Kirschblütenzauber

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Ein neuer Tag bricht an und ich spüre ihn schon in meinen Knochen, bevor sich meine Augen langsam öffnen und dem hellen Sonnenschein entgegenkommen, der durch das Fenster scheint. Vogelgesang ist auch draußen zu hören. 

Ich stehe auf und begrüße diesen wohl schön werdenden Tag auf die Art und Weise, die ihm gebührt, indem ich das Fenster öffne und einfach nur hinaus schaue, während Loana noch in den schönsten Träumen liegt. 

Unten auf der Straße spielen Kinder Fußball und fangen. Dies zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Noch einmal wieder Kind sein, das wäre so schön. 

Ich sehe, wie ein Piepmatz seine Bahnen über Loanas Balkon zieht und sich wenige Sekunden später darauf niederlässt. Traue meinen Augen kaum, als ich bei näherer Betrachtung ein Rotkehlchen erkenne. Diese Vogelart gehört nämlich zu meinen liebsten. 

Unsere Augen treffen aufeinander und wir mustern uns neugierig. 

Hallo, kleiner Freund. Ich werde Dir ganz sicher nicht schaden. Dies versuche ich mit meinem Blick zu sagen.  Leider erzielt es nicht die gewünschte Wirkung, denn der Piepmatz flattert schon nach kurzer Zeit wieder davon. Schade eigentlich.

Etwas gekränkt über dieses Erlebnis schließe ich das Fenster und bewege mich in Richtung Bett, um die schlafende Prinzessin aus ihren Träumen zu holen. 

Ich beuge mich über Loana und muss wieder einmal feststellen, wie wunderschön sie ist. Sogar im Schlaf ist ihr Antlitz makellos. Ihre Dreads runden diese Perfektion nur ab. 

Ich sehe, wie sich ihre Pupillen unter den Lidern bewegen und Loana diese wenige Sekunden später hebt. Ihre Ozeane treffen auf mein Rehbraun, während ich ihr einen guten morgen wünsche. Dies erwidert sie mit einem lauten Gähnen. Ist wohl sonst nicht ihre Zeit, um aufzustehen. 

Die Uhr, welche an der Wand ihr Dasein fristet, verrät mir, dass es erst acht ist. Deswegen fühle ich mich auch noch so angeschlagen. Zu dieser Zeit bin ich früher nämlich nicht aufgestanden. Früher, als ich noch bei meiner Mutter gelebt habe. Dieses Leben scheint mittlerweile in sehr weite Ferne gerückt worden zu sein. Ich habe mich auch nicht wirklich bei ihr gemeldet, seitdem ich bei Loana bin. Eine kurze SMS und das wars.

Ich schüttle die Gedanken an meine Mutter ab, während ich in die Küche tapse. Loana folgt mir und streckt ihre müden Knochen erstmal ausgiebig durch.  Unsere Mägen geben gemeinsam grummelnde Laufe von sich, als hätten sie sich abgesprochen. 

Nach dem Frühstück, welches dieses Mal aus Müsli bestand, planen wir den Tag. 

Wir beschließen, in eine andere Stadt zu fahren, da dort ein Fest stattfindet, welches uns beiden entspricht. 

Ich verziehe mich als erstes ins Badezimmer. Als ich in den Spiegel schaue, überfällt mich ein Schock. Die Frau, die mir entgegen blickt, sieht mir überhaupt nicht mehr ähnlich. Ihre Augen sind von dunklen Ringen umrandet und wirken völlig erschöpft. Müde vom Leben. Dabei gibt es dafür keinen Grund, oder etwa doch? Jedenfalls fällt mir zu diesem Zeitpunkt keiner ein.

Ich verlasse das Bad kurze Zeit später, da ich mich nie länger als fünf Minuten darin aufhalte. Loana kommt mir gerade entgegen und verschwindet dann, indem sie die Tür hinter sich schließt.

Da die komplette Wohnung mittlerweile in pures Sonnenlicht gehüllt ist, beschließe ich, auf den Balkon zu gehen und dort auf Loana zu warten. So, wie es aussieht, wird diese einige Zeit brauchen, denn ich höre, wie Wasser angestellt wird. Meine Fantasie verabschiedet sich derweil in ihre eigenen Sphären. 

Ich sehe Loanas Silhouette. Nehme ihre Dreads wahr, die nun vom Wasser total durchnässt worden sind und schwer auf ihren Schultern liegen. 

Sehe Loanas wohlgeformten Hals und möchte am liebsten hineinbeißen. Ein wenig von ihrem Blut kosten, wie ein Vampir. 

365 Tage devotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt