𝟏𝟒┃𝐙𝐨𝐫𝐧

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[EZEKIEL]

Sanft und sicher glitt die Zeichenkohle über das Papier seines Buches, während sich Ezekiels Gedanken in die Vergangenheit begaben

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Sanft und sicher glitt die Zeichenkohle über das Papier seines Buches, während sich Ezekiels Gedanken in die Vergangenheit begaben. Nach und nach leerte er dabei den zweiten Becher Wein, der seine Kehle wärmte, bis die Vogelschwingen unter seinen Fingern Form annahmen. Ein langer Tag lag vor ihm, den er erfahrungsgemäß nicht im nüchternen Zustand überstehen würde.

Das Zeichnen war ihm immer schon lieber als Pergament und Feder gewesen, doch er hatte seit über zwei Jahren keinen Stift mehr in die Hand genommen. Vage erinnerte er sich an alte Zeiten, als er im Schneidersitz hoch im Himmel gesessen und gekritzelt hatte, was das Zeug hielt. Jetzt fiel es ihm schwer. Als hätte er verlernt, das Bild in seinem Kopf auf die rauen Seiten zu bringen. Gerne hätte er es auf den Wein geschoben, der sauer und dunkel in sein Blut gefahren war und unmerklich seine Koordination erschwerte, aber das war es nicht.

Während er Feder für Feder abbildete, erwischte er sich dabei, wie er immer wieder hinaus aus dem Küchenfenster starrte. Dort draußen lag seine Zukunft, aber Ezekiel sah nur die Vergangenheit: brennende Schiffe, die im Meer versanken, ein markanter, schwarzer Schatten, der in den Wolken lauerte, der Palast des Gottkaisers, der brütend über Ephis aufragte. Seine Sklavin, die mit Takesch im Schlepptau zur Haustür eilte. Er klappte sein Buch zu und kniff die Augen zusammen. Nein, das Schneemädchen gehörte zur Gegenwart - und sie war spät dran. Die Mittagshitze flimmerte schon längst über den Dächern der Stadt und schon bald brachte sie die jahrtausendealten Steine zum Glühen. Für jemanden mit ihrer empfindlich hellen Haut sollte sie besser kein Risiko eingehen.

»Du bist zu spät«, sagte er, als sie in der Küche erschien. Das klang bereits vorwurfsvoll, doch sein Ton verschärfte sich finster, als er vom Tisch aufsah. »Und du kommst mit leeren Händen.«

Sie blieb in einem sicheren Abstand zu ihm stehen. Unter ihren roten Augen zeichneten sich tiefe Augenringe ab, die das Ausmaß der letzten Tage deutlich beschrieben. Sie war erschöpft und hatte wohl wieder geweint, aber gab sich Mühe, aufrecht zu stehen. »Ich habe getan, was Ihr verlangt habt«, sagte sie mit einer sonderbaren Betonung in ihrer Stimme. »Ich habe Brot besorgt und mich zu der Tanzsklavin Meliora und ihren Gefährten gesellt, aber das Brot wurde mir entrissen. Drei andere Sklaven haben es mir weggenommen.«

»Und was ist der Grund für deinen plötzlichen naraenischen Akzent?«, fragte er trocken.

»Jeder ist feindselig gegenüber Menschen aus Atraklin. Ich passe mich an, dann haben sie einen Grund weniger, mich anzugreifen.«

Es war ungewohnt, den weichen, melodischen Klang von Ephis aus ihrem Mund zu hören, und es war falsch. Ezekiel schüttelte den Kopf. »Hör damit auf. Ich will nicht, dass du deine atrakische Barbarin in dir versteckst.«

Bei dem Wort funkelte sie ihn eisig an und er erkannte die Wut in ihren Augen aufblitzen. Offensichtlich hatte er einen wunden Nerv getroffen. Mein Schneemädchen ist selbst dann hübsch, wenn sie verärgert die Nase krauszieht, stellte er fest und winkte sie her. Steif kam sie näher. Er griff nach ihrer Hüfte, drehte sie mit dem Rücken zu sich und löste die Bänder ihrer rosafarbenen Sklaventunika. Die Knoten schienen von jemand anderem neu gemacht worden zu sein, denn sie ließen sich leicht lösen, und das Gewand fiel zu ihrem deutlichen Missmut auf den Boden. »Es war nicht meine Schuld«, protestierte sie. »Die haben es mir weggenommen ...«

Nur Narren lassen Sklaven freiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt