Hänsel und Gretel

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Es gab einmal, in einem kleinen Dorf, das vollkommen von Wald umgeben war, eine etwas ungewöhnliche Familie.
Sie bestand aus einem Vater, dessen zwei Kindern, Zwillinge übrigens, die Mutter der Kinder, die im Garten begraben lag, der neuen Frau des Vaters und ihrer zwei Töchter.

Der Vater, Robert hieß er, war ein hart arbeitender Mann, der aber lange nicht genug verdiente, um seine gesamte Familie zu ernähren. Um das Essen wurde immer hart gestritten, meistens gelang es den Zwillingen und ihrer Mutter, am meisten Essen zu erkämpfen.

Lange ging das nicht gut. Die Stiefmutter der Zwillinge beschwerte sich, dass sie unfair kämpfen würden, weil sie sich zu zweit gegen sie verschwört hätten. Dabei kämpften sie und ihre Töchter sogar zu dritt gegen alle anderen. Was ihr noch weniger passte, war, dass die tote Mutter ihrer Stiefkinder so viel Essen bekam – sie brauchte es schließlich nicht mehr, und so lag es nur verfaulend auf ihrem Grab herum.

Robert wollte doch nur, dass seine Kinder, Hänsel und Gretel, in Harmonie mit ihren Geschwistern leben. Langsam bereute er es auch, ihre Mutter im Garten begraben zu haben, da ihr lautes Stöhnen in der Nacht ganz schön nerven konnte.

Er fragte seine Frau um Rat, was sie denn tun sollten, und gemeinsam beschlossen sie, Hänsel und Gretel auf eine Besinnungstour in den Wald zu schicken. In ihrer Abwesenheit würden sie derweil ihrer Mutter beim Umzug zum Friedhof helfen.

Beim Abendessen teilten sie ihren Kindern ihre Pläne mit, doch Hänsel und Gretel waren gar nicht begeistert. Sie tobten, da sie es unfair fanden, dass ihre Stiefschwestern nicht weggeschickt wurden. Doch Robert ließ nicht mit sich reden – und so brachen sie murrend in den Wald zu ihrer Besinnungstour auf.

Kurz nachdem sie den Wald betreten hatten, wurde ihnen langweilig. Also beschlossen sie, einen 1 gegen 1 Kampf zu führen, weil sie das schon sehr lange nicht mehr gemacht hatten. Sonst kämpften sie ja gegen ihre Familie. Die Zwillinge waren einander ebenbürtig, jeder konnte die Züge des anderen vorhersehen, und so hörten sie irgendwann auf. Unentschieden.

Seufzend gingen sie weiter, es half ja nichts. Die Besinnungstour musste zu Ende gebracht werden. Es kam ihnen endlos vor, wie sie so wanderten, und die Stille begann sie irgendwann zu nerven. Außerdem wurden sie hungrig.

Gretel starrte Hänsel an und schickte ihm ihre Gedanken: Ich glaube, ich bekomme bald meine Tage.

Hänsel seinerseits verdrehte die Augen: Ist mir scheißegal, nicht mein Problem. Oh schau mal, eine Tüte Brötchen!

Die Tüte wurde von den zwei Geschwistern anvisiert, ein Knurren löste sich aus ihren Kehlen. Endlich hatten sie Beute zum Jagen gefunden!
Doch die Brötchen wollten nicht gejagt werden, und riefen laut um Hilfe.

Ein Häuschen, das ihr Schicksal teilte, zog sie mit seiner Magie zu sich, und langsam wurden die Brötchen über den Waldboden geschleift.

Enttäuscht erlosch das gierige Funkeln in den Augen der Zwillinge. Sie waren wirklich schlechte Jäger, und konnten nur das jagen, was vollkommen stillstand.

Doch weil sie eh nicht wussten, wo sie hinsollten, folgten sie den Brötchen. Ihr Hunger wurde mit jedem Schritt doppelt so groß, da sie sich fast in Zeitlupe bewegten.

Nachdem sie so hungrig geworden waren, dass jeder von ihnen ein halbes Haus hätte verschlingen können, kamen die Brötchen in einer halb zerfetzten Papiertüte bei einem Haus an. Es bestand vollkommen aus Süßigkeiten, und stand vollkommen still.

Die Augen der Geschwister begannen wieder zu glühen und wurden knallrot. Denn je mehr Hunger sie hatten, desto röter wurden sie.

Das Haus spürte die Anwesenheit der Jäger, und begann, sich zu wehren. Es schoss mit Zuckerstangen, Schokokugeln und weiteren seiner Bestandteile, doch die Zwillinge lachten nur und fingen jedes einzelne Stück mit dem Mund auf.

Der Kampf war kurz und schmerzlos – jedenfalls für eine Partei. Das Haus wurde komplett zerstört, doch kein Krümel blieb zurück. Als Nachtisch aßen Hänsel und Gretel noch die Brötchen auf, als Dankeschön, dass sie sie zu dem Haus geführt hatten.

Ihre nächste telepathische Konversation war sehr kurz, denn sie waren sich einig, dass sie ihre Besinnungstour abgeschlossen hatten.
So satt wie sie waren, würden sie nie wieder etwas essen müssen.

Also gingen sie nach Hause, und bekamen gar nicht mehr mit, wie die Eigentümerin des Hauses, eine alte Hexe, markerschütternd schrie und diejenigen verfluchte, die ihren Wohnort zerstört hatten.

Dabei hätten sie sich bestimmt gefreut, weil es dann nicht mehr so nervtötend still gewesen wäre.

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Soo, merkt euch die beiden Mal, sie werden noch vorkommen.

Wie fandet ihr dieses Märchen? 

Ich nehme gerne wieder Märchenwünsche entgegen, Feedback ist auch gerngesehen :). 

Nerven euch die ganzen Roberts langsam? Irgendwie habe ich diesen Namen als Stilelement für mich entdeckt, vielleicht kommen also noch ein paar davon vor... Bis nicht einmal ich mehr weiß, welcher Robert zu welcher Geschichte gehört. 
Wir werden sehen, in welche Richtung das hier gehen wird :).

Wollt ihr wieder einen ⭐ haben? Alle die Robert feiern bekommen eins. Viel Spaß beim Putzen der ⭐, sind nämlich sehr gute Staubfänger ;).

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