Ein seltsames Gewitter

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Ein seltsames Gewitter


Die Zugfahrt nach Köln lief ähnlich ereignislos ab, wie die nach Bremen. Sie nutzte die Chance, ihr Handy an einer der bereitliegenden Steckdosen zu laden und konnte es nicht unterdrücken, dass sie diesmal nach Dämonen googelte. Dort fand sie wesentlich mehr Treffer als bei Dal, doch nichts entsprach wirklich dem, was sie erlebt hatte.

Rauch, Kälte, Schatten und ein Blitz. Dazu die Gestalt, welche auf den ersten Blick durchaus auch menschlich hätte sein können. Aber die Aura, die diese Kreatur umgab, war regelrecht tödlich. Kein Wunder, dass das Gras eingegangen war. Wenn sie nur daran dachte, schauderte sie schon wieder.

Dal lag neben ihr, wieder in der Reisetasche vergraben und vertraute ihr wohl, dass sie sie nach Köln brachte. Oder spürte er es? Sie konnte es nicht sagen. Ab und zu steckte er sein Köpfchen heraus, immerhin dauerte die Reise heute wesentlich länger als gestern, aber er gab keinen Laut von sich.

Dösend legte Cornelia schließlich ihr Handy zur Seite. Es machte wohl keinen Sinn, sich mit Falschaussagen zu beschäftigen. Allgemein war dort immer noch diese Barriere in ihrem Gehirn, die alles wissenschaftlich erklären wollte. Wie sollte sie denn ihr verdammtes Studium abschließen, wenn sie jetzt wusste, dass wahrscheinlich nicht einmal die Evolutionstheorie stimmte?

Sie versuchte, es zu verdrängen, aber ihr Hände zitterten, als sie einen Schluck aus ihrer Wasserflasche trank.

Dal mauzte leise und sie lächelte ihn kurz an.

Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als diesen verrückten Trip hinter sich zu bringen, danach könnte sie entscheiden, was sie aus ihrem Leben machen würde. Ob sie wie bisher weiterleben könnte, mit all dem neuen, unglaublichen Wissen der letzten Tage.

Als sie in Köln aus dem Zug stieg, fühlte sie sich völlig fehl am Platz. Die Menschenmasse um sie herum bewegte sich schnell, mit einem Ziel vor Augen. Mehrmals wurde sie angerempelt, weil sie einfach am Gleis stehen geblieben war.

Sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte. Dal hatte nur gesagt, sie sollte auf ihn warten, auf seine menschliche Gestalt. Aber wo genau hatte er nicht gesagt.

Seufzend setzte sie sich in Bewegung. Sie machte wieder ein Bild von dem Schild des Bahnhofes, um es später ihrer Mutter schicken zu können. Immerhin würde diese glauben, dass sie Spaß im Urlaub hatte.

Cornelia war vor gut einem Jahr schon einmal in Köln gewesen. Sie hatte ein Konzert ihrer Lieblingsband besucht und dachte jetzt fast schon wehmütig daran zurück. Die Arena war nicht weit von dem Bahnhof entfernt, sie könnte dort warten.

Sie setzte sich in Bewegung. Die Reisetasche über ihrer Schulter brannte schon nach wenigen Schritten, da der Kater gefühlt noch schwerer war als gestern. Schritt für Schritt entfernte sie sich von der Menschenmasse, bis Dal seinen Kopf aus der Seitentasche steckte und hinauskletterte. Cornelia blieb stehen und beobachtete ihn.

Anstatt auf den Boden zu springen, wie sie vermutet hatte, kletterte er auf ihre Schulter. Seine Krallen hinterließen Spuren auf ihrer Jacke, aber er verletzte sie nicht. Er legte sich um ihren Nacken, die Vorderpfoten auf ihrer linken Schulter abgesetzt, die Hinterpfoten hatte er auf ihrem Rucksack abgelegt. Sein Kopf drückte sich gegen ihre Wange.

»Okay, ähm. Gut«, sagte sie verwirrt und setzte ihren Weg fort. Dal schaute immer wieder hin und her. Er hatte die ganze Umgebung im Blick und so mancher Hund lief wieder mit dem Schwanz eingezogen vor ihnen davon.

Auch wenn er so deutlich angenehmer zu tragen war, war Cornelia bald schon müde. Sie hatte in den letzten Wochen den Sport deutlich vernachlässigt. Allgemein war sie eher ein Sportmuffel und hing lieber den ganzen Tag an ihrem Laptop oder auf dem Sessel mit einem Buch.

Mondgeflüster 🌒 ONC24Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt