Kapitel 4

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„There us a swelling storm and I'm caught up in the middle of it all. And it takes control of the person I thought I was" - Waves (Dean Lewis)

„Na, Angst gehabt?", fragte Marlon belustigt und stupste sie an, als sie vom Motorrad abstieg.
„Pff, was denkt ihr denn von mir", sprach sie belustigt und versuchte die Schnalle am Helm zu öffnen, schaffte es aber nicht. „Jungs... Hilfe?"
Marlon lachte nur und half ihr aus dem Helm raus.
Sie waren scheinbar etwas spät dran, denn alle anderen schienen schon da zu sein. Mit der Ausnahme von Maxi.
„Nicht mal heute schafft er es rechtzeitig", seufzte Leon, enttäuscht über Maxi's Verhalten. Andererseits erleichterte es ihn, als er einen Blick mit Marlon tauschte. Beide wollten Maxi so fern wie möglich von Ella halten. Sie musste schon genug durchmachen.
„Kara! Vanessa", rief Ella und trat langsam auf beide zu. Die beiden Mädels liefen schon zu ihr rüber und umarmten sie.
„Schön dass du auch da bist. Dann können wir immerhin etwas an unserer Mädchenquote verändern", kicherte Klette. „Spielst du mit?"
„Heute leider nicht", seufzte Ella und warf Vanessa einen Blick zu.
„Immer noch nicht besser?", hakte diese besorgt nach.
„Leider nein. Und wenn ich Pech habe wird das auch so bleiben. Ich hab eine Diagnose bekommen. Du weißt der Termin beim Gastrologen vor zwei Monaten und die Magenspiegelung?"
„Und?"
„Chronische Gastritis. Also chronische Magenschleimhautentzündung." Ella presste ihre Lippen aufeinander und sah in Vanessa's mitfühlende Augen. Diese erschrak, als sie den schmerzvollen und leeren Ausdruck in Ella's Augen entdeckte. Gestern wurde dies durch die Freude des Wiedersehens überspielt doch heute konnte Vanessa sie wirklich sehen. Nicht das was sie vorgab, sondern einen ganz kurzen Einblick, wie es ihr wirklich ging.
„Scheiße, Ella." Vanessa schloss sie in die Arme und Klette quetschte sich mit in die Umarmung.
„Und was heißt das jetzt?", fragte Vanessa nach und strich ihrer besten Freundin liebevoll über die Schulter.
Ella zuckte nur mit den Schultern, denn sie wusste, wenn sie jetzt reden würde, würde auch Tränen fließen.
„Mädelsabend und dann klären wir alles auf und erzählen uns, was wir in den letzten Jahren fern voneinander erlebt haben?", schlug Ella vor, als sie sich gesammelt hatte und es geschafft hatte, dass die Tränen ihre Augen nicht verlassen hatten.
„Klingt gut. Bei Vanessa? Da wird uns am wenigstens einer der Jungs stören." Klette schaute die anderen beiden Mädels an, welche zustimmend nickten.
„EY MÄDELS! Das ist kein Kaffeeklatsch hier!", rief Nerv zu Ihnen rüber, wo die anderen Kerle auf die Mädels warteten um mit dem Spielen zu beginnen.
Diese rollten alle gleichzeitig mit den Augen, gingen aber rüber zu den Jungs.
„Wenn was ist oder was braucht's sagst du Bescheid, ja?", befahl Vanessa ihr flüsternd und drückte ihr emphatisch den Arm, bevor sie zu den Jungs aufschloss, die sich schon warmliefen. Klette strich ihr über den Rücken, bevor sie Vanessa folgte.
Ella lächelte leicht bei den beiden Mädels, sie wusste jetzt schon, dass die drei ein episches Trio werden würden.
Sie wurde etwas nostalgisch, während sie den wilden Kerlen beim Training zusah. Sie dachte an ihr eigenens Training zurück und an ihren Tanzpartner, den sie wohl oder übel gehen lassen musste.
Seit über einem Jahr plagte sie nun schon ständige Übelkeit. Am Anfang war es gar nicht so oft, doch dann wurde es immer schlimmer und regelmäßiges Erbrechen kam dazu, sodass sie gezwungenermaßen einen Arzt aufsuchen musste. Nachdem sie etliche Tests hatte machen müssen, hatte sie schließlich von einem Spezialisten erfahren, dass sie eine chronische Magenschleimhautentzündung hatte. Eine chronische Gastritis.
Und natürlich hatte sie das Glück, dass es keine Medikamente gab um diese zu heilen oder abzuschwächen. Das einzige was ihr zur Wahl stand waren Vitamine und eine strikte Ernährung, hatten ihr zu mindestens die Ärzte so erklärt.
Doch trotz dessen schien alles nicht so wirklich besser zu werden. Die Ärzte schienen auch nicht so wirklich interessiert zu sein bei ihren Beschwerden und hatten alles auf den Stress geschoben, was tatsächlich ein typischer Auslöser war bei einer chronischen Magenschleimhaut Entzündung.
Daher hatte Joachim sie gebeten letztendlich zu ihm zu ziehen. Er war sowieso viel mehr ein Vater für sie gewesen, als ihr leiblicher, weswegen sie nicht gezögert und zugestimmt hatte. Beide hofften, dass wenn sie aus ihrem alten Umfeld rauskam alles besser werden würde.
Sie hatte sowieso schon zu viel verloren. Ihre Eltern hatten sich sowieso nicht richtig für sie interessiert und schienen nur an ihr interessiert gewesen zu sein, wenn sie einen Wettkampf gewann. Das diente aber nur dass sie in ihren Freundeskreisen erzählten wie erfolgreich ihre Tochter doch war. Ella's Freunde hatten sich alle distanziert, als sie angefangen hatte so krank zu werden. Ella kam nur noch gelegentlich zur Schule hatte kaum Kraft ihre Freunde zu sehen und diese hatten es aufgegeben zu ihr zu kommen. So wurde sie langsam aber sicher aus der Freundesgruppe rausgedrängt.
Am schlimmsten traf sie allerdings die Realisation, als sie das Tanzen aufgeben musste.
Tanzen war für sie immer einer der wichtigsten Punkte in ihrem Leben gewesen. Sie lebte für den Sport. Seitdem sie fünf war tanzte sie Standard und hatte sich mit ihrem Tanzpartner schnell aber sicher zum Ende hin aufs B-Niveau getanzt. Die beiden waren kurz davor gewesen zum A-Niveau hin aufzusteigen. Doch soweit kam es nicht. Nichts machte sie glücklicher als Tanzen. Sie lebte fürs Tanzen.
Und das Aufzugeben hatte ihr viel gekostet. Zu viel. Sie war in einem tiefen schwarzen Loch der Frustration versunken, weil alles in ihrem Leben bergab zu laufen schien.
Ein Teil der Kerle konnte zwar ihr strahlendes Lächeln auf ihre Lippen zaubern, doch das Funkeln in ihren Augen blieb aus. Die klaffende Leere blieb, egal was. Denn niemand konnte den Schmerz in ihrem Herzen lindern.
Sie hatte fürs Tanzen gelebt und zu sehen, wie ihre Leidenschaft langsam durch ihre Finger glitt hatte sie zerstört.
Sie kam immer weniger zum Training, von Schmerzen geplagt und begleitet von ständiger Übelkeit konnte sie den Sport einfach nicht mehr ausüben. Sobald sie etwas lief, sich etwas mehr anstrengte spürte sie es. Sei es mit Schmerzen, Übelkeit oder im schlimmsten Fall sogar Erbrechen.
Es zerbrach sie.
Es zerbricht sie.
Und jeder der sie halbwegs kannte konnte es in ihren Augen sehen.
Sie dachten der Sonnenschein wäre zurück.
In Wahrheit war nur ein Schatten ihrer selbst zurückgekehrt.
Doch eine Sache, die sie nie verlieren würde war ihre Lust zu leben. Sie wollte die Welt sehen und bereisen. Sie hoffte tief und fest, dass sich die Situation mit ihrem Magen bessern würde und sie die Schönheit des Lebens wieder entdecken würde. Und daran klammerte sie sich fest.
Natürlich half Musik ihr durch diese Zeit. Viele schöne Songs halfen ihr durch diese schwere Zeit, die ihr trotz ihrer ganzen Beschwerden zeigten, dass das Leben in den guten Momenten wunderschön sein konnte.

- 1130 Wörter

Bad boy gone good - DWKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt