PART 14, zimt mädchen

34 7 8
                                    

Rotbrauner Zimtstaub rieselte auf die frisch ausgestochenen Plätzchen

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Rotbrauner Zimtstaub rieselte auf die frisch ausgestochenen Plätzchen. Nadija lächelte zufrieden auf das mit Keksen bedeckte Blech herab. Sie konnte sich nicht erinnern wann sie zuletzt welche gebacken hatte. Vielleicht hatte sie es früher einmal gemacht, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war.

Pietro hatte vorgeschlagen zu backen, da bald Weihnachten war und der Stress allmählich die überhand gewann. Beim Backen konnte laut ihm nicht viel schiefgehen. Und wie er vorausgesagt hatte, fühlte Nadija sich ausnahmsweise mal entspannt und sorglos. Im Gegensatz zu Pietro, den die ruhige Atmosphäre der kleinen Küche gar nicht zusagte.

Sie warf einen kurzen Blick auf Pietros weißen Haarschopf. Er war grimmig über sein eigenes Backblech gebeugt und versuchte die unvorteilhaft zerdrückten Kekse darauf zu retten.

Nadija musste ein Lachen zurückhalten, doch konnte ein vergnügtes glucksen nicht unterdrücken. Wie er dasaß und konzentriert ein L-förmiges Stück Teig zurechtbog, das wohl mal ein Tannenbaum gewesen war, war ein ganz und gar amüsanter Anblick.

Von ihrem glucksen unterbrochen sah er kurz von seinem Keksblech auf, das einem kleinen Schlachtfeld ähnelte. Leicht Pikiert senkte er mit einem Murren wieder den Blick auf seine Hände. Den Kampf mit den Plätzen schließlich aufgebend, stand er von der kleinen Sitzbank auf und nahm beide Bleche um sie zum Ofen zu tragen.

„Oh warte, ich helfe dir", rief Nadija. Sie sprang hastig von ihrem Platz auf, wobei sie schmerzhaft gegen die Tischplatte stieß und den Zimtstreuer umwarf. Mit einem erschreckten schnaufen rieb sie sich die Seite, dabei betrachtete sie die kleine Wolke aus rotbraunem Staub die durch die Küche waberte, als der Luftzug sie durch das geöffnete Fenster erfasste.

Pietro hatte derweil die Backofen Tür mit seinem Fuß geöffnet und die beiden Bleche hineingeschoben. Lachend kam er zurück zu dem nun mit Zimt bedecktem Tisch. Die eine Hand in die Seite gestemmt, die andere streckte er aus um Nadija sanft etwas Zimtstaub aus dem braunen Haar zu streichen.

Mit den Händen hatte sie versucht den verschütteten Zimt zusammen zu kehren, doch bei seiner Berührung hielt sie plötzlich inne. Das kleine Häufchen brauner Puder lag nun da wie eine sandige Düne in der Wüste.

Sie richtete sich auf um ihn anzusehen, die Hände voller Staub. Ein Anflug von Schüchternheit lag in seinen dunkelblauen Augen und er zog langsam die Hand zurück. Ein sanftes Lächeln umspielte seinen Lippen.

„Tut mir leid, jetzt ist alles voller Zimt", sagte sie leise wie in Trance. Schwer ließ sie die Arme an ihren Seiten sinken.

Eine schwere Traurigkeit hatte sich mit einem Mal auf ihrem Gesicht niedergelegt. Dunkle vernebelte Gestalten griffen nach ihrem Geist, Erinnerungen aus längst vergessenen Zeiten. Die grausigen Kreaturen, die sich in der Nacht verstecken und darauf warten dich ohne Licht anzutreffen.

„Ist schon gut, Zimtmädchen", hörte sie Pietro neben sich ebenso leise sagen, seine Stimme klang wie durch Wasser zu ihr. Das Mondlicht verirrte sich in seinem weißblonden Haar und ließ es silbern in den Schatten der Nacht leuchten. Die Kreaturen der Dunkelheit zogen keifend ihre Klauen zurück und verschwanden wieder in der Finsternis.

Der Mond. Ja, der Mond kam ihr bekannt vor.

„Sie werden mich fürchten", murmelte Nadija fast lautlos und im nächsten Moment wünschte sie sich, dass Pietro es nicht gehört hatte. Doch er hatte es gehört und das Blut in seinen Adern gefror bei diesen Worten zu Eis, doch ließ er sich jenes nicht gleich anmerken. Mit beiden Händen wischte er den verschütteten Zimt auf der Tischplatte zusammen und wieder in das kleine Gefäß.

Leise räusperte Nadija sich, dann sah sie sich nach der großen silbernen Kugel am Nachthimmel um, welche so unschuldig durch das Fensterglas schien und alles in ihr kaltes Licht tauchte.

„Der Mond ist aufgegangen", sagte sie zu ihm, ihre Stimme zitterte leicht. Sie krallte sich an diese plötzlich gewonnene Erinnerung, aus Angst sie könnte ihr wieder entgleiten.

Das silberne Licht bemalte seine eine Gesichtshälfte, als er sich ihr halb zuwandte.
„Ich weiß", hauchte er und sie meinte seinen Atem in der kalten Schneeluft hängen zu sehen, die von draußen durch das geöffnete Fenster hereinkam. „Die Monster können dir hier nichts tun."

Er richtete sich auf und umrundete den Tisch, sein Gesichtsausdruck war unlesbar. Er griff sachte nach ihren Zimtbedeckten Händen. Sein Gesicht war ihr wieder ein Stück vertrauter geworden, doch ein großer Teil davon war immer noch fremd. Oder mehr, nur vergessen.

Fest drückte sie seine warme Hand in ihrer. Ein leichtes Lächeln, ein schneller schlagendes Herz.

„Ich erinnere mich, ein wenig." Nadija legte den Kopf etwas schief, so wie Wanda es tat und auch Pietro, daran erinnerte sie sich wieder. „An die Zeit im Waisenhaus, an die Nacht in der ich ging."

„Das ist gut", hörte sie Pietro sagen, doch sie konnte merken, das er es nicht ganz ehrlich meinte. Seine Maske war für einen Moment gebröckelt. Er war ein guter Lügner, doch manchmal verlor auch er diese Fähigkeit. Nur ein Lügner erkannte einen anderen Lügner.

In diesem Moment hoffte er, sie würde es zur rechten Zeit von ihm erfahren, nicht vorher und nicht von jemand anderem. Davor hatte er am meisten Angst.

»»»

Wenig später stand Pietro allein in der kleinen Küche der Klinik. Die Plätzchen lagen noch warm in einer Dose verpackt und er wischte die letzten Reste Zimtstaub von der Tischplatte.

Nadija war schon gegangen, sie war müde gewesen und wollte nun mehr nichts anderes tun, als in ihr weiches Bett zu kriechen und in einen tiefen traumlosen Schlaf zu fallen. Als sie die Treppe zum nächsten Stockwerk erreichte, hielt sie abrupt inne, da ihr einfiel, sie hatte ihr Tuch in der Küche liegen lassen. Elegant machte sie auf dem Absatz kehrt und lief mit schnellen Schritten Richtung Küche zurück, in der noch ein schwaches Licht brannte.

Eine Stimme drang zu ihr vor, als sie die geöffnete Tür erreichte. Pietros Stimme, er sprach mit jemanden, doch sie konnte niemanden durch den Türspalt erkennen. Er stand mit den Rücken zu ihr und als er sich umdrehte, konnte sie das kleine schwarze Handy in seiner Hand erkennen, das er an sein Ohr hielt und darauf einredete.

Nadija wandte sich schon wieder zum gehen ab, sie wollte ihn nicht belauschen, doch was sie hörte änderte ihre Meinung schlagartig.

„Nein, ich hab es ihr noch nicht gesagt. Dazu ist noch nicht der richtige Zeitpunkt", hörte sie Pietro zu der unbekannten Person am Telefon sagen. „Ich werde es bald tun, aber noch nicht jetzt." Er atmete schwer aus, bevor er sich verabschiedete und kurz darauf auflegte.

Das Handy steckte er sich in die Hosentasche, dann griff er nach seiner Jacke. Mit eiligem Schritt kam er auf die Tür zu und Nadija drückte sich hastig an die Wand neben der Tür. Pietro bemerkte sie nicht, er war in Gedanken versunken und kramte in seiner Tasche nach dem Schlüsselbund.

Als er hinter der nächsten Ecke verschwunden war, huschte Nadija schnell in die Küche, griff ihr rotes Tuch von der Stuhllehne und rannte dann die Treppe hinauf in ihr Zimmer.

Sie schloss die schwere Tür hinter ihrem Rücken und sank kraftlos zu Boden. Unendlich viele Fragen schwirrten durch ihren verwirrten Kopf. Doch eine klammerte sich besonders an ihr Fest: Wem kann ich hier wirklich vertrauen?

 Doch eine klammerte sich besonders an ihr Fest: Wem kann ich hier wirklich vertrauen?

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
STRANGE MEMORIES¹, pietro maximoffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt