Woche 4

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Der nächste Tag war wieder sehr warm, aber die Schwüle war verschwunden. Harry und Bill arbeiteten wieder in dem kleinen Garten, der sich in den letzten Wochen zu einem kleinen Paradies entwickelt hatte. Sie waren damit beschäftigt, die letzten Beete von Unkraut zu befreien. Sie schwiegen und dies gab Harry die Zeit, über das gestrige Gespräch mit Severus nachzudenken.

Es war Bill, der sich irgendwann aufrichtete und das Schweigen brach.

»Ich hab gehört, dass du gestern mit Severus gesprochen hast. Alles in Ordnung?«, die Stimme des jungen Mannes war vorsichtig, als ob er die Worte sorgsam wählte.

Harry blickte auf, legte das Unkraut, das er gerade gezupft hatte, beiseite, wischte sich die Erde von den Händen und ließ sich ebenfalls auf dem Rasen nieder.

»Ja, es war ... aufschlussreich«, antwortete er zögerlich. Er sah Bill an und erkannte sofort in dessen Blick, dass dieser bereits wusste, was Severus ihm offenbart hatte.

»Du wusstest es, nicht wahr? Über Severus und meinen Vater?«, fragte Harry, seine Stimme war ruhig, aber seine Augen suchten in Bills Gesicht nach Antworten. Dieser nickte langsam, sein Blick ernst.

»Ja, ich wusste es. Severus hat mir davon erzählt. Wir waren oft allein und na ja ... sagen wir einfach ich habe ihm auf den Kopf zugesagt, dass ich denke, er sei schwul und dann kam eines zum anderen«, erklärte er.

Harrys Augenbrauen hoben sich leicht.

»Dann müsst ihr also wirklich beste Freunde sein«, stellte er grinsend fest, wobei er versuchte, diese Information irgendwie zu verarbeiten. Bill lächelte schwach.

»Ja, auf eine seltsame Art und Weise sind wir das. Severus und ich, wir verstehen uns auf einer Ebene, die schwer zu erklären ist.« Eine kurze Stille trat ein, bevor Bill fortfuhr: »Und wie fühlst du dich jetzt, nachdem du das alles weißt?«, Harry seufzte und blickte in die Ferne.

»Ich denke, ich kann ihn jetzt besser verstehen. Es erklärt so einiges, was sein Verhalten mir gegenüber betrifft ... und meinem Vater gegenüber«, er machte eine Pause und fuhr dann fort: »Aber ehrlich gesagt, ich muss das alles erst einmal sacken lassen. Es ist viel zu verarbeiten.« Bill nickte verständnisvoll.

»Das kann ich gut nachvollziehen. Es ist nicht einfach, solche Dinge zu erfahren, vor allem über jemanden, den du glaubtest zu kennen.«

»Ja schon, aber am Ende ... hat mein Vater auch meine Mutter geliebt und das beruhigt mich irgendwie«, sagte Harry und wieder nickte Bill. Sie arbeiteten eine Weile schweigend weiter, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Die Sonne schien warm auf sie herab und der Geruch von Erde und Kräutern lag in der Luft.

Nach einigen Minuten brach Harry das Schweigen wieder.

»Weißt du, Bill ...«, begann er langsam, »ich glaube, ich verstehe jetzt ein bisschen besser, warum die Dinge so gelaufen sind, wie sie sind. Und irgendwie ...«, er zögerte, suchte nach den richtigen Worten. »Irgendwie gibt mir das ein Gefühl der Versöhnung. Nicht vollständig, aber es ist ein Anfang«, Bill sah ihn an und nickte.

»Ja, manchmal ist das alles, was wir vielleicht brauchen – einen Anfang finden«, sagte er und Harry nickte lächelnd.

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Die vierte Woche brach an und allmählich fanden alle ihren Rhythmus. Remus war geblieben, denn Platz im Haus gab es genug und Severus musste zugeben, dass er die Gesellschaft des Werwolfs genoss, vor allem da Bill nun mehr mit Harry zusammen war als mit ihm.

An einem lauen Abend saßen Remus und Severus, jeweils ein Glas Wein in der Hand auf der Bank im neu geschaffenen Garten. Es war mild, man hörte die Grillen und ein leichter Wind ging. Es schien, als würden beide Männer ihren Gedanken nachhängen. Es war Remus, der irgendwann das Wort erhob.

Aus den SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt