Geständnisse (Teil I)

96 11 95
                                    


Frohes Neues Euch allen! <3



Guten Morgen, Paul und ein Nicken – das war alles, was Fiona nach zweiundzwanzig Jahren als Mutterfigur für mich übrighatte. Aber Hauptsache, ihre Kolleginnen wurden von ihr umarmt.

„So eine Fotze!" Ich schlug die Tür zur Stationsküche hinter mir zu und ließ mich Ronja gegenüber am Frühstückstisch fallen.

Die blickte weiter ungerührt auf ihr Handy, als wäre sie solche Ausbrüche meinerseits bereits gewohnt. Was absolut nicht der Fall war. Ich war die Ruhe selbst. „Klingt, als hättest du auf dem Weg zurück vom Labor gerade Baba Jaga getroffen."

„Rate." Ich schnaubte. Es war egal, dass wir bis vor kurzem keinen Kontakt miteinander gehabt hatten – konnte sie nicht wenigstens so tun, als wäre sie nicht überglücklich darüber, mich losgeworden zu sein?

„Vielleicht hättest du lieber sie anstatt Noah zu deiner nächsten Sitzung einladen sollen."

Das wäre tatsächlich eine Möglichkeit, würde es mir nicht so gegen den Strich gehen, mit dem Hauptgrund meiner Probleme über meine Hauptprobleme zu sprechen.

Jaaa", ich zog das Wort in die Länge, bevor ich wieder aufstand, zum Kühlschrank auf der gegenüberliegenden Wandseite stiefelte und mir von dort meine Brotdose schnappte, um sie schon auf dem Weg zurück zum Tisch aufzuklappen, „aber nein. Lieber gebe ich dem Kerl in Zimmer zwölf einen Hebe-Senk-Einlauf."

Ronja gluckste und legte ihr Handy beiseite, um mir endlich die Aufmerksamkeit zu schenken, die ich verdiente. „Das ist mal eine Ansage."

„Mh." Ich hob das Brötchen, das Noah mir heute Früh vorbereitet hatte, aus der Dose, als mir ein kleines giftgrünes Post-It vom Deckel auf die Unterseite flatterte.

Lass dich nicht von deinen Patienten ärgern! <3

Es war fast albern, wie schnell die letzten Minuten mir nichts, dir nichts in den Hintergrund gerieten.

Ich nahm den Zettel in die Hand. Noah hatte eine so furchtbare Schrift, dass es mir in den Augen wehtat.

Hoffentlich bekam ich morgen noch so einen Zettel von ihm – falls ich ihn wieder davon überzeugen konnte, bei mir zu schlafen. In getrennten Zimmern. Wie ein verstrittenes Ehepaar kurz vor der Scheidung.

„Was'n das?"

„Nichts, was dich etwas angehen würde." Ich wollte die Botschaft gerade zurück in die Brotdose tun, damit ich sie zuhause als Muntermacher neben die paar anderen mit Tesafilm an meinen Kühlschrank kleben konnte, als Ronjas Finger sie mir aus der Hand rissen.

Allerdings nur die Hälfte.

Ich starrte auf das Lass dich nicht v, das in meiner Hand zurückgeblieben war. Dann starrte ich zu ihr hin. „Willst du irgendwie sterben, oder so?"

Sie schürzte für zwei Sekunden die Lippen und zuckte schließlich mit den Schultern, als wäre nichts passiert. „Reg dich ab."

Hörte ich richtig?

Du machst was von mir kaputt, aber ich soll mich abregen?"

„Ja, sollst du." Sie schnippte die andere Hälfte von Noahs Botschaft über den Tisch zu mir rüber. „Weil der Wisch absolut nichts wert ist. Mal ehrlich", sie beugte sich vor, hob dabei beide Brauen, „was nützen dir gemalte Herzen, wenn er dich trotzdem bei jeder Gelegenheit gegen die Wand laufen lässt?"

An meiner OberflächeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt