Minuten.
Stunden.
Tage.
...
Die Zeit verstrich. Doch alles blieb gleich.
Immer noch an diesem Bett gekettet, liege ich wie eine Gefangene in diesem viel zu luxuriösem Zimmer und werde entweder von dem Kerl mit den unterschiedlichen Iriden bewacht oder von einem weißhaarigem der ununterbrochen auf seinem Laptop herum tippt. Meine Wunden heilen besser als zuerst erwartet, so lauteten zu mindestens die Worte des Arztes, der regelmäßig kam, um mich zu untersuchen. Am Anfang wehrte ich mich so stark dagegen, dass eine Narbe im Bauchbereich wieder auf ging. Danach wurde alles verschwommen und im nächsten Moment wurde alles schwarz. Das schien mir alles egal, solange ich nicht spürte, wie ich angefasst wurde. Weder von diesem Arzt noch von sonst irgendwem. Dieser Weißhaarige Typ stellte sich als Ko.. Koko... Keine Ahnung irgendwas das wie Kokosnuss klingt vor. Ich hatte ihm in die Hand gebissen, als er versuchen wollte, mir etwas zu essen in den Mund zu stopfen. Er tat es mit einem flüchtigem 'Dann verhungre eben' ab und beachtete mich kaum noch, obwohl ich spüren konnte, wie er mich manchmal anstarrte. Anders war da der Kerl mit der Narbe und den zwei verschieden farbigen Iriden. Er kam immer und immer und immer wieder an, weil er wollte, das ich etwas esse. Doch ich weigerte mich. Alles was er bekam war von mir bespuckt, gebissen oder angeknurrt zu werden. Und ich fragte mich ernsthaft, wann er es leid war. Denn nicht einmal reagierte er darauf mit Gewalt.Auch heute wieder.
Die Tür geht auf und Kokosnuss steht wortlos auf, klappt seinen Laptop zusammen, schaut mich giftig an, während er mir die Zunge raus streckt und geht. An seiner Stelle tritt Kakucho ein und kommt wie immer direkt zu mir, stellt ein Tablet auf die Kommode neben das Bett und setzt sich in den Sessel. Seinen dämlichen Namen durfte ich mir jetzt jeden Tag anhören, immer wieder hieß es 'Ich bin Kakucho... Nenn mich doch Kakucho oder Du kannst ruhig Kakucho zu mir sagen' und danach folgte weiteres blabla, wie die Frage nach meinem Namen, Warum ich dort war mit diesem Typen, den ihr Anführer umgebracht hat und so weiter. Doch so leicht rede ich nicht. Und diese geschauspielerte Nettigkeit konnte er sich dahin schieben, wo die Sonne nicht schien. Genervt drehte ich meinen Kopf zur Seite und starrte aus dem Fenster. Leider konnte ich nur den Himmel beobachten, aber das war besser, als ihn anzusehen.
"Willst du nicht endlich mal etwas essen?"
Heute sahen die Wolken so fluffig aus, als könnte man sich darin einkuscheln oder wie super leckere Zuckerwatte.
Grrrr
Dieses Geräusch war nicht zu überhören. Innerlich verfluchte ich die Zuckerwatte und die Wolken. Ein leises kichern hallte durch den Raum, was mich dazu bewegte den Kopf zu drehen. Grinsend starrte er mich an. Wirklich toll, dass er sich so über mein verlangen, nach etwas köstlichem zu Essen lustig macht. Doch ich werde nicht einknicken...
"Prinzessin. Du machst es nicht mehr lang, wenn du nicht bald etwas zu dir nimmst. Also komm..."
Er steht auf, nimmt das Tablet und setzt sich auf die Bettkante. Weiter lächelnd nimmt er eine Schüssel runter, in der sich eine dampfende Flüssigkeit befindet. Ich beobachte wie er den Löffel eintaucht, sich zu mir beugt und mir den Löffel an die Lippen führen will. Natürlich... wie sonst hätte ich auch essen sollen, schließlich kann ich meine Arme nicht benutzen.
"Sie schmeckt wirklich gut und sie ist nicht vergiftet, vertrau mir."
Vertrauen?
Dieses Wort gab es in meinem Wortschatz nicht mehr. Mit einem winzig bisschen Schwung, trat ich ihm die Schüssel aus der Hand, denn meine Beine waren nicht angekettet worden. Erschrocken sprang er auf und die Schüssel... ja die... die landete unglücklicherweise direkt auf mir. Die Hitze kribbelte durch den leichten Stoff hindurch auf meiner Haut. Und es roch nach Brokkoli. Von dem Geruch hätte ich mich glatt übergeben können. Von wegen kein Gift! Dieses Zeug hätte mich definitiv getötet.
"Fuck. Ich weiß du hast sicherlich kein Bock hier zu sei, aber wenn du nicht kooperierst, dann gehst du bald drauf. Entweder weil du verhungerst oder weil wir dich umlegen, wegen deiner Schweigsamkeit. So oder so bleibt dir nicht mehr viel Zeit. Also Prinzessin..."
Er reibt sich angestrengt über den Nasenrücken, als würde er vor einem riesigem mathematischem Problem stehen, das er krampfhaft versucht zu lösen. Dann fällt sein Blick wieder auf mich und... kurz darauf dreht er sich um und nuschelt nur etwas von 'Ich lass jemanden kommen, der dich badet' und verschwindet. Hatte ich es mir nur eingebildet oder ist er im ernst etwas rot geworden. Mein Blick gleitet an mir herab. Das weiße Krankhauskleid das sie mir angezogen hatten, war von grünen Brokkoli Stückchen übersäht und an einigen Stellen so nass, dass man meine Haut darunter sehen konnte.
Wieder einmal fragte ich mich, ob das hier wirklich Bonten war? Jeder andere Kriminelle hätte mich entweder gefoltert, vergewaltigt oder beides, bevor er mich umgebracht hätte. Niemand behandelt in dieser Branche so einen Gefangenen... Ich würde jedenfalls kurzen Prozess machen. Das ergab einfach keinen Sinn.
Er stürmte so schnell hinaus, dass er die Tür nicht richtig ins Schloss fallen ließ. Sie stand einen winzigen Spalt breit offen. Viel sehen konnte man da nicht, aber riechen...
Die Sabber lief mir im Mund zusammen.
Taiyaki.
Diesen Duft würde ich überall erkennen.
Und es roch so, als würde es geradewegs auf mich zu kommen. Träume ich? Habe ich jetzt Wahnvorstellungen? Doch dann hörte ich leise Schritte, die näher kamen und mit ihnen konnte ich das Taiyaki schon fast auf meiner Zunge schmecken. Gerade als ich dachte, jetzt drehe ich wirklich durch, da konnte ich jemanden vorbei laufen sehen und mein Mund war schneller als mein Verstand.
"HALT! WARTE!"
Die Schritte verstummten. Und mit ihnen meine Worte. Das war mehr als dumm. Wieso hab ich das getan? Bis jetzt hatte ich nicht einen Ton von mir geben... Jedoch war es da bereits zu spät meine Entscheidung zu bereuen, denn der Schatten stand nun direkt vor meiner Tür. Und ich konnte das goldbraune Stück Himmel in seinen Händen sehen. Es musste noch heiß sein, denn es wurde mit einer Serviette am unteren Ende eingewickelt und festgehalten. Also wurde es eben erst frisch gemacht.
GRRRR
Wieder ertönte ein lautstarkes Grummeln meines Magens. Am liebsten hätte ich meine Hände um ihn geschlungen, damit er endlich aufhörte, aber das war mir ja nun einmal nicht möglich. Wie versteinert blieb mein Blick an diesem winzigem Spalt kleben. Wer auch immer da stand, bewegte sich nicht, bis auf die Hand, die er durch den Spalt streckte. Die Hand in der er das Taiyaki hielt. Will er mich etwa so quälen? Mir dieses wundervolle Teil vor die Nase halten und es dann einfach vor meinen Augen aufmampfen? Da würde ich mir doch lieber einen schnellen Tod wünschen. Doch seine Hand bewegte sich ganz merkwürdig. So als würde er es mir geben wollen.
"Bitte..." flüsterte ich so leise, das man mich kaum hören konnte und eigentlich mehr zu mir selbst, als zu sonst irgendwem. Aber die Hand verharrte, sobald dieses eine Wort meine Lippen verlassen hatte. Bitte erlös mich doch von diesen Qualen und iss es einfach oder geh, dachte ich mir unentwegt. Sekunden vergingen in denen pure Stille herrschte und dann ging die Tür ein Stück weiter auf. Die Gestalt trug einen schwarzen Hoodie, den er so weit ins Gesicht gezogen hatte, dass ich es nicht erkennen konnte. Langsam kam er auf mich zu. Doch ging direkt an mir vorbei zu den Fenstern und zog die langen schwarzen Vorhänge zu, sodass der Raum in pure Dunkelheit gehüllt wurde. Nur die offene Tür spendete ein wenig Licht. Dann konnte ich seine Umrisse nur neben meinem Bett stehen sehen, aber der Geruch von frittiertem Teig und warmer Ankopaste war so nah, dass ich es schon schmecken konnte. Das Bett bewegte sich etwas. Nun saß er im... Schneidersitz... neben mir. Irgendwie merkwürdig. Anstatt mir jedoch Gedanken darüber zu machen, das er mir gefährlich sein könnte oder das man durch das feuchte Kleid immer noch meinen halb nackten Körper sehen konnte, war alles an was ich dachte das Taiyaki. Mein Blick haftete an der ausgestreckten Hand, die es mir entgegen hielt. Mein Körper bewegte sich einfach, wenn man es bewegen nennen konnte. Schließlich konnte ich gerade so meinen Oberkörper etwas nach vorne beugen und den Kopf drehen, mehr war nicht möglich. Mein Mund hielt vor der dampfenden Süßspeise in Form eines Fisches inne. Meine Augen versuchten in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Wer da vor mir saß. Warum er vor mir saß. Weshalb er mir etwas so köstliches gab. Doch nichts. Keine meiner Fragen würden beantwortet werden, weshalb ich meinen Mund öffnete und schnell abbiss, bevor er es sich anders überlegte. Ich wich ein Stück zurück ins Kissen und kaute so langsam, dass ich den Geschmack in vollen Zügen genießen konnte. Ich war so mit mir beschäftigt, das der Klang, wie jemand etwas abbiss, mich komplett aus dem Konzept brachte. Die Gestalt hatte selbst von dem Taiyaki abgebissen. Ich schluckte und weg war die Köstlichkeit. Doch er streckte mir die Hand wieder entgegen. Mein Blick haftete an dem zweiten Bissen, der fehlte. Ich schluckte. Er teilte es mit mir...
Erst wollte ich dem nächsten Bissen widerstehen, doch ich konnte nicht. Immer im Wechsel biss erst ich und dann er ab, bis nichts mehr übrig war. Dann stand er auf, ohne ein Wort zu sagen und verschwand.
War das gerade wirklich passiert? Oder träumte ich tatsächlich?
Nein. So gut schmeckte kein Traum.
Dieser Ort verwirrte mich von Tag zu Tag mehr. Das beängstigende daran war jedoch, das ich keine Angst hatte.
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Broken Bonds/ Bonten x OC
FanfictionDie Dunkelheit hatte sich wie ein undurchdringlicher Mantel über ihre Seele gelegt, erstickte jeden Funken Licht und ließ nur die kalte Leere zurück. Sogar zehn Jahre später schien dieser schier unendliche Albtraum nicht zu Enden. Achtung! Das ist...