Ein paar Tage später.
Durch mein Training und das permanente rein schaufeln von Essen, hatte ich in kürzester Zeit wieder etwas an Muskelmasse und Gewicht zugenommen. Obwohl ich lieber faul rum gelegen hätte... Auch meine Tarnung konnte sich sehen lassen. Fake Profile, Fotos und Identität hatte ich bereits erfolgreich angelegt. Jetzt musste der Köder nur noch beißen. Deshalb schlüpfte ich in mein sorgfältig ausgewähltes neues Ich und verfolgte über jede erdenkliche Kamera der Stadt, wo sich dieser Mistkerl aufhielt.
Das Taxi setzte mich ab. Ich setzte mir die Sonnenbrille auf und wackelte in meinen furchtbar unbequemen High-Heels in einen dieser super teuren Designer Boutiquen. Mir wurde natürlich die Tür von einem kleinen schmalen Mann in Anzug aufgehalten, wobei danach direkt das große Belagern begann. Gleich zwei aufgetakelte Verkäuferinnen eilten zu mir. Sie fragten sofort, ob sie mir behilflich sein könnten, doch ich suchte hinter meiner extra dunklen Sonnenbrille nur nach diesem schäbigem Mann. Und ich wusste, dass er hier war. Deshalb fing die Show jetzt an.
"Excuse me please. I'm looking for a new dress for tonight. Could you please show me your evening wear?"
Sofort zeigte man mir den Weg die Treppen hinauf. Wie ich diese Scharade hasste. Ich nahm mir aus meiner kleinen schwarzen Clutch eine meiner Pillen und schluckte sie unbemerkt herunter. Am liebsten wäre ich wieder zurück in meinen kleinen dunklen Raum geflüchtet, in dem es nur mich und meine Bildschirme gab. Aber die Stimme in meinem Kopf, wollte das ich diesem Sack seine Kehle aufschlitzte und ihm dabei zu sah, wie er elendig an seinem eigenen Blut ertrank. Deshalb setzte ich ein extra gekünsteltes Lächeln auf, als ich ihn endlich sehen konnte. Umringt von mehreren Männern in schwarzen Anzügen, die jeden Kunden im Auge behielten.
Die Verkäuferinnen baten mich doch kurz Platz zu nehmen, reichten mir einen Champagner und verschwanden. Schließlich wollten sie mir die teuersten Kleider präsentieren, die ihre aktuelle Kollektion her gab. Ohne zu zögern stand ich wieder auf, als die zwei Hühner endlich außer Sichtweite waren und schaute mich selbst um.Natürlich wartete ich nur auf den Moment, dass Okamoto aus seiner Umkleide heraus kam. Denn jetzt konnte ich los legen. Ich wollte gerade möglichst nah an seinen 'Kindermädchen' vorbei laufen, da stolperte ich ganz aus versehen über meine eigenen Füße, verschüttete den Champagner und landete auf dem Boden. Wie auf Kommando stürmte einer der Verkäuferinnen zu mir zurück. Doch mein Fall blieb nicht unbemerkt. Ich warf mir die langen roten Haare über die Schulter und umfasste dann mit schmerzerfüllten Lauten meinen Knöchel. Die Dame wollte mir aufhelfen, aber ich fuchtelte wie wild herum, machte einen aufstand und befahl ihr, mir sofort Eis zum kühlen zu holen. Dann wollte ich aufstehen, doch vor meinem Blick tauchte eine Hand auf.
"So eine hübsche Dame wie sie gehört doch nicht auf diesen dreckigen Boden. Bitte. Ich helfe Ihnen."
Ich nahm sein Angebot an. Ließ mir hoch helfen, nur um dann wieder leicht weg zu knicken und mich an seine Schulter zu klammern.
"I'm terribly sorry. Many thanks for your help."
Dann setzte er mich auf einer kleinen Couch ab. Seinen Blick konnte er kaum von mir abwenden.
"Sind sie Ausländerin?"
Erwartungsvoll starrte er mich an. Wobei er mir immer wieder auf meinen Busen starrte. Eine andere Wahl hatte ich ihm auch nicht gelassen. Ich hatte nicht umsonst einen schwarzen Jumpsuit gewählt der besonders meine Oberweite zur Schau stellte. Während der Rest stilvoll verdeckt blieb. Trotzdem hatte ich das Bedürfnis ihm seine Augen heraus zu reißen. Aber die Scharade musste weiter gehen. Ich setzte also meine Sonnenbrille ab. Blinzelte zwei, drei mal, so als würde mich die Sonne heute blenden und brachte damit meine grünen Augen und meine unscheinbaren Sommersprossen zum Vorschein.
"Sorry. Unfortunately I only speak English." Lächelte ich ihm die Worte entgegen.
Und damit hatte er angebissen. Einer seiner Leibwächter übersetzte für ihn und spätestens, als ich ihm meinen Namen nannte und ein anderer sein Handy zückte, nur um ihm kurz darauf den Bildschirm zu zeigen. Hatte die Falle zugeschnappt. Denn was er sah, waren all die gefakten Bilder von mir. Er bekam quasi eine sündhaft verführerische Süßigkeit in Form eines Britischen Models vor die Nase gesetzt. Und diese Chance ließ sich dieses Ekelpaket natürlich nicht entgehen. Also tauschten wir Nummern aus und er lud mich direkt zum Essen ein, welches morgen stattfinden sollte.
Erschöpft schleppte ich mich nach gefühlten hundert Taxifahrten in meine kleine Wohnung. Die Tüte mit der Perücke und der Kleidung schmiss ich in die nächst beste Ecke und ließ mich auf meine Couch fallen. Tokyo strahlte heute wieder besonders hell. Ich blieb noch eine Weile regungslos liegen, um aus meiner riesigen Fensterfront auf das Nachtleben der Stadt zu schauen. Am liebsten hätte ich meine Augen geschlossen, aber erstens, könnte ich eh nicht einschlafen und zweitens musste ich ihn finden. Also schlürfte ich in mein Schlafzimmer, stülpte mir noch ein paar Wuschelsocken über und verschwand dann in meinem Reich. Mein Körper sackte auf dem großen schwarzen Drehstuhl zusammen. Meine Beine im Schneidersitz, saß ich nun wieder mit der Tastatur auf meinem Schoß vor meinen Bildschirmen. Aus dem großen Schraubglas angelte ich mir noch schnell einen neuen Lolli heraus. Der Geschmack von Erdbeere legte sich auf meine Zunge. Dann vergingen Stunden. Meine Finger flogen immer wieder über die Tasten, während meine Augen jeden Monitor betrachteten. Gerade als sich mein Gehirn fragte, 'Wo bist du?' hatte ich ihn gefunden. Er stieg gerade aus einem schwarzen Mustang aus. Sein Dunkelgrauer Anzug wirkte wie eine zweite Haut. Ein genervtes Brummen ertönte, als ich von meinem Stuhl aufstand, da mein Körper lieber hier geblieben wäre, aber jetzt musste ich doch noch mal los. Deshalb hatte ich nach einer halben Stunde wieder dunkelbraune Haare und leuchtend blaue Augen. Ich trug eine eng anliegende schwarze Jeans, weiße Sneaker und dazu einen schwarz glitzernden Body mit offenem Rücken. Dabei hätte ich lieber meine bequeme Jogginghose und meinen Hoodie anbehalten. Ich schnappte mir noch meine Lederjacke und überlegte dann hin und her welche Maschine ich nehmen sollte. Da ich keine Lust darauf hatte, wieder mit irgendwelchen Taxifahren die halbe Nacht zu verbringen, entschied ich mich für meine schwarze Yamaha FZX 750. Sie war nicht so auffällig, dafür war ihr Klang wie das Schnurren einer Katze. Der Mattschwarze Helm landete auf meinem Kopf und dann machte ich mich auf den Weg.
Da sich der Wagen, der ihn abgesetzt hatte, nicht vom Fleck bewegte, während ich unterwegs war, stellte ich mein Bike in einer Nebenstraße ab. Der Club in den er gegangen war, war mir nicht unbekannt. Im Keller fanden regelmäßig illegale Glücksspiele statt, wobei sich oben leicht bekleidete Frauen an Metallstangen räkelten. Ich hatte nicht das Bedürfnis auch nur einen Fuß dort hinein zu setzen, weshalb ich im Schatten der Gasse darauf wartete, dass meine Zielperson seinen Arsch bald dort heraus schwang. Kaum hatte ich es mir an der Wand gemütlich gemacht, öffnete sich die Tür und rosafarbene Haare stachen mir ins Auge.
Wow. Das ging schneller als erwartet.
Aber er war nicht allein. Vor ihm verließ ein weiterer Kerl das Etablissement. Aus seiner Nase lief Blut, welches bereits auf sein weißes Hemd getropft war und dieses rot färbte. Er schubste ihn die Stufen hinunter und dann weiter in Richtung der Seitengasse gegenüber von mir. Dort verschwanden sie in der Dunkelheit. Eine Sache fiel mir aber sofort ins Auge. Der Kerl der blutete... es war DAS Arschloch von unserer letzten Begegnung. Meine Finger zuckten. Ich wartete noch zwei Minuten, bevor ich mich von der Wand abstieß und mich in Bewegung setzte. Dabei achtete ich darauf, nicht auf direktem Weg zu ihm zu laufen, sondern ihn von der anderen Seite der Gasse zu überraschen. So konnte mich auch der Fahrer des schwarzen Mustangs nicht sehen, welcher noch im Wagen saß und seine Augen starr auf die Dunkelheit gerichtet hatte, in der die beiden verschwanden.
Scheint wohl doch noch eine interessante Nacht zu werden.
Ein Hauch von Euphorie machte sich in mir breit. Und dieses Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr. Ich zog mir einen neuen Zuckerstängel aus meiner Lederjacke und stopfte ihn mir genüsslich in den Mund.
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Broken Bonds/ Bonten x OC
FanfictionDie Dunkelheit hatte sich wie ein undurchdringlicher Mantel über ihre Seele gelegt, erstickte jeden Funken Licht und ließ nur die kalte Leere zurück. Sogar zehn Jahre später schien dieser schier unendliche Albtraum nicht zu Enden. Achtung! Das ist...