ꕤ Kapitel 10 ꕤ

10 3 0
                                    

Man sieht sich immer zweimal im Wald
𝓔𝓲𝓷𝓪𝓻
ꕤꕤꕤꕤ

𝓓𝓲𝓮 Sonne musste eine Wette mit dem Regen verloren haben, denn seit sie auf diese verfluchte Reise aufgebrochen waren, hatte sie sich kaum gezeigt. Stattdessen ein immer gleiches wolkengrau statt himmelblau.

Oder wenn das Schicksal wie heute Nacht ganz besonders lustig drauf war, ein Sturm, dessen Donner in seinen empfindlichen Ohren schmerzte und dessen Blitze selbst seine außergewöhnlichen Augen irritierten.

„Du bist doch eine Katze. Du kannst doch gut im schwachen Licht sehen. Geh du doch auf Essenssuche", murrte Einar, während er durch den lärmenden Wald lief. Wind raschelte in den Blättern und Bäume ächzten. Regen prasselte auf den Boden und verwandelte ihn eine unangenehme Schlammschicht, durch die er staksen musste. Dieses Unterfangen war vollkommen unter seiner Würde.

Allerdings musste er sich eingestehen, dass er sich auch ein wenig geschmeichelt gefühlt hatte. Denn er hatte keinerlei Probleme, sich im Halbdunkeln zurecht zu finden. So wie er den Dorftrottel äh Cassia einschätzte, wäre sie gewiss über jegliche Wurzel gestolpert und gegen mindestens einen Baum gelaufen. Es wunderte ihn stets, wie die Menschen es geschafft hatten, die Herrschaft zu übernehmen.

Wie dem auch sei, sein Magen, der ebenso laut grollte wie der Donner über seinem Kopf, trieb ihn voran.
Am Anfang hatten sie ja noch den Proviant gehabt und waren dank Felix schnell vorangekommen.
Aber der war vor ein paar Tagen am Waldrand umgekehrt und sie hatten zu Fuß weitergehen müssen.
Diese ganze Lauferei war — für seinen Geschmack — eine zu lange Zeit ohne Essen.

Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie bei mindestens vier Schenken angehalten und sich eine wohlverdiente Mahlzeit einverleibt.
Man brauchte doch Nahrung. Wie konnten die Anderen es bloß ohne Mittagessen aushalten?
Und ohne eine Maus nach dem Frühstück? Ohne einen gepflegten Nachmittagstee und Keksen, also Kekse für ihn und Tee für seine Prima natürlich.

So butterweiches Shortbread wäre jetzt etwas Schönes. Oder ein Scone mit gerade gepflückten Himbeeren und heimlich ein wenig Earl Grey von seiner Prima trinken.

𝓖𝓻𝓸𝓼𝓼𝓪𝓻𝓽𝓲𝓰, 𝓳𝓮𝓽𝔃𝓽 𝓫𝓲𝓷 𝓲𝓬𝓱 𝓷𝓸𝓬𝓱 𝓱𝓾𝓷𝓰𝓻𝓲𝓰𝓮𝓻...

Seine Pflicht gegenüber seiner Prima war der einzige Grund, weshalb er auf die Reise mitgekommen war. Ein Divinai-Kater schwor seiner Prima ewige Treue und diesen Schwur würde er nicht brechen.

„Streng genommen hast du das bereits", wisperte ein böser Gedanke. „Deine Prima ist verschwunden und du hast es nicht verhindert. Und nun verlangsamst du die Suche. Deine Vorfahren wären enttäuscht."

𝓘𝓬𝓱 𝔀𝓮𝓻𝓭𝓮 𝓔𝓾𝓬𝓱 𝓷𝓲𝓬𝓱𝓽 𝓮𝓷𝓽𝓽𝓪̈𝓾𝓼𝓬𝓱𝓮𝓷. 𝓝𝓲𝓮𝓶𝓪𝓵𝓼.

„Bist du dir da sicher?", hakte sein Kopf nach.
Bevor er noch in seinen inneren Strudel gesogen wurde, schüttelte er den Gedanken ab. Seine Dämonen schwiegen, lauerten auf ihre nächste Chance, ihm wieder das Leben zur Hölle zu machen.

𝓗𝓮𝓾𝓽𝓮 𝓷𝓲𝓬𝓱𝓽

Etwas kitzelte seine empfindliche Nase und riss ihn aus seinen Gedanken.
„Essen", meldete sich sein Bauch zu Wort. Das Wort pochte laut in seinem Kopf und sein Magen knurrte.

Eine Note von Pökel hing in der Luft, wurde jedoch von einem dominanteren Gestank beinahe übertüncht.
Rauch.
Bei dem Regen?
Das ging doch gar nicht...

Hausnummer 2123 (ONC 2024)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt