Kapitel 1

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Mark

„Guten Morgen Klasse, ich habe heute einen neuen alten Schüler mitgebracht", kündigte mein neuer Klassenlehrer mein Erscheinen in der Klasse an.
19 neugierige Augenpaare durchlöcherten meinen Körper mit ihren Blicken. Ich lächelte kühl und sagte ruhig: „Hey Leute, ich bin Mark Tuan und ab jetzt bei euch. Vorher war ich ja in der 12c, doch da konnte ich wegen einer Privatangelegenheit nicht mehr bleiben."

Peinlicherweise ist besagte Angelegenheit eine Auseinandersetzung zwischen meinem Politiklehrer, mit sehr sozialer bis hin zu kommunistischer Einstellung, und meinem Vater, der durch und durch liberal ist. Aufgrund dieser Meinungsverschiedenheit wollte mein Dad nicht mehr, dass ich so einen „fürchterlich niveaulosen" Politikunterricht genieße. So wurde ich dann in eine andere Klasse versetzt. Das ist auch nur möglich, weil meine Familie das nötige Kleingeld dafür besitzt und der Schule schon einiges an Summen gespendet hat.
Ist das irgendwie korrupt? - Jap, für mich schon, aber ich werde hier nicht viel gefragt.
Jetzt bin ich halt in der 12a, in der jeder von dem dummen Vorfall Bescheid weiß.

„Du kannst dich neben Jackson setzten. Wir hoffen, dass du dich schnell in die Klassengemeinschaft einlebst. Auch wenn es nur noch für dieses 2 Jahre sein wird", sagte mein Klassenlehrer zu mir und deutet dabei in die letzte Reihe. Dort saß Jackson, den ich vom Pausenhof bereits flüchtig kannte. Er schien Modegeschmack zu haben, denn er trug eine schwarze Hose, ein weißes Shirt von Nike und eine schwarze Lederjacke. Dazu passende Nike Airmax in weiß.
Nickend setzte ich mich in Bewegung und nahm neben dem Jungen Platz. Er lümmelte leicht auf seinem Stuhl, musterte mich und fragte: „Kennen wir uns?"
„Nicht direkt", antwortete ich höflich und reichte ihm meine Hand. Er schlug kurz in diese ein und meinte: „Doch, mit Sicherheit kenne ich dich. Haben wir uns mal auf einer Party gesehen?"
„Party ist nicht so mein Ding", murmelte ich.
„Wie alt bist du bitte, dass Party nicht dein Ding ist?", lachte Jackson.
„18", murrte ich stumpf. Ich war nicht stolz darauf, zuzugeben dass ich nicht feiern ging. Meine Eltern haben es mir nie offiziell verboten, aber sie wären enttäuscht von mir, und Auswirkungen auf meine schulischen Leistungen hätte es vermutlich ebenfalls.
„Dann lass dir mal von einem 19-jährigen Chinesen erzählen, wie man richtig feiert", grinste mein neuer Sitznachbar. „Aber du hast schon mal Alkohol getrunken?"
„Das schon, nur nicht gnadenlos besoffen", schmunzelte ich.
Der Schwarzhaarige kniff leicht die Augen zusammen und musterte mich: „Okay, du hast also außerhalb der Schule keinen Spaß, scheinst ein wenig prüde zu sein und dennoch kenne ich dich von irgendwo her?"
„Dieses Rätsel musst du wohl alleine lösen", lachte ich und wandte mich nach vorne, um den Unterricht folgen zu können. Ich war jedes Mal froh, wenn Leute mich nicht sofort einzuordnen wussten.

Doch ehe ich mich auf den Lehrer konzentrieren konnte, blickte ich durch die Klasse. Einige Gesichter waren mir bekannt. Besonders das von meinem besten Freund Yugyeom, welcher in der Reihe vor mir saß. Bei meiner Vorstellung hatte er die ganze Zeit breit gegrinst. Bis vor einer Stunde war nämlich noch nicht klar gewesen, welches meine neue Klasse sein wird. Somit war die Freude bei uns beiden groß.
Als ich weiter durch den Raum saß und in die vordere linke Reihe blickte, erstarrte ich kurz.
Dort saß er.
Oh Gott, ich hatte total vergessen, dass das seine Klasse ist!
Fuck!

Grimmig starrte ich auf die Tischplatte und kaute auf meiner Unterlippe herum. Vom Regen in die Traufe, würde ich mal sagen.

Das Klingeln der Schulglocke erlöste uns schließlich aus der Mathestunde. Grinsend erhob ich mich von meinem Platz, schnappte mir meine Schultasche und ging zu Yugyeom. An ihn zu denken verbat ich mir selbst. Irgendwie muss die Situation ja ertragbar gemacht werden.
„Dass ich den Tag noch erlebe, an dem wir in dieselbe Klasse gehen", zwinkerte mir der Größere zu.
„Was lang wird, wird endlich gut..., oder irgendwie so", antwortete ich und mein bester Freund fing an zu lachen: „Lass das besser mit den deutschen Redewendungen."
„Als ob du sie besser kannst", gluckste ich und wir verließen gemeinsam die Klasse.

Zwischen Liebe und Lügen - Die VerlobungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt