(Das hier soll eine alternative Geschichte sein in der Hui Buh und Maria noch immer Jahrhunderte später Kontakt miteinander haben und er auch dabei war als seine Nichte geboren wurde)
Unsichtbar wie ein Windzug huschte Hui Buh durch die menschenleeren, nebelverhangenen Straßen des Dorfes.
Kein Mond und keine Sterne waren in dieser Nacht zu sehen.
Es war eine finstere, kalte Nacht.
Genau die Art, die dem Schlossgespenst gefiel. Und er wäre in so einer Nacht nur zu gerne durch die Wände Schloss Burgeck's gespukt.
Aber heute ging das nicht.
Heute Abend hatte Hui Buh etwas vor, dass eigentlich garnicht nach seinem Geschmack war: Er musste auf seine neugeborene Nichte aufpassen.
Doch Hui Buh wusste einfach nicht, was für Gefühle das bei ihm auslösen sollte.
Genau wie damals, als seine Schwester Maria ihm zum ersten Mal von ihrer Schwangerschaft berichtet hatte.
Doch er hatte es sich jetzt endlich eingestanden, um Maria einen freien Abend mit ihren Freunden zu geben. Schließlich hatte sie sich bis jetzt auch ganz alleine und ohne Mann um ihr Baby gekümmert.
Das musste hart sein!
Vor allem da ihr Geliebter verstorben war, bevor Maria ihm sagen konnte, dass sie ein Kind bekommen würden.
Endlich war Hui Buh an dem Haus mit der eingeschnitzten 22 angekommen.
Dem Wohnsitz seiner Schwester.
Nach einem Moment der Verzögerung rang Hui Buh sich durch und zischte durch die Hauswand.
"Huuuiiii-" Mit einem Rumsen krachte er gegen einen Tisch mit einer Vase darauf, die klirrend zu Boden fiel. "Buh..."
"Du spukst ja immer noch durch alle Wände wie kein Zweiter!" meinte eine spöttische Stimme.
Hui Buh blickte auf und sah niemand anderes als Maria vor ihm stehen mit einem Lächeln, dass ebenso spottend war wie ihr Tonfall. Gleich neben ihr war die Wiege wo seine Nichte Ophelia drin lag.
Mit stolzem Grinsen rappelte Hui Buh sich auf. "Ich weiß, Schwesterchen. Ich weiß.."
Maria verdrehte die Augen und griff nach ihrem Mantel. "Also, denk bitte dran.." begann sie, doch Hui Buh kam ihr davor:"...immer ein wachsames Auge auf Ophelia haben und sie nicht aus meiner Sicht lassen! Gespensterehrenwort!"
"Gut!" entgegnete die junge Hexe während sie sich den Mantel überstreifte. "Ich sollte in ein paar Stunden wieder da sein. Erinnerst du dich auch an all das, was ich dir zum Babysitten erklärt habe?"
Seufzend entgegnete ihr Bruder:"Sollte sie zu weinen anfangen, prüfe, ob sie hungrig ist, ein Schlaflied braucht, oder die Windel gewechselt haben muss. Alles gemerkt! Nun geh schon und hau mit deinen Freunden ordentlich auf die Pauke!" setzte er mit versicherndem Ton hinzu und klopfte Maria auf die Schulter.
"Wir wollen eigentlich nur ausgehen, aber danke für den Rat." entgegnete Maria. Dann beugte sich zu Ophelia hinunter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Ophelia kicherte darauf und streckte die kurzen Arme nach ihrer Mutter aus.
"Bis bald, mein Schatz! Und was dich betrifft.." setzte sie an Hui Buh gerichtet zu, während sie sich aufrichtete und drohend mit ihrem Zauberstab auf ihn zeigte. Verschreckt stolperte das Schlossgespenst zurück. "Sollte Ophelia unter deiner Aufsicht irgendetwas zustoßen, dann bist du toter als tot! Hast du verstanden, kleiner Bruder?"
Hastig nickte Hui Buh.
"Wundervoll!" sagte Maria darauf und schritt lächelnd auf die Tür zu.
"Viel Vergnügen!"
Kaum war Maria hinausgegangen, setzte Ophelia sich aus dem Nichts in ihrer Wiege auf und guckte mit großen Augen zu ihrem Onkel hoch.
Hui Buh bemerkte es und grinste verlegen. "Ha-hallo..?"
Ophelia starrte ihn nur an. So lange, dass er schließlich zur Seite blickte, um sie nicht mehr sehen zu müssen.
Doch dann vernahm das Schlossgespenst ein leichtes Knarren und das Herz rutschte ihm in die Hose, als es sah, wie seine Nichte versuchte aus der Wiege zu krabbeln, die sich dadurch bedrohlich senkrecht legte.
Gleich würde sie rausfallen!
"Nein! Nicht!" rief Hui Buh alarmiert und griff gerade noch rechtzeitig nach Ophelia die daraufhin lachte.
Mit genervtem Blick hielt er sie hoch.
"Was ist verspukt noch mal hier so komisch?! Du hättest dich verletzen können!!"
Ophelia starrte ihn wieder an.
Dann streckte sie auf einmal die Hand aus und versuchte, nach Hui Buh's Nase zu greifen. Das Schlossgespenst wollte sich abwenden, aber seine Nichte
gab einfach nicht auf bis er schließlich verärgert ihren Arm festhielt und zurück in die Wiege legte. "Ich bin für dich verantwortlich!" fuhr er sie an. "Meine Schwester wird mich in die Teufelsküche schaffen wenn dir unter meiner Aufsicht irgendetwas zustößt, klar?!"
Doch Ophelia fuhr fort ihn weiterhin nur mit ihren großen Augen anzustarren.
"Das heißt wohl 'Nein'!" stellte das Schlossgespenst grimmig fest.(Ein paar Stunden später)
Völlig gerädert saß Hui Buh neben Ophelia's Wiege, in der sie friedlich vor sich hin döste. "Endlich ist der kleine Rotzlöffel eingeschlafen!" dachte er sich.
Die letzten paar Stunden waren wirklich nicht amüsant gewesen.
Zweimal schon hatte er seiner Nichte die Windel wechseln müssen.
Hui Buh wurde immer noch übel, wenn er
an den Gestank dachte.
Ständig hatte Ophelia sich an sein Bein geklammert, wenn sie auf dem Holzfußboden herumgekrabbelt war.
Ins Gesicht hatte sie ihm gegriffen, ihre speckigen Zeigefinger gegen seine Augen und seine Wangen gestupst, und sogar an seinen Haaren herumgezerrt.
Hui Buh hatte Mühe gehabt, sich aus ihrem Griff zu befreien; dieses Baby war erstaunlich kräftig.
Was den Geist allerdings ziemlich verwun-derte, war die Tatsache, das Ophelia bisher noch kein einziges Mal geweint hatte. Nicht einmal, als ihre Windeln voll gewesen waren.
Wie konnte das sein?
Egal!
Das Schlossgespenst wusste nur, dass er es nicht erwarten konnte, bis Maria endlich nach Hause kam um ihn abzulösen.
Eine ganze Weile saß Hui Buh so da und beobachtete voller Ungeduld wie langsam die Zeiger der Wanduhr sich vorwärts bewegten.
Er wollte einfach nur nach Hause und sich in seine Truhe für einen wohlverdienten Schlaf legen.
"Hui..."
Abrupt wurde Hui Buh hellwach und blickte auf.
Kam das von der Wiege?
Er sah zu seiner Nichte, die jetzt mit offenen Augen da lag und ihn wieder anstarrte.
"..Buh.." gurgelte sie.
Dem Schlossgespenst fiel die Kinnlade runter.
"W-was?" stammelte er und beugte sich vor zu ihr. "Hui Buh!" wiederholte Ophelia und kicherte.
Sie hatte seinen Namen gesagt.
Ophelia hatte seinen Namen gesagt!
"Du...du kannst sprechen!" stieß er hervor. "Ich bin...dein erstes Wort..."
Ein aufgeregtes Lächeln huschte über Hui Buh's Gesicht. Blitzschnell hob er Ophelia aus ihrer Wiege und drehte sich ausgelassen mit ihr im Kreis. "Ich bin dein erstes Wort!" rief er lauthals vor sich hin.
Seine Nichte kicherte erneut. "Hui Buh!"
Hui Buh hörte auf sich zu drehen und began Ophelia völlig aufgekratzt zu kitzeln, was sie sofort zum Lachen brachte. "Genau! Ich bin Onkel Hui Buh!"
Immer noch aufgekratzt, hob er sie vor seine Augen und überhäufte ihr Gesicht mit Küssen.
"Sieh an, sieh an, sieh an!"
Wie vom Donner gerührt hielt Hui Buh Inne. Mit krebsrotem Gesicht wandte er sich zu seiner Schwester um, die mit verschränkten Armen hinter ihnen stand und ihm neckend zu grinste. "Wer hätte gedacht, dass ihr erstes Wort zu sein dich so anschmiegsam machen würde?"
Die Zuneigung mit Ophelia hatte das Schlossgespenst tatsächlich so sehr beschäftigt, dass er Maria's Schlüssel nicht gehört hatte.
Bevor Hui Buh etwas erwidern konnte, lehnte seine Nichte sich mit einem zufriedenem Babylaut gegen seine Brust und schloss die Augen.
Hui Buh vergaß seine Peinlichkeit und blickte mit liebevollen Augen zu ihr runter.
"Ja...du sagst es, Schwesterchen!" gab er schließlich mit ergebenem Lächeln zu.
Maria lachte leise und trat neben ihn um ihre schlafende Tochter in seinen Armen zu betrachten. "Anscheinend bist du wohl sowas wie ein Lieblingsgespenst für Ophelia."
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Hui Buh-Kurzgeschichten
PertualanganDa ich die Fortsetzung von Hui Buh jetzt gesehen habe und mir sie noch besser gefallen hat als der erste, hab ich mich entschieden Kurzgeschichten dazu zu schreiben. Ich weiß nicht, wie viele es sein werden, aber ich hoffe sie gefallen euch.