Kapitel 51

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Dylan

Mein Frust wird von Sekunde zu Sekunde größer, in der ich meine kleine Schwester nicht vor mir stehen sehe. Seit zwei Stunden warte ich nun mit Trevor auf Ed, doch von dem ist weit und breit keine Spur. Sein Haus gleicht einem riesigen Hotel, was vielleicht sogar ein guter Begriff dafür ist. Er nimmt viele Leute auf, die nicht wissen wohin mit sich. Obdachlose, Nutten, alleinerziehende Mütter. Natürlich nicht, ohne Gegenleistungen, versteht sich. Der Einzige, der alle zwanzig Minuten mal vorbeischaut und uns versucht loszuwerden, ist Carlos, sein Sohn. Sein richtiger Sohn. Ihm habe ich Alissa auch anvertraut, als ich sie hergebracht habe. „Noch mal, ich kann sie nicht einfach mit euch mitgehen lassen, ohne mit meinem Vater darüber gesprochen zu haben und der ist offensichtlich gerade nicht hier.", wiederholt er nun zum gefühlt zehnten Mal. „Und warum nicht? Sie ist meine Schwester, du verdammter Idiot.", knurre ich, bereit im gleich eine reinzuhauen, sollte er mir keine vernünftige Antwort geben. „Du hast sie freiwillig hergebracht und du weißt selbst, wie mein Dad ist. Er ist ja schließlich auch sowas wie eurer, Bruderherz." Gott, bin ich froh nicht wirklich mit diesem Wichtigtuer verwandt zu sein. „Wann ist er wieder da?", mischt sich Trevor nun ein, bevor ich Carlos gleich wirklich dazu bringe, endlich die Klappe zu halten. „In ein paar Tagen, ich sage ihm, dass er sich bei euch melden soll." Ich nicke bloß und trete dicht gefolgt von Trevor in die kühle Abendluft.
„Mach dir keine Sorgen. Wir erzählen Maddie von unserem Urlaub, packen schonmal alle Sachen und holen Alissa zurück, sobald Ed wieder da ist.", spricht Trevor, als wir im Auto sitzen und er den Motor startet. Seit er sich mit Maddie ausgesprochen hat, ist er so viel entspannter und man kann endlich wieder etwas mit ihm anfangen. „Und was, wenn er uns genau dann, dieses verdammte Signal gibt? Wie kann es überhaupt sein, dass es so lange dauert? Er hat von ein bis zwei Wochen gesprochen. Nicht von Monaten." Mein Puls steigt bis ins Unermessliche, ich sollte aufhören, mich so aufzuregen. „Ich weiß auch nicht, was seine Mission ist, aber selbst wenn er uns dann das Signal gibt wir kriegen das hin. Zur Not zerbomben wir sein verficktes Haus, okay?" „Du willst ihn umbringen?" „Ich würde jeden umbringen, der versucht mir mein Mädchen wegzunehmen." Trevors Antwort macht mich sprachlos, hat er das gerade wirklich gesagt? Offensichtlich. Er ist wirklich wie ausgewechselt und ich glaube, dafür liebe ich dieses Mädchen noch mehr. Sie hat das geschafft, was vor ihr noch keine geschafft hat. Ich werde nie den Tag vergessen, an dem wir ihn fast verloren haben. Olivia war seit ein paar Tagen weg und Trevor kam nicht mehr auf sein Leben klar. Die einzige Person, für die er je Liebe empfunden hat, wurde ihm weggenommen und mit ihr sein Herz. Wir wussten nicht mehr weiter, er wollte mit keinem mehr reden, nichts mehr essen. Seine einzige Lösung waren Alkohol und Drogen. Wir waren alle im Garten, haben etwas getrunken und so gut es geht versucht, ihn von seinem Schmerz abzulenken. Leider haben wir uns selbst ein bisschen zu sehr ablenken lassen und plötzlich war er weg. Wir haben das ganze Haus nach ihm abgesucht, bis wir ihn im Badezimmer fanden. Die Erinnerungen an diesen Abend verdrehen mir den Magen und jedes Mal wenn ich daran denke, wie er da lag, mit einer Pillendose in der einen und Olivias Shirt in der anderen Hand, würde ich am liebsten kotzen. Wir riefen einen Arzt, der in weniger als fünf Minuten da war und ihn retten konnte, doch dass es soweit gekommen ist, werde ich mir niemals in meinem ganzen Leben verzeihen können. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, aber Madelyn hat ihm ein Stück von ihrem Herzen gegeben und somit seins ersetzt.
„Kann ich dich was fragen?" Ich weiß gar nicht, wieso ich das gesagt habe. Eigentlich wollte ich ihn nicht mit dem Thema überfallen, aber ich mache mir dennoch Sorgen. „Du und Maddie...Was ist da jetzt zwischen euch?", frage ich, als er nickt. Er zieht seine Augenbraue hoch und sieht mich kurz an, bevor er den Blick wieder auf die Straße richtet. „Du weißt, dass ihr mir mehr bedeutet, als alles andere auf der Welt. Ihr seid meine Familie und so sehr ich Maddie auch liebe, ich würde sie niemals für mich alleine wollen. Ich habe gelernt, dass diese Art von Liebe vergänglich sein kann, die Liebe zu euch aber nicht." Ich bin sprachlos. Ich habe mit allem gerechnet, aber nicht damit. Wenn ich das zuhause erzähle, glaubt mir das kein Schwein.

Zuhause tobt das reinste Chaos. Maddie steht in Unterwäsche in der Küche und backt, was auch immer das darstellen soll. Caden steht hinter ihr und lässt sich keine Chance nehmen, sie zu berühren, und wenn es nur flüchtig ist. „Liebling, würdest du mir bitte erklären, wieso du in Unterwäsche hier stehst und Teig rührst?", frage ich, bevor ich ihr einen Kuss gebe. „Du hast Mehl an der Nase." „Ich weiß, das war Caden. Er ist heute wie ein kleines Kind, das seine Mama vermisst. Ich darf nicht mal in Ruhe backen!", schmollt sie. „Wir haben ihr erzählt, dass Cody morgen Geburtstag hat und jetzt besteht sie darauf ihm einen Kuchen zu backen, deshalb wurde er auch in Maddies Etage verbannt." Codys Geburtstag, Fuck! Das passiert mir jedes Jahr aufs Neue, ich fasse es nicht. Und dann auch noch sein Achtzehnter, wie blöd kann ein Mensch eigentlich sein? „Und Caden hat mir nur erlaubt an eure Vorräte zu gehen, wenn ich den Kuchen in Unterwäsche backe." Sie schwingt den Schneebesen noch ein paar Mal, bis sie den Teig in die Kuchenform umfüllt und sich der Glasur widmet. Sie sieht so unglaublich süß und gleichzeitig verdammt sexy dabei aus. Ihre Kurven bewegen sich leicht, zu der Musik, die im Hintergrund läuft und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass das hier der Anfang eines ziemlich langen Pornos ist. „Caden kommst du kurz mit? Ich denke, unser Mädchen könnte ein bisschen Ruhe beim Backen gebrauchen." Er versteht sofort, was ich eigentlich meine und folgt mir nach oben, wo Cody und Trevor bereits auf uns warten. Cody sieht mich an, wie ein trauriger Dackel, als er eben nur mich und Caden und nicht Alissa neben uns stehen sieht. „Nicht mehr lange, dann holen wir sie. Ich verspreche es dir.", murmle ich beschämt. Mir ist selten etwas peinlich, aber der Fakt, dass ich meine kleine Schwester in diese Situation gebracht habe und nicht in der Lage bin, sie da alleine wieder rauszuholen, kratzt an meinem Ego.

𝐎𝐮𝐫 𝐆𝐢𝐫𝐥 - 𝘸𝘪𝘳 𝘣𝘳𝘢𝘶𝘤𝘩𝘦𝘯 𝘥𝘪𝘤𝘩Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt