Die Kyōkai Skybar war eine der exklusivsten Nachtlokale in ganz Tokyo. Um hier auch nur einen einzigen Stuhl zu bekommen, auf dem man dann sitzen konnte, musste man entweder berühmt oder stinkreich sein. Und nicht einmal dann hatte man garantiert einen guten Sitzplatz... Oh Nein. Mit Pech bekam man dann trotzdem keinen der insgesamt zwanzig besten Plätze, die einem einen Ausblick auf Tokyo baten, für den man glatt töten würde, so unfassbar atemberaubend ist die Sicht von dort oben.
Doch das beste war, es gab nichts was man an diesem Ort mit Geld nicht kaufen konnte. Genau deshalb fiel meine Wahl auf dieses Etablissement.
Ich hatte meine letzte Pille vor etwa einer Stunde eingeworfen. Was bedeutete, dass ich am Arsch war, wenn er jetzt nicht auftauchen würde. Denn obwohl man alles an diesem Ort mit genügend Scheinen ersteigern konnte, so waren Drogen davon ausgeschlossen. Einfach aus dem Grund, weil sich keiner mit Bonten anlegen wollte. Das hier war einer der Stadtteile die unter ihrer Kontrolle lagen und somit ein Gebiet von dem ich mich gut und gerne fern hielt. Das Risiko war hoch, das dieser Sanzu ebenfalls zu ihnen gehörte, aber ich wollte einfach lieber unwissend bleiben, denn das ersparte mir Ärger. Mittlerweile war es sogar fast unmöglich geworden, seine Drogen nicht von Bonten zu erwerben, also schluckte ich das schlechte Bauchgefühl herunter und stieg aus dem Taxi.Die Rosafarbenen Haare warteten bereits am Eingang des 220m hohen Gebäudes. Der Nachthimmelblaue Nadelstreifenanzug schmiegte sich an seinen Körper und betonte damit seine strahlenden Augen in dieser Sternen klaren Nacht besonders gut. Und als wäre das nicht genug, trug er sogar eine farblich abgestimmte Krawatte, die den gleichen Zuckerwatterosa Ton besaß wie seine Haare. Als ich in meinem komplett schwarzen Anzug, meiner Clutch und meinen High-Heels auf ihn zu lief, zuckten seine Mundwinkel für einen kurzen Moment nach oben, bevor er mich mit einem gierigen, aber auch ernsten Blick von oben bis unten begutachtete.
"Wenn du dann fertig bist mich anzustarren, können wir ja rein gehen. Ich würde unser Treffen gern kurz halten." sprach ich ruhig. Doch innerlich war ich mehr als angespannt. Ich wurde das Gefühl nicht los beobachtet zu werden...
Ein gut gekleideter Mann brachte uns zu unserem Tisch. Und wieder einmal blieb mir fast der Atem weg, als ich über ganz Tokyo blicken konnte. Nicht umsonst hatte ich mein zu Hause so gewählt, dass ich einen fast genauso guten Ausblick auf diese Stadt hatte. Aber von hier oben war es einfach nochmal schöner auf die unzähligen Lichter und das nächtliche Treiben zu blicken.
Wie versteinert blieb ich an der gläsernen Scheibe stehen, die mir bis zum Busen reichte und mich vor der Gefahr bewahren sollte, in den Abgrund zu stürzen. Meine Finger klammerten sich an das Glas, ich drängte meinen Körper so nah an diese dünne Scheibe, das ich die Kälte durch meinen Anzug spüren konnte. Der Wind wehte mir leicht durch meine Perücke. Mein Blick haftete auf den winzigen Menschen unter uns, die von hier oben aussahen wie unzählige kleine Ameisen. In diesem Moment vergaß ich alles und jeden um mich herum. Denn genau jetzt existierte nur ich und der Gedanke in meinem Kopf, wie es sich anfühlen würde, wenn ich hier herunter springen würde.
Es wäre so einfach... Ich müsste nur über dieses Geländer steigen.
Und dann...
Dann würde ich für ein paar Sekunden fliegen.
Frei sein.
Dann wäre alles vorbei.
Ich stellte mir vor, wie mein Körper auf den Asphalt aufschlug. Sich der Boden mit meinem Blut rot färbte und die Menschen anfangen würden zu schreien, weil meine Gehirnmasse auf ihre Schuhe gespritzt war... Doch in diesem Moment holte mich ein Räuspern und die belustigte Stimme eines Mannes zurück in die Realität.
"Von mir aus kannst du noch die ganze Nacht dort stehen und den Ausblick genießen, aber wolltest du nicht vor fünf Minuten noch, dass dieses Treffen so schnell wie möglich beendet wird?" Ein amüsiertes Lächeln lag auf seinem Gesicht. Er hatte sich bereits gesetzt und ich stand immer noch wie eine Idiotin herum."Ich werde mir immer die Zeit nehmen diese Aussicht zu genießen." sprach ich kühl, setzte mich und wank den Kellner zu uns. Ich brauchte dringend einen Drink. Die Karte hatte nur wenige auserlese Getränke und Gerichte zu bieten, aber jedes davon war eine Geschmacksexplosion auf der Zunge. Deshalb bestellte ich die Empfehlung des Hauses, während meine Begleitung einen Whisky verlangte. Und kurze Zeit später hatten wir unsere Getränke vor uns stehen.
"Auf sie." Sanzu hob das Glas, um ganz wie ein Gentleman mit mir anzustoßen. Ich erwiderte und nahm dann einen kräftigen Schluck meines Cocktails, der nach Minze, Maracuja, Passionsfrucht und einem Hauch von Zimt und Schokolade schmeckte. Eine außergewöhnliche Kombination aber es traf genau meinen Geschmack.
"Wirklich eine erstklassige Wahl."
"Der Drink?" fragte ich etwas irritiert. Denn aus irgendeinem Grund war dieser Mann für mich ein wandelndes Rätsel.
"Ich meinte eigentlich die Bar, aber..." Er beugte sich kurzerhand über den Tisch, legte seine Hand an meine und führte den gläsernen Strohhalm zu seinem Mund. Es passierte so schnell, dass ich nicht einmal im Stande war, zu reagieren.
"Der Drink ist auch vorzüglich." Er zwinkerte und setzte sich zurück auf seinen Platz. Ich wusste im ersten Moment nicht, was ich darauf antworten sollte, bis er mir die Frage stellte, wie ich es geschafft hatte, hier einen Tisch zu bekommen und das auch noch so verdammt kurzfristig.
"Das ist keine große Sache. Du solltest es genießen. Nicht jeder hat das Glück, hier einen Drink einnehmen zu dürfen."
"Und wenn ich bereits schon einmal das Vergnügen hatte?" Sein schelmisches Grinsen war eine Sünde für sich, dass musste man ihm lassen.
"Mhhh. Dann können wir unser Treffen erst recht kurz halten. Schließlich brauchst du dann ja dieses herrliche Etablissement nicht weiter zu genießen. Also hast du alles dabei?"
"Nicht hier."
Er trank seinen Whisky leer und bestellte direkt noch einen.
"Ich bin nicht die richtige für irgendwelche Spielchen."
Sanzu schob mir ein kleines Tütchen über den Tisch. Darin befand sich eine einzelne kleine rosafarbene Pille.
"Was ist das?" fragte ich merklich genervt.
Der Kellner brachte ihm sein neues Getränk und dann sprach er mit einer Engelsgleichen Stimme im Körper eines Dämons "Wenn du die nimmst, dann werde ich dir deinen Stoff geben". Er selbst legte sich die gleiche Pille auf die Hand und warf sie sich mit einem Zuckersüßem Lächeln ein.
"Hatte ich nicht eben gesagt, dass ich die falsche Person für Spielchen bin?"
"Und hatte ich dir nicht bereits gesagt, dass du deine Drogen von niemand anderem mehr außer von mir bekommst?"
Es lag eine unfassbare Spannung zwischen uns.
"Als hättest du das zu entscheiden."
"Willst du es darauf anlegen Cherry?"
Aus irgendeinem Grund spürte ich, das er in diesem Punkt nicht log. Und das war gar nicht gut. Aber meine Fingerspitzen kribbelten bereits und ich musste morgen vorbereitet sein, sonst wäre alles umsonst gewesen. Deshalb schluckte ich diese beschissene Pille. Denn für Stoff machte ein Abhängiger nun mal fast alles... obwohl im Grunde macht man ALLES und das ist das Problem.
"So zufrieden? Und jetzt will ich meine Ware."
"Mehr als zufrieden. Deine Bestellung wird in etwa einer Stunde hier sein, also sollten wir das beste aus der Zeit machen oder?"
Mein Stuhl flog mit mehr Schwung als gewollt nach hinten und obwohl mich mehrere Augenpaare anstarrten, schlug ich meine Hände so fest auf den Tisch, das mein Glas umkippte.
"Willst du mich verarschen?"
"Ganz schönes Temperament kannst du haben." Er nahm seelenruhig einen Schluck von seinem Whisky.
"Und jetzt setz dich wieder." sein Ton schroff und bestimmend.
"Einen Scheiß werde ich tun." Ich schnappte mir meine Clutch und wollte gerade gehen, denn diese ganze Situation lief total aus dem Ruder. Ich musste bis morgen einen anderen Weg finden mir etwas zu besorgen und ich hatte bereits eine Idee, aber damit würde ich nicht auf Dauer durchkommen und das Risiko war hoch, doch ich hatte keine andere Wahl. Aber meine Pläne wurden zu Nichte gemacht, als mich Sanzu am Handgelenk packte und kurzerhand zu sich zurück zog. Und plötzlich saß ich auf dem Schoß des Mannes, dem ich gerne ein Messer in seinen Hals gerammt hätte. Er fixierte mich so, dass ich keine Chance hatte mich unter seinem Griff zu wehren.
"Lass mich los." Zischte ich. Mein Puls raste. Ich spürte dieses beklemmende Gefühl in meiner Brust. Panik breitete sich in meinem Inneren aus.
"Der Dealer stellt die Bedingungen für die Übergabe. Hatte ich dir das nicht beim letzten mal schon gesagt." Sein Atem war viel zu nah an meinem Hals. Sein Duft umhüllte mich und benebelte meine Sinne. Es wurde immer heißer und heißer...
"Da du ja immer so schnell verschwindest, musste ich doch irgendetwas unternehmen, damit du mir nicht wieder davon läufst. Und jetzt lass uns doch die kurze Zeit auskosten und dann werde ich dich mit deinem Stoff auch ganz brav nach Hause gehen lassen."
Er hatte mein Kinn gepackt und es zu seinem Gesicht gedreht, sodass ich ihm in die Augen sehen musste. Und ich wusste nicht, ob es diese Pille war oder seine ganze Aura die mich in den Wahnsinn trieb, aber ich zerschmolz unter seinem Blick. Und dann legte ich meine Lippen auf seine. Und verdammt...
Er schmeckte tatsächlich genauso gut, wie er aussah.
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Broken Bonds/ Bonten x OC
FanfictionDie Dunkelheit hatte sich wie ein undurchdringlicher Mantel über ihre Seele gelegt, erstickte jeden Funken Licht und ließ nur die kalte Leere zurück. Sogar zehn Jahre später schien dieser schier unendliche Albtraum nicht zu Enden. Achtung! Das ist...