Kapitel 11

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Und auf einmal ist alles anders...

Ich kann noch immer nicht glauben das Dad zurück ist. Nach der anfänglichen Schrecksekunde über den vermeintlichen Eindringling breitet sich langsam eine Decke der Euphorie und Freude über unserem Heim aus.

Ich mache das einzig richtige, obwohl ich durch den Tränenvorhang vor meinen Augen kaum gerade aus schauen kann - ich hole Ben, denn jetzt wird es Zeit das er seinen Vater kennen lernt.

Nach einer Weile...

"Dad? Darf ich dir jemanden vorstellen?" flüstere ich auf einmal und komme mit Ben auf den Armen zurück ins Wohnzimmer. Sofort lässt Sarah den Waschlappen, mit dem sie meinen Vater etwas gereinigt hat, fallen und betrachtet wie Eden sich langsam erhebt. Er starrt mich an, dann das kleine Menschlein auf meinem Arm. Ehrfurcht blitzt in seinen Zügen auf. "Das ist Ben... Äh... Benjamin Eden Castello."

Es dauert einen Moment bis Dad versteht was ich sage. Er wiederholt seinen eigenen Namen ungläubig und sieht sich um. Zuerst mustert er mich, doch dann dämmert es ihm - spätestens als Sarah ihm erklärt das wir den Kleinen nach seinem Vater benannt haben. Völlig aufgelöst wie ich ihn noch nie gesehen habe nimmt er Ben auf den Arm und ich kann bereits jetzt schon sehen das er ihn mehr liebt als alles andere.

Leise verschwinde ich...

"Wo willst du hin?" hält mich Jay schließlich auf. Er hält sein Telefon in der Hand und sieht geschäftig aus, wartet jedoch geduldig auf meine Antwort. "Nunja... Ich glaube es täte den beiden gut wenn sie Zeit für einander haben... Und für den Kleinen. Für Dad ist all das noch so frisch." gebe ich zurück.

Jay nickt, hebt sein Handy kurz hoch um mir zu signalisieren das er noch zutun hat, dann verschwindet er. Womöglich will er sich um die fremde Person auf dem Sofa kümmern, auch wenn mir das ganz und gar nicht behagt.

Kommt da etwa so etwas wie Eifersucht durch!?

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Eine Zeit lang sitze ich in meinem Zimmer einfach so da und starre ins Leere. Dabei laufen Tränen ungehindert meine Wangen hinab, doch es sind Freudentränen. Ich bin glücklich und ich bin dankbar, denn all mein Flehen und Bitten wurde letztlich erhört und Dad ist zurück. Er sieht zwar nicht unbedingt aus wie früher, aber er ist am Leben und das ist alles was zählt.

Meine Gedanken werden unterbrochen, als es leise an der Tür klopft... Und auch ohne das ich sie öffne oder nachfrage weiß ich, wer auf der anderen Seite steht. Schneller als gewollt erreiche ich die Tür, öffne sie und gebe dem Mann davor die Möglichkeit einzutreten, was immer er auch in diesem Moment möchte. "Alles okay?" frage ich.

Jay tritt ein, setzt sich und ich schließe die Tür wieder. Ein wenig Privatsphäre tut uns gut. "Der Arzt war eben hier. Für die Frau. Ihr wurde übel mitgespielt aber sie wird wieder. Sie schläft immer noch. Dein Dad und Sarah haben sich auch zurück gezogen, verständlicherweise. Also dachte ich... Ich sehe nach dir, ob alles in Ordnung ist, oder ob du etwas brauchst."

Seine Worte sind Balsam für meine Seele, vor allem aber deshalb, weil er sich Gedanken um mein Wohlergehen macht. Noch immer fühlt es sich merkwürdig an das wir einander nicht mehr so feindselig gegenüber stehen wie es früher der Fall war, dafür herrscht nach wie vor eine sich immer mehr verdichtende Spannung zwischen uns - wenn auch aus einem gänzlich anderen Grund als es einmal der Fall war.

"Dich." hauche ich. "Ich brauche Dich."

Ich gehe auf Jay zu und bleibe direkt vor ihm stehen. Seine Augen suchen mein Gesicht nach einem Hinweis ab. "Ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist... Dein Vater ist schließlich nicht weit entfernt..." murmelt er, berührt mich aber trotzdem an meiner Taille. Seine Hände wandern ruhelos auf und ab.

BLOODLINE : Mariella Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt