In einem fruchtbaren Land brach vor einigen Jahrzenten schreckliches Klima heran – vom 21.12 bis zum 20.06 regnete es jeden Tag in Strömen – und vom 21.06 bis zum 20.12 herrschte eine schreckliche Hitze, keine einzige Wolke verdeckte die Sonne am Himmel.
In diesem einst fruchtbaren Land hatten sich die Menschen verändert. Sie waren keine Menschen mehr – die Königin hatte ihr Volk liebevoll Mutationen genannt. Diese Mutationen schliefen viel. Fast das ganze Jahr lang.
Nur kurz vor den Sonnenwenden erwachten sie – und gingen hinaus, um nach Nahrung zu suchen.+++
Hunger.
Das war das Einzige, was Roberts Denken beschäftigte, als er am 18. Juni die Augen aufschlug. Und durch seinen schlauen Kopf würde er es dieses Jahr auch bekommen.
Den der Rest des Landes – der würde erst morgen aufwachen.Doch nicht Robert. Er würde heute über die Landesgrenze reisen. Dort gab es diese extremen Wetterbedingungen nicht – dort lebten Menschen. Keine Mutationen.
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Ein letzter Schritt. Es war, als würde er durch eine dicke Schicht Wackelpudding laufen, doch auf der anderen Seite ploppte er unversehrt wieder heraus.
Auch die Königin war heute noch in einer Starre, und so würde die undurchdringliche Barriere erst morgen wieder stehen.
Ein Lächeln legte sich auf Roberts Lippen. Durch seine Schlauheit war es ihm gelungen, den Chip in seinem Gehirn umzuprogrammieren, um heute schon aufzuwachen – ein paar Befehle an das Gerät hatten genügt, und er hatte ihn heute schon aufgeweckt.
Robert sank auf die Knie und berührte ungläubig das Gras unter ihm. Es kitzelte seine Handfläche und erleichtert lachte er auf. Endlich wieder Leben zu spüren – wie sehr er das vermisst hatte.
Doch trotz des besonderen Augenblicks hatte er seine Mission im Kopf – unter anderem durch die Kopfschmerzen, die bereits jetzt begannen.Verdammt. Er hatte sogar noch weniger Zeit, als angenommen, bevor er sterben würde.
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Viel zu kurz. Eigentlich war es lächerlich, dass das nächste Dorf so nah an der Grenze lag. Die Menschen dort hatten überhaupt keine Chance gegen die Mutationen aus dem Nachbarland, und doch hatten sie keine Angst – Weil sie nicht mit ihm rechneten.
Erneut legte sich ein Grinsen auf Roberts Lippen und er begann leise zu summen, um sich selbst von seinen Kopfschmerzen abzulenken.
Sein Blick wanderte über die Häuser in dem Dorf, und er beschloss, es einfach beim erstbesten zu versuchen. Wenn ihm die Tür geöffnet werden würde, dann wäre es perfekt.
Wenn nicht – auch nicht weiter schlimm. Er hatte seine Fähigkeiten schon ein halbes Jahr lang nicht benutzt und war ganz erpicht darauf, es erneut zu tun.Er kam näher zu dem Haus und schaltete seine Tarnung ein, die ihn wie einen Menschen aussehen ließ.
Jetzt, wo er näherkam, und Blut durch Adern pulsieren hören konnte, regte sich auch sein Hunger wieder.
So stark, wie er noch nie gewesen war.Und Robert begriff – es war egal, ob sie ihm die Tür öffnen würden oder nicht. Ein einfaches Stück Holz war nicht dazu bestimmt, ihn von seiner Mission abzuhalten.
Er hob eine Hand, legte sie auf den Türgriff und horchte in die Tür hinein. Mit einem leisen Klicken öffnete sie sich, als Robert gedanklich den Schlüssel umdrehte.
Das Innere des Hauses lag still vor ihm, als er eintrat.
Doch seine Bewohner, sieben kleine Jungs, die alle gleich aussahen, standen vor ihm. Sie liefen nicht weg, versuchten nicht mal, sich zu verstecken.
Denn sie erkannten den Hunger in seinen Augen – und er die Gewissheit in ihren, dass sie wussten, dass sie sterben würden.
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Es war kurz gewesen. Ohne Blutvergießen. Ein kurzes Augenschließen seinerseits und die Sieben wurden in seinen Magen transferiert.
Dann hatte er sich umgedreht und war gegangen. Seine Schritte waren schwer gewesen, als er die Tür erleichtert ausatmend hinter sich schloss. Ohne zurückzublicken. Denn er wusste, wenn er den leeren Flur sehen würde, kämen die tobenden Schuldgefühle, die jeden seiner Gedanken lahmlegen würden.Doch für sein Überleben war es lebensnotwendig. Er musste diese Seite an sich akzeptieren, diese Mutation, die in ihm wütete. Selbst, wenn er das eigentlich nicht wollte.
Wenigstens hatte er dieses Mal Glück gehabt. Sieben Personen auf einmal zu finden, war schwer. Doch er wusste nicht, ob er es hätte mehrmals durchziehen können.
Doch jetzt – nach sieben Leben, war sein Hunger verschwunden. Nur die Kopfschmerzen blieben.Das, was er heute getan hatte, konnte er nicht mehr durchziehen. Selbst wenn es seinen Hunger am besten befriedigte – nächstes Mal würde Robert wieder Mutationen töten.
Doch am liebsten wollte Robert verschwinden. Am liebsten würde er so weit wie möglich gehen, und alles hinter sich lassen.
Doch er konnte nicht. Durch den Chip war er an seine Mutter gebunden – das ganze Volk war es. Alles, was ihm übrigblieb, war zu überleben, bis sie sterben würde.
Doch da dies schon seit 500 Jahren so ging, hatte Robert keine Hoffnung mehr.Jemand wie seine Mutter, so jemand starb nicht. Nie.
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I'm so sorry... Wirklich, ich weiß, die meisten von euch sind wegen lustigen Kurzgeschichten hier - und das ist so ziemlich das Gegenteil davon. Aber kennt ihr das, wenn man einmal anfängt zu schreiben, und nicht mehr aufhören kann? Wenn die Worte nur so aus deinen Fingern fließen, und man in der Geschichte drinnen ist?
Sowas hatte ich noch nie. Noch nie. Außer jetzt, hier. Das, was ihr gerade gelesen habt - das war ein Stückchen meiner Seele.Und ich habe das Gefühl, dass irgendwelche Zusammenhänge nicht ganz klar sind, und es Logikfehler gibt. Sagt bitte, wo, damit ich sie ausbessern kann.
Vielleicht kommt auch noch ein bisschen was zu diesem Königreich - ich habe da eine Vorgeschichte im Kopf.Und eigentlich hat das Märchen überhaupt nichts mit dem hier zu tun - also weniger am Märchen bleiben als hier geht nicht😂. Und trotzdem, weil es hier drinnen steht, fehlt noch was. Ein ⭐ für euch wunderbaren Menschen da draußen.
Heute gibt es ein schwieriges Rätsel, eigentlich kaum zu lösen. Eigentlich müsst ihr raten. Also, eure Ratefrage: Wer ist diese ominöse Königin, von der hier die Rede ist? Ja, wir haben sie bereits kennengelernt. Ein kleiner Tipp: Sie ist natürlich keine der Königinnen, die in den letzten Märchen gestorben ist.Danke an euch alle fürs Lesen, Voten, Kommentieren und Feedback geben. Ohne das Ganze würde das Schreiben nur halb so viel Spaß machen.
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Märchen mal Anders
Humor»Super, eine Leiche als Freundin, meldete sich seine innere Stimme zu Wort.« ~Robert Hänsel und Gretel, Rotkäppchen und Dornröschen sagen dir etwas, oder? Und was hat Robert mit all diesen überaus bekannten Personen zu tun? Nun, wenn du es rausfinde...