Kapitel 7 ≋ In dem pinke Glitzerspangen einen Lachflash auslösen ...

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Wir verbringen den Nachmittag im klimatisierten Wohnzimmer von McBrennans Haus. Die Zeit vergeht wie im Flug und ich habe viel Spaß mit ihm und seiner Schwester. Kylie hustet ab und zu und hat immer noch Fieber, aber es ist nicht sehr hoch. Wir spielen Karten und Brettspiele, und während Kylie und ich abwechselnd gewinnen, ist McBrennan stets der Verlierer. Ich vermute, dass Absicht hinter seiner Pechsträhne steckt, was mich wundert, denn meiner Erfahrung nach sind im Sport erfolgreiche Menschen meist übertrieben ehrgeizig und können nur schlecht verlieren. Auf ihn scheint das nicht zuzutreffen.

Plötzlich wird mir bewusst, wie sehr ich das alles vermisst habe. Kinderlachen, Spielnachmittage, fröhliche Gesellschaft. In unserer kleinen Wohnung am Stadtrand von Toledo war beinahe immer jemand um mich herum. Meine Mom war zwar selten zu Hause, aber meine Geschwister und ihre vielen Freunde verbrachten die Nachmittage meist bei uns. Oft sehnte ich mich nach etwas Ruhe, denn es war immer laut und ich musste ständig damit rechnen, dass jemand in mein winziges Zimmer stürmte.

In den ersten Wochen in Arizona habe ich die Ruhe auch sehr genossen, aber inzwischen fühle ich mich beinahe einsam. Oft habe ich das Gefühl, allein zu leben, so wenig sehe ich Minnie. Und außer ein paar lockeren Bekanntschaften habe ich hier sonst niemanden.

Während McBrennan Kylie ins Bett bringt, sitze ich im Garten am Pool und lasse die Beine ins Wasser baumeln. Als ich mich umblicke, wird mir klar, wie seltsam das alles ist. Ich bin im Haus des Unischwimmstars, den ich kaum kenne und bis gestern nicht einmal besonders mochte, und habe den ganzen Nachmittag mit ihm und seiner Schwester verbracht.

Es stört mich nicht, hier zu sein, ganz im Gegenteil. Ich hatte nicht damit gerechnet, aber es war der beste Nachmittag seit langem.

Was mich stört, ist, dass wir uns jetzt ein bisschen weniger fremd sind. Und dass McBrennan mit seinem liebevollen Verhalten gegenüber seiner kleinen Schwester das Bild ins Wanken gebracht hat, das ich mir in den letzten Wochen in den düstersten Farben von ihm gemalt habe.

Will ich das?

»Nein!«, schreit mich mein Verstand umgehend an. »Nein, das willst du nicht! Denk daran, was letztes Mal passiert ist.«

Ich schlucke, während sich meine Brust schmerzhaft zusammenzieht. Energisch schiebe ich den Gedanken aus meinem Kopf. Meine Lippen verziehen sich zu einem triumphierenden Lächeln, denn im Wegschieben bin ich inzwischen wirklich gut.

Es ist nur ein einziger Tag, den wir zusammen verbringen. Eine Ausnahme, weil McBrennan einen Babysitter gebraucht hat. Mehr steckt nicht dahinter. Ich werde den Rest des Abends genießen und morgen wieder mein normales, durchgetaktetes Leben führen, in dem McBrennan nur eine klitzekleine Nebenrolle spielt. Er ist ein Trainingspartner, dem ich ab und zu ein paar Techniken abgucke. Das ist alles.

Um mich von meinen kreisenden Gedanken abzulenken, lasse ich meinen Blick erneut umherschweifen. Das Haus, in dem der Schwimmstar wohnt, ist so, wie ich es mir vorgestellt habe. Und gleichzeitig vollkommen anders. Genau wie er.

Wie ich es erwartet hatte, ist es groß, geschmackvoll und hochwertig eingerichtet. Der Pool ist sogar gigantisch und lässt das Herz eines jeden Schwimmers höher schlagen.

Und doch wirkt es nicht protzig. Es sind die kleinen Details, die dieses Haus zu mehr als einem luxuriösen Vorzeigeobjekt machen. Die selbstgemalten Kinderbilder und Familienfotos im Esszimmer, die hellen Möbel und großen Fenster, die bunten Kissen auf der gemütlichen Sofalandschaft, der gepflegte Garten mit Blumenbeeten und liebevoll arrangierten Steckfiguren, die immer wieder zwischen den Pflanzen hervorlugen, der rote Ball, der neben der Hecke liegt, und der grüne Roller, der vergessen an der Wand lehnt.

»Es ist nur ein Haus, Jones.«

Ich zucke zusammen, wirble herum und starre auf zwei weiße Papiertüten mit rotem Aufdruck in seiner rechten Hand, die direkt vor meinem Gesicht baumeln. Mein Blick wandert nach oben, wo er sich gerade mit der anderen Hand durchs Haar fährt. Es scheint, als hätte er meinen bewundernd umherschweifenden Blick bemerkt.

Tiefe Wasser sind nicht stillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt