Tapsend schlich ich mich Barfuß durch die dunklen Korridore. Mein weißes Nachthemd wirbelte bei meinen aufgeregten Schritten sachte um meine Beine, wie ein Schleier im Wind, der verstummte, als ich an Severus Bürotür angekommen war. Ohne zu klopfen trat ich ein, drückte die Tür schnell zu und drehte mich dann zu meinem Adoptivvater um.
„Was machst du hier? Es ist mitten in der Nacht."
Der dunkelhaarige erhob sich von seinem braunen Holzstuhl, der dabei leicht knarzte und lief schnellen Schrittes auf mich zu. Seine Hände fanden ihren Weg auf meine Schultern und er musste im sachten Kerzenschein meine geröteten Wangen bemerkt haben, denn seine Augen formten sich zu schmalen Schlitzen.
„Was ist passiert?" drängte er ein weiteres Mal. Ich nahm einen tiefen Atemzug und dann sprudelte alles aus mir heraus.
„Severus, ich hatte eine Begegnung mit Quirrell. Ich war auf dem Astronomieturm als dieses Rauschen schlimmer wurde und als ich mich darauf konzentriert habe hab ich plötzlich Stimmen gehört. Ich wollte eigentlich gehen als sie verstummten aber dann kam der Professor und wollte etwas von mir. Er hat nicht ein einziges Mal gestottert! Und dann hat er mich lange angestarrt, bis er davon Kopfschmerzen erlitt. Er hat angefangen mit jemandem zu reden und diese Stimme Meister genannt. Danach ist er einfach gegangen. Ich hab es Fred und George erzählt und die beiden glauben ich bin vielleicht ein Legilimentor und jetzt bin ich hier und total verwirrt."
Etwas überfordert blickte Severus auf mich hinab. Ich hatte so schnell gebrabbelt, dass er wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte von dem was ich ihm eben gesagt hatte verstanden hatte.
„Ganz ruhig, setz dich erstmal und dann erzähl mir alles nochmal von vorne. Aber bitte langsam."
Ich ließ mich ihm gegenüber auf einen Stuhl plumpsen und fing dann erneut an zu erzählen. Dieses Mal genauso detailliert wie bereits zuvor den Weasley Zwillingen.-
Severus hatte das Kinn auf seine Hand aufgestützt und grübelte lautlos vor sich hin bevor er wieder zu mir aufsah und seinen Gedankengang von zuvor scheinbar vollendet hatte.
„Diese Sache mit Quirrell gefällt mir ganz und gar nicht. Wenn er von einem Meister gesprochen hat kann es nur einen geben der in Frage kommt. Ich kann mir nur noch nicht vorstellen wie sie kommunizieren. Aber das soll nicht weiter deine Sorge sein Celeste. Darum werde ich mich kümmern."
Ich nickte nur. Wenn es tatsächlich etwas mit Voldemort zu tun hatte dann wollte ich so weit wie möglich davon entfernt bleiben. Ich kannte Severus gut genug und vertraute ihm mein Leben an. Wenn ich nicht wüsste, dass mein Vater noch lebte würde ich Snape sicherlich auch als meinen Vater bezeichnen, doch so kam es mir merkwürdig vor. Also verließ ich mich auf sein Urteilsvermögen, dass er sich um die Sache kümmerte ohne in Gefahr zu geraten.
„Was die Sache mit dem Rauschen angeht. Auch wenn ich nicht viel von den Weasley Zwillingen halte könnten sie recht behalten. Deren Vater Arthur ist schon Legilimentoren begegnet und hat ihnen sicher einiges darüber erzählt. Ich würde gerne etwas ausprobieren Celeste."
„Okay, was auch immer nötig ist um herauszufinden ob es stimmt, ich bin bereit dafür."
Severus nickte mir aufmunternd zu, bevor er meine Augen fokussierte und sein Blick sich festigte. Wie auch bereits bei Quirrell machte sich ein Kribbeln in meinem Kopf breit, aber sonst passierte nichts.
„Machst du schon was?", fragte ich neugierig, worauf sich Severus Haltung lockerte und er die Augen verdrehte.
„Die Ungeduld in Person", grummelte er kaum hörbar.
„Ich habe versucht in deinen Kopf zu gelangen. Eigentlich sollte es mir ein leichtes sein, bei jemandem der nicht geübt in Okklumentik ist und noch dazu bei einer Erstklässlerin. Doch dein Kopf scheint mich zu blockieren ohne dass du es weißt und es aktiv steuerst."
Erstaunt schaute ich ihn an. Konnte ich tatsächlich etwas, was wie unmöglich schien ohne mit der Wimper zu zucken?
„Das heißt aber nicht, dass es nicht noch passieren kann. Legilimentoren sind stark mit ihren Emotionen verknüpft, so fällt es ihnen nicht nur leichter die Gedanken anderer zu lesen und zu kontrollieren wenn sie starken Emotionen ausgesetzt sind sondern sie sind auch anfälliger für das Lesen der eigenen Gedanken, wenn sie selbst starke Emotionen verspüren", erklärte er mir, denn er schien mein triumphierendes Grinsen bemerkt zu haben, auch wenn ich versucht hatte die aufkommende Freude über diese Gabe zu unterdrücken.
„Das heißt nur weil du meine Gedanken gerade nicht lesen kannst heißt das nicht, dass du es niemals können wirst?"
Severus nickte.
Ich ließ mir seine Worte im Kopf zergehen. Es machte für mich Sinn. Legilimentik war eben auch eine Art der Magie und wurde wie jede Magie durch Gefühle verstärkt oder geschwächt. Die Neugierde in mir wuchs mehr darüber zu erfahren. Ich würde mir in den Ferien definitiv einige Bücher dazu durchlesen.
Dabei kam mir eine Frage auf.
„Hatte der Professor versucht meine Gedanken zu lesen? Es hatte sich genauso angefühlt wie eben."
In Severus Augen blitzte kurz etwas auf. Ich konnte jedoch nicht ausmachen was er gerade dachte.
„Ja Celeste. Das ist sehr wahrscheinlich. Damit möchte ich gerne eine Warnung aussprechen. Falls er wirklich versucht hat herauszufinden, welche Gabe du besitzt, dann wollte er dieses Wissen nicht für sich selbst. Voldemort sucht Anhänger, auch wenn er vielleicht nicht bei voller Kraft ist. Er ist ein Meister im manipulieren und da dein Vater einer seiner treusten Anhänger war versucht er vielleicht an dich heranzukommen, über Umwege. Bleibe Wachsam und sei auf der Hut. Es kann nichts gutes heißen."-
Meine Finger pressten sich eiskalt aneinander als ich mich auf einer der weichen Couches im Gryffindor Gemeinschaftsraum wiederfand. Ich wollte nicht in den Schlafsaal zurückkehren, weil ich genau wusste ich würde jetzt sowieso kein Auge mehr zu tun.
Der Gedanke daran, dass Voldemort mich im Visier hatte drückte schwer auf meine Schultern. Auch wenn Severus nur eine Vermutung ausgesprochen hatte so lag diese sehr nahe an der Realität. Hatte ich deshalb immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich Quirrell ansah? War es das Wissen darüber, dass der dunkle Lord mit ihm in Verbindung stand, dass er mich bewachte und mich womöglich auf seine Seite ziehen wollte?
Das weiß meiner Knöchel stieß hervor desto mehr ich die Hände ineinander faltete, weshalb ich sie entspannte und mir in den Schoß legte.
Wieso machte ich mir überhaupt solche Gedanken über Voldemort? Nur weil mein Vater ein Todesser ist heißt das nicht, dass ich den selben Weg einschlagen würde. Ich würde niemals in die Reihen Voldemorts treten, egal mit was er mich erpresste. Oder?
„Celeste?", rüttelte mich eine sanfte Stimme aus den Gedanken. Ich blickte auf, direkt in die glänzend braunen Augen von George. Besorgt schaute er auf mich hinab.
„Kannst du nicht schlafen?", fragte er nachdem er sich langsam neben mir niederließ, wie aus Angst ich könne jeden Moment aufspringen und vor ihm davon laufen.
„Nicht wirklich nein."
„Soll ich dir Gesellschaft leisten? Vielleicht wirst du ja dann müde", lachte der rothaarige. Ich drehte mich zu ihm. Das schöne Lächeln was sich über seine Lippen zog steckte mich an und ich lächelte zurück.
„Komm her."
Er breitete einen Arm aus, sodass ich mich seitlich an ihn kuscheln konnte. Ich nahm das Angebot dankend an und legte meinen Kopf sachte auf seine Schulter. Sofort umhüllte mich eine angenehme Wärme.
„Danke, dass du für mich da bist George", flüsterte ich ihm leise entgegen. Ich war mir nicht sicher ob ich bereits träumte oder das gerade Wirklichkeit war.
„Immer", entgegnete er und drückte meinen Körper enger an sich.
Meine Augenlider fielen wie von selbst zu, als ich den angenehmen Duft von Zimt und Kaminrauch einatmete der von ihm ausging.
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How many secrets can you keep?
FanfictionCeleste Crouch, Tochter von Barty Crouch Junior, wird nach dem Fall Voldemorts in die Obhut von Severus Snape gegeben, nachdem ihr Vater zu lebenslanger Haft in Askaban verurteilt wurde. Ihr Leben beginnt sich aus Lügen zusammen zu flechten, bis die...