|21|Schuldige Flammen

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Zander

„Mason ist tot", platzt es aus mir heraus.

Tessas Hand versteift sich. Ich glaube, sie hat aufgehört zu atmen, bis sie dann doch leise fragt: „Wie?"

Auch meine Hand hört auf, ihr über den Arm zu streicheln, als sie sich aufsetzt. Der Film wurde inzwischen pausiert.

„Es war ein Feuer."

Tessa nimmt meinen Arm und dreht ihn, bis die Narbe auf meinem Unterarm zu sehen ist. Mit ihren Fingern fährt sie über die verbrannte Haut.

Ich erschaudere. Seit Jahren hat mich niemand mehr so sanft berührt. Alles, was ich kannte, waren die Peitschenhiebe meines Vaters. Sicher, ich hatte Frauen und kannte ihre Berührungen an jedem Teil meines Körpers, aber Tessas Finger fühlen sich anders an. Es fühlt sich an, als wäre es endlich die richtige Hand, die mich anfasst. Ihre Berührung lässt mich wieder... geliebt fühlen. Heil. Es fühlt sich an, als gehöre ich genau hier her.

„Wann ist das passiert?" Ihre blauen Augen treffen auf meine.

„Ich war achtzehn. Also vor knapp zwei Jahren." Tessa schweigt. Und weil sie mich zu nichts drängt, erzähle ich weiter: „Es war ein schöner Tag im Juli." Jetzt, wo ich daran zurückdenke, muss ich vor Ironie lachen.

Ich erinnere mich noch an den blauen Himmel und die Vögel. Unsere Eltern waren in der Arbeit und Mason war vom College nach Hause gekommen. Ich habe die Szenerie noch genau vor Augen. Ich denke, bei so einem Ereignis prägt sich jedes Detail ein.

„Damals war ich nicht mehr..." Ich suche nach den richtigen Worten. „Ich war an keinem so guten Ort. Mein bester Freund ist weggezogen und du mit ihm. Vater hat damit angefangen mich auszupeitschen und ich konnte es niemandem erzählen. Deswegen die Narbe hier." Ich deute auf meine Wange. „Mein großer Bruder war am College, somit war er nicht jeden Tag daheim."

Tessa hebt ihre Hand. Ein weiteres Mal fahren ihre Finger eine meiner Narben nach. Gänsehaut breitet sich aus und ein weiteres Mal heilt sie etwas in mir.

Ich starre sie aus großen Augen an. In meiner Brust wummert mein Herz so laut, dass ich denke, sie würde es hören. „Und meine beste Freundin hat damit aufgehört, mir zu schreiben." Ich zucke mit den Schultern.

Ich war wütend. Auf Vater, auf Mason. Auf Tessa. Dafür, dass sie mich verlassen hat.

Tessa sieht mich weiterhin nur an. Diesmal kann ich Mitleid in ihrem Blick erkennen und einen Hauch von Schuld. Ihr Blick dringt mir in Mark und Knochen.

„Ich habe viele dumme Sachen gemacht. Ich habe angefangen zu rauchen und habe getrunken, bis ich nicht mehr geradeaus sehen konnte."

Sie schnappt nach Luft.

Ich schmunzele angesichts ihrer Reaktion. „Damals sind viele Dinge in meinem Leben schief gelaufen", fahre ich fort, meide aber Tessas Blick. „Eines Tages saß ich in meinem Zimmer. Meine Eltern waren arbeiten, also waren nur noch Mason und ich daheim. Ich habe geraucht. Natürlich war das Fenster offen, doch letzten Endes war eben genau das fatal."

Tessa umfasst meinen Arm stärker.

„Mason hat mich nach draußen gerufen, weil er Hilfe bei seinem Motorrad brauchte. Die offene Flasche Alkohol stand bei meinem Fenster. Direkt neben meinem Aschenbecher."

Sie schnappt nach Luft.

„Irgendwann musste ich aber aufs Klo und bin unten im Badezimmer gewesen. Ab da ist alles sehr schnell gegangen. Ich habe etwas krachen gehört und wollte nach draußen, aber da haben mir bereits Flammen den Weg versperrt." Es flackert wieder vor meinem inneren Auge. Unbewusst fahre ich meine Narbe auf und ab. „Ich habe sofort Mason gerufen. Er hat versucht, mich rauszubringen, aber das Feuer hat sich rasend schnell ausgebreitet. Das Haus hatte keine Chance gegen die Flammen, Tess. Alles war rot und schwarz. Ich konnte nichts sehen."

One KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt