gute und schlechte, schöne und aufgeregende. Mit denen ich zusammen neue Lebenserfahrungen machen kann. Vor denen ich ich selbst sein kann.
Ein Leben ohne Drogen. Ich will glücklich sein ohne Tabletten, Zigaretten oder Joints, die mich einfach von Tag zu Tag mehr kaputt machen.
Das wäre ein perfektes Leben für mich und ich beneide alle, die so ein perfektes Leben haben.

Aber ich lebe nunmal hier. Ich habe halt Pech. Naja, was soll ich noch auf dieser Welt, wenn ich mein ganzes bisheriges Leben nur unglücklich war?

Über das alles dachte ich nach, und bei diesen traurigen Gedanken, liefen mir Tränen die Wangen herunter.

A D D I C T E DWo Geschichten leben. Entdecke jetzt