03 - Schulweg

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Die Zeit vergeht so einfach gar nicht.

Ich sitze da auf dieser Bank, habe bereits gefrühstückt und spiele ein hirnbefreites Spiel auf meinem Handy, als ich eine mir bekannt vorkommende Stimme höre : 

"Du bist ja immer noch hier..."

Ich schaue zur Seite und sehe die Frau vor mir stehen, in die ich vorhin rein gerannt bin. Sie ist groß, hat blonde schulterlange Haare, passend dazu blaue Augen, sie trägt eine blaue Jeans, ein weißes Shirt mit tiefem V-Ausschnitt und darüber einen offenen, dunklen Blazer.

Sie sieht einfach perfekt in ihren Klamotten aus.

"Ich hab' meinen Bus verpasst, und der Nächste kommt erst in 30min..." meine ich nur leise.

Sie schaut mich skeptisch an. "Hmm.. kommst du dann nicht zu spät zur Schule?"

Ich nicke. Ich war jetzt ja schon zu spät aber ich würde dann wohl die ersten beiden Stunden verpassen. Unentschuldigte Fehlstunden sehen immer doof aus.

"Mhm... Ja, schon!" ist das Einzige was ich gerade schaffe als Antwort herauszubringen.

Sie schüttelt ein wenig vorwurfsvoll ihren Kopf.

Keine Ahnung was sie von mir hält, aber es ist vermutlich nichts Gutes.

"Das geht doch so nicht... mein Auto steht dort drüben, komm - ich fahr dich fix zur Schule!" sagt sie und lächelt dabei von oben auf mich herab. Ich dagegen schaue sie überrascht an, schüttele aber nur meinen Kopf. Das ist dann hier wohl genau das Szenario wovor meine Mutter mich immer gewarnt hat : Steig niemals zu völlig Fremden ins Auto.

"Ich heiße Anna und ich verspreche dir dich auch nicht zu entführen!" meint sie jetzt mit einem fröhlichen Grinsen im Gesicht. Vermutlich weiß Sie warum ich "Nein" sage. Anna beugt sich zu mir vor und reicht mir ihre Hand. Ich blicke zu ihr hoch - und direkt in ihrem Ausschnitt. Ein hautfarbener BH hält das im Zaum was Anna mir da quasi anbietet. Ich schaue etwas weiter hoch und sehe Annas breites Lächeln. Ich werde ganz sicher rot, ergreife jedoch ihre Hand und lasse mich von ihr hochziehen. Einen Moment stehe ich unschlüssig da - Ich denke noch einmal kurz nach, aber nehme dann doch meine Tasche.

"...Ich bin Lucy..." meine ich leise - mehr fällt mir gerade nicht ein - und folge ihr gegen den Rat meiner Mutter zu ihrem Auto. Sie öffnet mir die Beifahrertür und legt die Sachen vom Beifahrersitz nach hinten. Ich sehe, dass dort hinten auch ein Kindersitz befestigt ist. Sie zeigt mir an, dass ich mich jetzt setzen darf, also mache ich das.
Sie läuft ums Auto herum und steigt ebenfalls ein.

"Tut mir Leid, dass mein Auto so schlimm aussieht, ich hatte noch keine Zeit es zu putzen - geschweige denn es aufzuräumen. Also : Wo soll es denn hin gehen?" Ich nenne ihr die Adresse meiner Schule und sehe mich weiter in ihrem Auto um, als auf einmal ihr Telefon klingelt. 

Sie schaut zu mir, hält sich ihren Zeigefinger vor ihren Mund... nimmt dann ab und schaltet auf Freisprechen. 

"Hallo Veronica! Ich hab einen Gast im Auto - Sie hört mit!" meint Anna wohl zur Info an ihren Gegenüber. Am anderen Ende ertönt, für mich völlig unerwartet, eine dunkel klingende Frauenstimme. 

"Nanu" denke ich bei mir !? Ist die Frau neben mir etwa lesbisch? Alles in mir fängt an sich unwohl zu fühlen, Scham und noch so viel mehr steigt in mir auf. 

Nach einem 5 Minuten dauerndem Gespräch haben die beiden endlich aufgelegt. 

Endlich!

Lucy - Remake - Kapitel 1 - 30Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt